2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
Anton Schynder (hier noch im Trikot von Schwabach) ist ein Ex-Profi, der immer noch Fußball spielt, weil er diesen Sport liebt.
Anton Schynder (hier noch im Trikot von Schwabach) ist ein Ex-Profi, der immer noch Fußball spielt, weil er diesen Sport liebt. – Foto: Sportfoto Zink/D. Marr

Europa League, Nationalmannschaft, Bayernliga und die Sucht nach Toren

Bayernliga-Oldtimer (13): Anton Shynder spielte in der Europa League gegen Leverkusen und bestritt Länderspiele für die Ukraine. Nun kickt er für Ammerthal in der Bayernliga.

Alter schützt vor Leistung nicht. "Es gibt nicht jung oder alt, nur gut oder schlecht" – dieser Spruch gehört inzwischen zum Fußball-Allgemeingut und wird dauerzitiert. Und das aus gutem Grund. Denn es gibt viele Ü35-Spieler, die trotz ihres fortgeschrittenen Sportler-Alters noch im Einsatz sind. FuPa stellt im Rahmen einer Serie derartige "Oldtimer" vor, die in einer der beiden Bayernligen aktiv sind. Teil 13: Anton Shynder (35) von der DJK Ammerthal.

Das Alter ist bekanntlich nur eine Zahl - und man ist so alt, wie man sich fühlt. Deshalb: In welchem Stadium Deines Lebens befindet Du Dich: Jugendlich frisch, mittelalterlich solide oder kurz vor dem Pflegeheim?
Bestimmt nicht kurz vor dem Pflegeheim. Ich fühle mich sehr gut - und das, obwohl ich frisch aus einer Verletzung komme. Ich hatte mich schwerer am Knie verletzt. Die erste größere Pause in meiner Karriere. Nichtsdestotrotz bin ich zuversichtlich. Von der Fitness her bin ich gut in Form, der Rest ergibt sich wieder. Ich profitiere wohl doch etwas von meiner Profikarriere, während der ich ja immer regelmäßig trainiert habe und bestens medizinisch betreut wurde.

Ganz allgemein: Warum bist Du trotz Deines fortgeschrittenen Fußballer-Alters noch aktiv?
Sich vom Fußball zu verabschieden ist für jeden schwer, der sich in diesen Sport verliebt hat. Da spielt das Alter keine Rolle. Ich habe nach wie vor großen Ehrgeiz und möchte solange spielen, wie es geht. Das Gefühl, ein Tor zu machen, ist einmalig - danach wird man süchtig.

Kannst Du nicht aufhören, willst Du nicht oder darfst Du nicht?
Kurz und knapp: Ich will nicht.

Was ist das Geheimnis, dass Du immer noch spielst?
Wenn man so lange aktiv ist wie ich, lernt man, auf sich zu achten. Ausreichend Schlaf und richtige Ernährung sind sehr wichtig. Fußball besteht aus mehreren Komponenten. Auch ich musste das erst lernen.

War früher wirklich alles besser?
Nein, nicht wirklich. Nur Kleinigkeiten haben sich verändert. Ich habe ja früher Bayernliga gespielt und spiele jetzt wieder da. Damals war diese Spielklasse etwas stärker - aber nur um Nuancen.

Welche Veränderungen im Fußballgeschäft, vor allem auf Deinem Niveau, hast Du wahrgenommen? Welche sind gut? Welche sind schlecht?
Schwierig zu sagen. (überlegt lange) Ich finde es sehr gut, dass mehr über Amateure geschrieben wird. Sie haben es verdient, weil sie ohnehin immer im Schatten der Profis stehen. Etwas stört mich auf der anderen Seite, dass über die Profis so schlecht geredet wird. Es ist nicht einfach, dauernd dem Druck ausgesetzt zu sein. Es steckt viel Arbeit und Psychologie dahinter, immer Leistung zu bringen. Das ist gar nicht so einfach, wie man sich das vorstellt.

Vergleich Dich selber mit Dir in jungen Jahren: Welche Unterschiede – positiver wie negativer Natur – stellst Du fest?
Früher war ich nicht so professionell wie jetzt. Das liegt auch an der generellen Entwicklung des Fußballs. Inzwischen ist es normal, dass einem Wissenschaftler beobachten und Tipps geben. Das geht schon in der U17 los. Diese Kleinigkeiten sorgen dafür, dass man sein Potenzial noch besser ausschöpfen kann.

Welche Ziele verfolgst Du noch?
Keine konkreten mehr. Ich möchte so lange spielen wie möglich, Spaß haben und von nun an verletzungsfrei bleiben.

Möchtest Du noch einmal mit Deiner Karriere beginnen?
Nein. Alles ist gut so, wie es ist.

________________________

Stimme zum Oldtimer: "Anton ist ein absolutes Vorbild - sowohl als Mensch wie auch als Sportler. Leider macht er gerade durch die größerer Verletzung keine leichte Zeit durch. Er hat aber in seiner langen Karriere schon so viel gesehen und war bis zu seiner Verletzung absolut topfit. Deshalb sind wir alle sicher, dass er gestärkt zurückkommen wird. Alle Spieler - gerade die jüngeren - können von seiner professionellen Einstellung profitieren. Anton hat in den wenigen Wochen vor seiner Verletzung gezeigt, wie wichtig er mit seiner Erfahrung, seiner Präsenz und seinem Siegeswillen für uns und jedes Team sein kann - auf und abseits des Platzes. Und das macht definitiv für alle Beteiligten Lust auf mehr und wir freuen uns, wenn er bald wieder mit uns auf dem Platz stehen kann." (Johannes Geitner, Co-Trainer Ammerthal)

________________________

Und das ist der Oldtimer: Anton Shynder erblickte am 13. Juni 1987 in Sumy das Licht der Welt. Diese Stadt gehörte damals noch wie die gesamte Ukraine zur Sowjetunion. In seiner Heimat spielte der Stürmer nur unterklassig. Seine Karriere nahm erst 2002 so richtig Fahrt auf - nach dem Umzug nach Deutschland gemeinsam mit seinen Eltern. Das Talent wurde in der Nachwuchsabteilung des SSV Jahn Regensburg gefordert und gefördert. Bevor er als Profi für ein paar Jahre in die Ukraine zurückkehrte, spielte er noch für die SpVgg Greuther Fürth und den VfR Aalen. In seiner Heimat wurde er dann von seinem Stammverein, Schachtar Donzek, mehrmals ausgeliehen. Es folgten noch Stationen in Russland und Ungarn. 2019 kehrte er dann als Amateur nach Deutschland zurück, wo er zunächst für Schwabach - dort wohnt er inzwischen - spielte, bevor er nach Ammerthal wechselte. Erwähenswert ist auch Shynders internationale Karriere: Er war spielte in der Qualifikations zur Europa League u.a. am 19. August 2010 gegen Bayer Leverkusen mit Stefan Kießling, Arturo Vidal und Patrick Helmes. Große Namen begleiteten auch seine Nationalmannschafts-Karriere. Zwei Länderspiele bestritt er für die Ukraine - als Teamkollege von u.a. Andrij Yarmolenko und Anatolij Tymoschtschuk.

________________________

Die Serie in der Übersicht:

ENDE DER SERIE

Aufrufe: 026.1.2023, 07:00 Uhr
Helmut WeigerstorferAutor