2024-05-15T11:26:56.817Z

Allgemeines
Als Vertreter von Tugay Akbakla kam der 38-Jährige, der sich mehr und mehr auf seine Aufgabe als Torwartrainer konzentriert, im bisherigen Saisonverlauf sechsmal zum Einsatz.
Als Vertreter von Tugay Akbakla kam der 38-Jährige, der sich mehr und mehr auf seine Aufgabe als Torwartrainer konzentriert, im bisherigen Saisonverlauf sechsmal zum Einsatz. – Foto: Werner Franken

Vom Krieg verjagt ist der Fußball sein Anker

Bayernliga-Oldtimer (5): In der Schicksalsstadt Mariupol geboren flüchtete Ex-Profi Olaksandr Churilov (38) vor dem Krieg in der Ukraine und fand im Frankenland eine Heimat - durch den Fußball.

Alter schützt vor Leistung nicht. "Es gibt nicht jung oder alt, nur gut oder schlecht" - dieser Spruch gehört inzwischen zum Fußball-Allgemeingut und wird dauerzitiert. Und das aus gutem Grund. Denn es gibt viele Ü35-Spieler, die trotz ihres fortgeschrittenen Sportler-Alters noch im Einsatz sind. FuPa stellt im Rahmen einer Serie derartige "Oldtimer" vor, die in einer der beiden Bayernligen aktiv sind. Teil 5: Oleksandr Churilov (38) vom SC Eltersdorf.

Das Alter ist bekanntlich nur eine Zahl – und man ist so alt, wie man sich fühlt. Deshalb: In welchem Stadium Deines Lebens befindet Du Dich: Jugendlich frisch, mittelalterlich solide oder kurz vor dem Pflegeheim?
Ich fühle mich wie Mitte 20. Aber leider steht im Pass, dass ich 38 Jahre alt bin.

Ganz allgemein: Warum bist Du trotz Deines fortgeschrittenen Fußballer-Alters noch aktiv?
Mein ganzes Leben in der Ukraine war vom Fußball bestimmt. Dieser Sport gehört einfach zu mir und macht mir nach wie vor unendlich Spaß. Ich liebe einfach alles. Das Training, die Spiele, die Spielvorbereitung, die Auswärtsfahrten - und vor allem die gemeinsamen Erfolge.

Kannst Du nicht aufhören, willst Du nicht oder darfst Du nicht?
Der Luxus ist die freie Entscheidung. Ich will noch nicht aufhören, weil ein Leben ohne Fußball für mich einfach unvorstellbar ist.

– Foto: Werner Franken

Was ist das Geheimnis, dass Du immer noch spielst?
Während meiner Profikarriere war ich leider oft verletzt. Die Vorzeichen waren also alles andere als gut. Ich habe aber gelernt, auf meinen Körper zu achten. Und das mache ich. Ich halte mich selber fit. Wenn es die Zeit hergibt, spiele ich auch Tennis und Beach-Volleyball. Aber ein richtiges Geheimnis gibt es nicht. Oder? Halt! Doch: Es ist schon von Vorteil, wenn die eigene Frau Fitnesstrainerin ist.

War früher wirklich alles besser?
Schwierig, hier eine generelle Antwort zu geben. Was mir früher besser gefallen hat, ist, dass wir Kinder immer draußen waren. In den warmen Jahreszeiten wurde Fußball gespielt - rund um die Uhr. Im Winter dann Eishockey. Heute sind die Bolzplätze oft leer. Meistens bleiben die Kinder Zuhause und spielen am Handy oder Computer. Früher war Bewegung alltäglich, heute ist sie die Ausnahme.

Welche Veränderungen im Fußballgeschäft, vor allem auf Deinem Niveau, hast Du wahrgenommen? Welche sind gut? Welche sind schlecht?
Es gibt fast jedes Jahr Neuerungen. Alle wollen, dass das Spiel noch dynamischer und schneller wird. Viele Tore müssen fallen. Als ich angefangen habe, durfte der Torwart noch einen Rückpass eines Mitspieler mit der Hand aufnehmen. Jetzt muss ein Keeper praktisch der 11. Feldspieler sein. Mir gefallen diese Entwicklungen, weil sie das ohnehin schon interessante Spiel noch interessanter machen.

– Foto: Werner Franken

Vergleich Dich selber mit Dir in jungen Jahren: Welche Unterschiede – positiver wie negativer Natur – stellst Du fest?
Eigentlich das übliche: Natürlich habe ich durch die Erfahrung mehr Selbstvertrauen und Ruhe. Aber man verliert auch an Geschwindigkeit.

Welche Ziele verfolgst Du noch?
Keine Sorge. So schnell wird mich der Fußball nicht los. Ich will weitermachen - als Trainer. Bei Eltersdorf bin ich schon für die Torhüter verantwortlich. Diese Aufgabe gefällt mir sehr. Große Ziele habe ich nicht. Ich will das Schritt für Schritt machen. Und dann schauen wir weiter

Möchtest Du noch einmal mit Deiner Karriere beginnen?
Ja, gerne. Und dann würde ich manche Sachen anders machen. Welche genau, bleibt aber mein Geheimnis (schmunzelt).

– Foto: Michael Buchholz

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Stimme zum Oldtimer: "Olek ist für uns ein absoluter Glücksgriff. In seiner Doppelrolle als Torwarttrainer bringt er unsere Keeper auf ein höheres Niveau, von seiner Erfahrung profitieren in jedem Training seine beiden Torwartkollegen. Aber auch im Kasten ist jederzeit Verlass auf ihn. Das hat er in den Spielen gezeigt, als er Stammkeeper Tugay Akbakla vertreten hat. Zuverlässig, souverän und mit großer Sicherheit war er immer da, wenn er gebraucht wurde. Mit seiner professionellen Einstellung lebt er den Jungen vor, was notwendig ist, um erfolgreich zu sein. Wenn man dann noch seine persönliche Situation als Ukrainer sieht - auch wenn er schon einige Jahre in Deutschland ist - muss man großen Respekt zollen." (Bernd Eigner, Trainer Eltersdorf)

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Und das ist der Oldtimer: Oleksandr ("Olek" oder "Alex") Churilov wurde am 6. Juni 1984 in Mariupol geboren. In der Stadt, die der derzeitige Krieg in der Ukraine leider in die Schlagzeilen gebracht hat. Der Konflikt ist auch der Grund dafür, warum der ehemalige Profi, der in seiner Heimat für diverse Vereine den Kasten hütete, nach Deutschland kam. Allerdings bereits in Folge der russischen Annexion der Krim, die auch seine Heimatregion um Donzek betraf. Die Oma seiner Frau war deutscher Abstammung und eine Spätaussiedlerin. An diese Wurzeln erinnerte er sich in größter Not, als 2015 Häuser seiner Verwandtschaft in Mariupol zerbombt wurden. Angekommen im sicheren Frankenland spielte er zunächst für den FC Coburg. Seit Januar 2022 ist er für den SC Eltersdorf aktiv.

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Die Serie in der Übersicht:

– Foto: Michael Buchholz

Aufrufe: 025.12.2022, 12:00 Uhr
Helmut WeigerstorferAutor