2024-05-02T16:12:49.858Z

Allgemeines
Wo nach Landesligaspielen die beiden Trainer Platz nehmen, saß diesmal die Führungsspitze des TSV Aindling, von links Anton Stollreiter (Geschäftsführung), Ludwig Grammer (Präsident) und Josef Kigle (Spielbetrieb).	F.: Johann Eibl
Wo nach Landesligaspielen die beiden Trainer Platz nehmen, saß diesmal die Führungsspitze des TSV Aindling, von links Anton Stollreiter (Geschäftsführung), Ludwig Grammer (Präsident) und Josef Kigle (Spielbetrieb). F.: Johann Eibl

Der TSV Aindling ist gerettet

Alle Parteien haben dem Vergleichsvorschlag jetzt zugestimmt, damit wird der Insolvenzantrag zurückgezogen +++ Die Fußballer spielen auch künftig in der Landesliga um Punkte

Viereinhalb Jahre lang musste der vor 70 Jahren gegründete TSV Aindling um seine Existenz bangen. Nun kann sich der Verein wieder aufs sportliche Geschehen konzentrieren. Alle Gläubiger haben in dieser Woche einem Vergleichsvorschlag vom 15. Juni zugestimmt.

Daraufhin zog Präsident Ludwig Grammer den Insolvenzantrag zurück, den er am 17. August 2015 gestellt hatte. Das heißt konkret: Der gewählte Vorstand entscheidet wieder alleinverantwortlich über den Verein. Die drohende Insolvenz ist damit abgewendet. Grammer informierte über diese Entwicklung im Rahmen einer Pressekonferenz, an der auch eine Reihe von TSV-Mitgliedern teilnahm, darunter auch einige Fußballer der ersten Mannschaft.

Wie berichtet, ging kürzlich das Steuerstrafverfahren gegen drei frühere und ein aktuelles Vorstandsmitglied wegen Steuerhinterziehung und Sozialversicherungsbetrug mit Bewährungsstrafen gegen die Funktionäre zu Ende. Grammer: „Ich glaube nicht, dass es Einsprüche oder dergleichen gibt. Die Beiträge für die Schadenswiedergutmachung in Höhe von 550.000 Euro sind auf einem Treuhandkonto hinterlegt und werden entsprechend den Vorgaben ausbezahlt.“ Rund 500.000 Euro haben die vier Angeklagten bezahlt, rund 50.000 Euro stammen von zwei weiteren TSV-Mitgliedern. Mit diesem Geld werden Forderungen von Fiskus und Sozialkassen bedient. Wie hoch die Forderungen insgesamt waren, ist im Laufe des Insolvenzverfahrens nie öffentlich gemacht worden. Fest steht: Nur durch die hohe Wiedergutmachungszahlung aus dem Privatvermögen der Mitglieder kann der Verein weitermachen. Für die vier angeklagten Funktionäre war diese hohe Summe auch Voraussetzung für eine Verständigung beim Strafprozess. Ansonsten hätten Haftstrafen ohne Bewährung gedroht.
Laut Vereinschef ist damit auch die sportliche Zukunft der ersten Fußballmannschaft geklärt, sie wird in der Saison 2016/17 wieder in der Landesliga Südwest um Punkte kämpfen. Letzter Termin dafür war der 30. Juni.

Dem TSV Aindling liegt auch eine Stellungnahme von Christian Plail vor. Der Rechtsanwalt war in den vergangenen Monaten als vorläufiger Insolvenzverwalter eingesetzt. Er teilte nun mit: „Ich freue mich, dass die langen Verhandlungen mit allen Beteiligten bei Behörden, Sozialversicherungsträgern und dem Verein schließlich zu einem positiven Abschluss gebracht werden konnten.“ Nachdem alle Beteiligten in den vergangenen Monaten an einem Strang gezogen hätten, sei nun der Fortbestand des Vereins gesichert. Ludwig Grammer versicherte, es habe mit Plail eine angenehme Zusammenarbeit gegeben, „sowohl von der rechtlichen als auch von der menschlichen Seite“. Bei einer Zusammenkunft Ende März mit den Lohnempfängern des TSV habe der Jurist erklärt, Ziel sei es, „dass er sich selber abschafft“. Ähnlich äußerte sich auch ein Sprecher des Insolvenzgerichts Augsburg auf AN-Anfrage: „Das Insolvenzverfahren ist beendet.“

Ludwig Grammer blickte zurück auf die vergangenen 55 Monate, in denen das Überleben des TSV Aindling ungewiss erschien. An seinem 62. Geburtstag wurde am 30. November 2011 eine Razzia durchgeführt, die eine Schockstarre und eine Verunsicherung bei den Verantwortlichen zur Folge hatte. Dem Verein wurde vorgeworfen, über Jahre hinweg Gelder dem Finanzamt und den Sozialkassen vorenthalten zu haben. Es wurde zunächst ein Ermittlungsverfahren gegen acht Personen eingeleitet. Vor Gericht verantworten mussten sich schließlich vier.

Am 28. Januar 2014 traf der Ermittlungsbericht der Deutschen Rentenversicherung ein, der mit 1600 Seiten sehr umfangreich ausfiel. Am 16. Juli 2014 wurde Anklage gegen die vier Funktionäre erhoben. Sie wurden am Montag verurteilt. Im Januar dieses Jahres begannen die Verhandlungen in Augsburg, es fanden zwölf Termine statt. Dann erhielt der TSV Aindling die Gemeinnützigkeit zurück, die ihm bereits im Februar 2012 aberkannt worden war. Im Januar dieses Jahres stimmte eine Reihe von Beteiligten (Gläubigern) dem Vergleichsvorschlag zu. Nur das Landesamt für Finanzen sagte vorerst dazu Nein. Im Juni schließlich stimmten alle Parteien zu. Ludwig Grammer bezeichnete speziell die Zeit in diesem Jahr als sehr intensiv, mal sei man optimistisch gewesen, dann wieder niedergeschlagen. Er dankte seinen Mitstreitern an der Vereinsspitze, den Mitgliedern, die in großer Zahl dem TSV die Treue hielten, sowie Hannes Mertl, einem Juristen, der wertvolle Arbeit geleistet habe. „Ich war sicher nicht immer der einfachste Gesprächspartner“, meinte der Vereinschef zu den Besprechungen mit Vorstand und Ausschuss. „Wir werden sicher zahlungsfähig sein“, betonte der Todtenweiser mit Blick auf die Finanzen des Klubs. Er ging noch mal kurz auf das Thema Ehrenamt ein, zu dem er sich kürzlich bereits in Augsburg geäußert hatte: „Ein Ehrenamt ist sicher nicht dazu da, dass man alles machen darf. Das ist mir selbstverständlich bewusst.“

Ludwig Grammer ging ferner davon aus, dass der Verein in den nächsten Tagen wieder uneingeschränkt Zugriff auf seine Konten haben werde. Bei der außerordentlichen Mitgliederversammlung vor einer Woche, die für die Öffentlichkeit nicht zugänglich war, sei es um „persönliche Sachen“ gegangen; man habe über eine Entlastung der Beteiligten gesprochen. Bei einer Insolvenz – so Grammer – wäre „ein Haufen abgestorben“. Er sagte: „Das hätte sehr, sehr weh getan, was ich an Arbeit, an Herzblut reingehängt habe. Ich hoffe, dass das von den nächsten Generationen honoriert und respektiert wird.“ Ob er bei den Wahlen im Frühjahr 2017 wieder kandidieren werde, ließ Grammer offen: „Ich bin nicht der Gesündeste momentan.“ Anton Stollreiter, Vorstand Geschäftsführung, dankte dem Präsidenten: „Wenn der Ludwig sich nicht so engagiert hätte, dann gäbe es heute den TSV Aindling nicht mehr.“ Josef Kigle, Vorstand Spielbetrieb, sprach von einem Meilenstein und kündigte an: „Wir werden dem Ludwig in irgendeiner Weise den Dank zukommen lassen.“

Rückblick auf den Prozessverlauf

Aufrufe: 03.7.2016, 15:36 Uhr
Aichacher Nachrichten / Johann Eibl, cliAutor