2024-05-14T11:23:26.213Z

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Von Gallionsfiguren und Schuhpreisen

Eine Verständigung rückt im Steuerprozess näher, die Befragung von Spielern des TSV Aindling geht weiter +++ Der Erkenntnisgewinn ist mäßig

Über die vier Funktionäre auf der Anklagebank kann der Zeuge, ein langjähriger Übungsleiter des TSV Aindling mit verschiedenen Aufgaben, nur Gutes sagen: Der aktuelle Präsident kümmere sich nicht nur um alles. Er habe auch das Sportheim geplant, dort selbst gemauert und gestrichen. Seine Vorgänger hätten den Verein ebenfalls mit großem Idealismus repräsentiert. „Gallionsfiguren“ nennt sie der Coach. Ob sich dieses ehrenamtliche Engagement im Urteil niederschlägt, bleibt abzuwarten.

Seit Jahresbeginn stehen die vier Angeklagten im Rentenalter vor dem Amtsgericht in Augsburg. Wie lange der Prozess noch dauert, ist nicht abzusehen. Doch eine Verständigung rückt näher. Wie berichtet, haben sich die Parteien schon vor drei Wochen getroffen. Simone Hacker, Vorsitzende des Schöffengerichts, berichtete gestern über das Ergebnis eines zweiten Rechtsgesprächs der Parteien. Der Kern: Der Schaden für Fiskus und Sozialkassen durch das „Bezahlsystem Aindling“ für die Bayernliga-Fußballer wird neu berechnet.

Die „Geringverdiener“ unter den Aindlinger Kickern zwischen 2003 und 2011 sollen herausfallen. Dazu wird ein pauschaler Aufwand (Schuhe, Fahrtgeld etc.) gegengerechnet. Konkret: Unter den Tisch fallen würden Spieler, die unter 625 Euro im Monat bekommen haben. Dieser Betrag gilt für den Zeitraum von 2003 bis Mitte 2008. Später machte der Verein den Aufwand für Fahrkosten geltend. Deshalb liegt die Latte von Mitte 2008 bis Ende 2011 bei 500 Euro.

Neu bewertet bei der Schadensberechnung werden auch Studenten und Beamte, die über diesen Monatsverdiensten lagen. Nach einer groben Schätzung verringert sich der Schaden, den die Staatsanwaltschaft in ihrer Anklage noch auf insgesamt 2,1 Millionen Euro hochrechnet, etwa um ein Viertel oder auch mehr. Wenn die vier Angeklagten dann ein Geständnis ablegen und eine Schadenswiedergutmachung bezahlen (bislang ist die Rede von insgesamt 550.000 Euro), dann könnte für sie der Prozess mit Haftstrafen auf Bewährung zu Ende gehen. Bis dato liegt aber noch keine Neuberechnung vor. Der Sachbearbeiter bei der Rentenversicherung war in den vergangenen Wochen im Urlaub.

Die Befragung von drei Kickern und einem Coach brachte gestern keine neuen Erkenntnisse. Sieht man einmal davon ab, dass einer der Spieler zwischen 100 und 200 Euro für Fußballschuhe kalkuliert. Ein Kollege hat dagegen bis zu 350 Euro für das Top-Modell investiert – und fünf Paar im Jahr verschlissen. Dazu gab’s Infos über Thermo-Unterwäsche und die üblichen Erinnerungslücken bei Nachfragen zum Verdienst. Das Ganze gestaltet sich auch für Richterin Hacker, die nun schon eine ganze Reihe von Spielern nach immer dem gleichen Muster befragt, bisweilen zäh: „Wie oft hatten Sie Training.“ Antwort Fußballer: „Im Sommer öfter.“

Rückblick auf den Prozessverlauf

1000 Euro für Fußballschuhe
Steuerprozess: Vergleich bahnt sich an
Beim Thema Geld gab's im Vorstand öfters Zoff
Steueraffäre: Funktionäre stehen vor Gericht
Das »System Aindling« steht vor Gericht
Der Fußballer denkt an Netto und nicht an Steuern
Der Fußball und das leidige Geld

Aufrufe: 06.4.2016, 17:33 Uhr
Aichacher Nachrichten / Christian LichtensternAutor