2024-05-15T11:26:56.817Z

Allgemeines
Um reichlich Akten geht es beim Steuerprozess um aktuelle und ehemalige Aindlinger Funktionsträger.   F.: Martin Moritz / pixelio.de
Um reichlich Akten geht es beim Steuerprozess um aktuelle und ehemalige Aindlinger Funktionsträger. F.: Martin Moritz / pixelio.de

Ein Fußballverein, zwei Ordner fürs Spielergehalt

Steuerprozess: Zollbeamter sagt als Zeuge über die offizielle und inoffizielle Gehaltsbuchführung des TSV Aindling aus

Zum einen gab’s beim TSV Aindling eine offizielle Buchhaltung über die Lohnzahlungen an die damaligen Bayernliga-Fußballer. Da werden die Spieler als geringfügig Beschäftigte, landläufig als „Minijobber“ bekannt, mit monatlichen Beträgen um die 200 Euro geführt. Das Einkommen des kickenden Personals ist sauber gemeldet bei der Rentenversicherung. Es gab beim Sportverein aber auch einen zweiten Ordner.

Darin sind auf den Gehaltslisten in zusätzlichen Spalten die inoffiziellen Barzahlungen an die Kicker vermerkt. Auf den brisanten Inhalt der Listen sei man erst bei der Durchsicht gestoßen, berichtet der Zollbeamte, der die Ermittlungen leitete, als Zeuge vor dem Augsburger Amtsgericht. Der Ordner stand beim Präsidenten übrigens ordentlich im Regal und sei nicht versteckt worden, betonte dessen Anwalt David Herrmann. Nein, sein Mandant selbst habe ihn den Fahndern bei der Durchsuchung seines Hauses im Rahmen der Razzia Ende 2011 gezeigt.

Im September dieses Jahres sei der Zoll durch das Finanzamt und die Steuerfahndung in den Fall Aindling eingeschaltet worden, so der Zeuge. Der Zoll ist unter anderem zuständig für die Verfolgung von Schwarzarbeit. Und genau dieser Verdacht hatte sich beim TSV Aindling verdichtet. Das Ergebnis der Ermittlungen: Das Bezahlsystem des Vereins im untersuchten Zeitraum von 2003 bis 2011 fußte auf zwei verschiedenen Buchhaltungen. Die Beamten werteten die inoffiziellen Gehaltslisten für jeden einzelnen Spieler aus. Und sie rechneten dann hoch, wie viel Geld den Sozialversicherungen vorenthalten wurde, weil die Spieler nicht als reguläre Arbeitnehmer angemeldet waren. Das Aindlinger Bezahlsystem sei in den untersuchten Jahren auch verändert worden, sagte der Zollbeamte aus. Ab 2008 seien beispielsweise die Fahrkosten pauschal versteuert worden.

Wie berichtet, soll der Schaden für Fiskus und Sozialkassen durch das „Bezahlsystem Aindling“ neu berechnet werden. Darauf hatten sich die Parteien in einem Rechtsgespräch verständigt. Die „Geringverdiener“ unter den Aindlinger Kickern zwischen 2003 und 2011 sollen herausfallen. Dazu wird ein pauschaler Aufwand (Schuhe, Fahrtgeld etc.) gegengerechnet. Konkret: Unter den Tisch fallen Spieler, die unter 625 Euro im Monat verdienten. Ab 2008 liegt die Latte bei 500 Euro. Eine Konsequenz aus der ab dann angewendeten Pauschalbesteuerung der Fahrkosten. Neu bewertet werden auch Studenten und Beamte, die über diesen Monatsverdiensten lagen. Nach einer groben Schätzung verringert sich der Schaden, den die Staatsanwaltschaft in ihrer Anklage noch auf insgesamt 2,1 Millionen Euro hochrechnet, etwa um ein Viertel oder auch mehr.

Doch die Neuberechnung zieht sich hin. Der Sachbearbeiter der Rentenversicherung sei immer noch im Urlaub, teilte Richterin Simone Hacker gestern mit. Sie setzte deshalb vier von sechs Verhandlungsterminen bis Ende Mai ab. Der nächste Termin ist am Montag, 9. Mai. Bis dahin soll zumindest das Finanzamt den Steuerschaden neu berechnet haben.

Rückblick auf den Prozessverlauf

Aufrufe: 021.4.2016, 12:54 Uhr
Aichacher Nachrichten / Christian LichtensternAutor