2024-05-15T11:26:56.817Z

Allgemeines

Bargeld und Brisantes im Arbeitsordner

Zollbeamtin berichtet über Auffälligkeiten bei Hausdurchsuchung im Rahmen der Razzia beim TSV Aindling Ende 2011

In der Sache steckt der Steuerprozess gegen vier Funktionäre des TSV Aindling weiter in einer Warteschleife. In Kürze soll aber die von allen Verfahrensbeteiligten heiß ersehnte Neuberechnung des Schadens für Fiskus und Sozialkassen vorliegen. In einem mittlerweile dritten nicht öffentlichen Verständigungsgespräch wollen die Parteien Mitte Juni die Chancen für eine Einigung ausloten.

Im Detail brachte der gestrige zehnte Verhandlungstag am Augsburger Schöffengericht aber interessante Details der Steueraffäre ans Tageslicht. Als einzige Zeugin sagte eine Zollbeamtin aus. Sie arbeitet dort für die Arbeitseinheit Finanzkontrolle Schwarzarbeit. Hauptaufgabe: Bekämpfung von Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung. Die Beamtin leitete bei der groß angelegten Razzia Ende 2011, die die Steueraffäre des Bayernligisten und damit auch das Strafverfahren ins Rollen brachte, die Hausdurchsuchung beim aktuellen Präsidenten.

Im Büro seien handschriftliche Aufstellungen zu Zahlungen des TSV Aindling sichergestellt worden. Fündig wurden die Fahnder nicht nur in Ordnern, die schon laut Beschriftung dem TSV Aindling zuzuordnen waren, sondern auch im Papierkorb. In einem Koffer entdeckten die Beamten Bargeld und Aufzeichnungen zum TSV. Als „besonders auffällig“ bewertete die Zeugin den Fund in einem der Ordner.

Laut Beschriftung diente der für die Aufbewahrung beruflicher Unterlagen des Funktionärs. Ein Steuerfahnder kontrollierte den Ordner dennoch akribisch und stieß dort auf Listen über Geldflüsse des Vereins. Und wie habe der Angeklagte darauf reagiert, wollte Richterin Simone Hacker wissen. Bei einer Durchsuchung herrsche immer eine angespannte Situation, so die Zeugin. Der Präsident sei aber kooperativ gewesen und auch nicht „aus allen Wolken gefallen“.

Seit fast drei Monaten warten die Prozess-Beteiligten auf eine Neuberechnung des Schadens. Das Finanzamt hat die Zahlen schon vorgelegt, jetzt ist offensichtlich auch die Rentenversicherung so weit. Nach einer groben Schätzung verringert sich der Schaden, den die Staatsanwaltschaft in ihrer Anklage noch auf insgesamt 2,1 Millionen Euro hochrechnet, etwa um ein Viertel oder auch mehr. Laut Rechtsanwalt David Herrmann kommt durch das Landesamt für Finanzen weitere „Bewegung in die Sache“.

Völlig offen ist, ob auch die Sozialkassen dem Verein entgegenkommen. Im Rechtsgespräch Mitte Juni sollen die neuen Zahlen besprochen werden. Ziel der Verteidigung: Wenn die vier Angeklagten ein Geständnis ablegen und eine Schadenswiedergutmachung bezahlen (bislang ist die Rede von insgesamt 550.000 Euro), dann könnte für sie der Prozess mit Haftstrafen auf Bewährung zu Ende gehen.

Ob das aber auch reicht, die Eröffnung der Insolvenz gegen den TSV Aindling bis Ende Juni abzuwenden, ist offen. Wenn sich der Schaden durch die Neuberechnung auf angenommen 1,4 Millionen Euro verringern würde, müssten Fiskus und Kassen immer noch auf über 800.000 Euro verzichten.

Der nächste Prozesstermin im Strafjustizzentrum Augsburg ist dann in drei Wochen am Montag, 20. Juni, 13.30 Uhr. Dann wird auch das Ergebnis des Erörterungsgesprächs der Parteien öffentlich gemacht.

Rückblick auf den Prozessverlauf

Aufrufe: 01.6.2016, 13:37 Uhr
Aichacher Nachrichten / Christian LichtensternAutor