2024-05-15T11:26:56.817Z

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Der TSV Aindling hofft auf baldiges Ende der Steueraffäre.  Symbolfoto: Alexander Kaya
Der TSV Aindling hofft auf baldiges Ende der Steueraffäre. Symbolfoto: Alexander Kaya

Insolvenz: TSV Aindling hofft auf Vergleich

Der Verein hat eine außerordentliche Mitglieder-Versammlung angesetzt +++ Neu berechnete Schadenssumme der Gläubiger Fiskus und Sozialkassen wird am Montag im Strafprozess öffentlich

Nächste Woche dürften sich die Nebel lichten, welchen Weg der TSV Aindling und seine Funktionäre in Zukunft gehen – wirtschaftlich, sportlich, juristisch. Wie berichtet, wird im Steuerprozess in Augsburg gegen vier Funktionäre des Vereins am Montag, 20. Juni, die neue Schadensberechnung vorgestellt. Das könnte zu einem schnellen Ende mit einer Bewährungsstrafe führen. Diese Zahlen haben aber auch direkte Auswirkungen auf das laufende Insolvenzverfahren gegen den TSV Aindling.

Der Verein hofft auf eine außergerichtliche Einigung mit den Gläubigern (Finanzamt und Sozialkassen) und hat für nächste Woche bereits eine außerordentliche Mitgliederversammlung terminiert. Die findet am Donnerstag, 23. Juni, 20 Uhr im Sportheim statt. Auf der Tagesordnung stehen neben dem Bericht des Präsidenten eine „Beschlussfassung über einen eventuellen außergerichtlichen Vergleich“. Anträge an die Versammlung sind in schriftlicher Form bis zum Donnerstag, 16. Juni, in der Geschäftsstelle abzugeben, heißt es in einer Mitteilung. Sollte die Insolvenz abgewendet werden, dann spielt der TSV in der neuen Fußballsaison ab Juli wieder in der Landesliga. Andernfalls droht der Zwangsabstieg in die Bezirksliga. Am 30. Juni endet beim Bayerischen Fußball-Verband offiziell das Spieljahr. Eine Entscheidung nach diesem Termin hätte für den Verein gravierende Folgen: Aindling würde zwar weiterhin in der Landesliga kicken, aber schon von Beginn an als erster Absteiger feststehen. Die Mannschaft müsste dann ohne Chance zu jedem Spiel antreten, sonst würde der Verein in die unterste Klasse strafversetzt. Das heißt: Eine komplette Saison mit Pflicht-Freundschaftsspielen, die weder Zuschauer noch die Spieler interessieren.

Der Verein hat also größtes Interesse an einer rechtzeitigen Entscheidung vor dem Monatsende. Die verzögert sich auch, weil die Prozessbeteiligten seit fast drei Monaten auf eine Neuberechnung des Schadens warten. Vor dem Augsburger Schöffengericht stehen seit Januar der aktuelle Präsident, zwei seiner Amtsvorgänger sowie der frühere Vorstand Finanzen des TSV. Die Staatsanwaltschaft wirft den vier Angeklagten Steuerhinterziehung in insgesamt 145 Fällen und Sozialversicherungsbetrug in 600 Fällen vor. Konkret geht es um die Bezahlung der Bayernligafußballer des TSV Aindling zwischen 2003 und 2011. Die Fußballer verdienten zum Teil über 10 000 Euro im Jahr und waren als „Minijobber“ angestellt. Für die Staatsanwaltschaft sind das reguläre Arbeitnehmer. Nach zwei Verständigungsgesprächen der Prozessbeteiligten gab es Bewegung. Die Fälle mit „Geringverdienern“ sollen herausfallen.

Das Finanzamt hat die Zahlen schon vorgelegt, jetzt ist auch die Rentenversicherung so weit. Nach einer groben Schätzung verringert sich der Schaden, den die Staatsanwaltschaft in ihrer Anklage noch auf insgesamt 2,1 Millionen Euro hochrechnet, etwa um ein Viertel oder auch mehr. Das schlägt auch auf das Insolvenzverfahren gegen den Verein durch. Der TSV Aindling hatte es im August vergangenen Jahres angemeldet. Seither schwebt ein Damoklesschwert über dem Club, der heuer 70 Jahre alt wird.

In einem dritten Rechtsgespräch des Strafprozesses zwischen Richtern, Staatsanwaltschaft und Verteidigung in dieser Woche werden die neuen Zahlen besprochen. Ziel der Verteidigung: Wenn die vier Angeklagten ein Geständnis ablegen und eine Schadenswiedergutmachung bezahlen (bislang ist die Rede von insgesamt 550 000 Euro), dann könnte für sie der Prozess mit Haftstrafen auf Bewährung zu Ende gehen. Um die Eröffnung der Insolvenz gegen den TSV Aindling bis Ende Juni abzuwenden, müssten sich die Gläubiger enorm bewegen. Denn wenn sich der Schaden durch die Neuberechnung auf angenommen 1,4 Millionen Euro verringern würde, müssten Fiskus und Kassen immer noch auf über 800 000 Euro verzichten. Der Verein hofft jetzt offenbar darauf und hat deshalb die Mitgliederversammlung angesetzt.

Rückblick auf den Prozessverlauf

Aufrufe: 015.6.2016, 13:14 Uhr
Aichacher Nachrichten / Christian LichtensternAutor