2024-05-10T08:19:16.237Z

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Wann ist Abseits? Diese Frage könnte bald anders beantwortet werden.
Wann ist Abseits? Diese Frage könnte bald anders beantwortet werden. – Foto: Andreas Harneit

FIFA plant Abseits-Revolution: große Auswirkungen auf den Fußball

Der Weltverband FIFA plant eine Abseits-Revolution, die den Fußball komplett auf den Kopf stellen würde.

Der Fußball-Weltverband FIFA arbeitet im Hintergrund an einer Abseits-Reform. In Italien wird die Revolution bereits im Jugendfußball getestet, doch noch steht eine Regel-Anpassung nicht bevor. Sollte die FIFA gemeinsam mit dem Regel-Board die Reform durchsetzen, würde sich die Abseitsregel im Fußball deutlich verändern.

  • Die FIFA testet eine Abseits-Revolution in italienischen U18-Ligen.
  • Stürmer würden durch eine Anpassung der Abseitsregel profitieren, weil sie die Herangehensweise zu ihren Gunsten ändern würde.
  • Folgen für Ligen ohne Videoschiedsrichter wären nicht absehbar.

Im Profi- und im Amateurfußball gibt es in nahezu jedem Spiel Abseitssituationen. Anders als beim Handspiel, das regeltechnisch gefühlt jährlich angepasst wird, ist die Regelung beim Abseits recht simpel: Ein Spieler steht dann im Abseits, wenn - bei der Ballabgabe - ein Körperteil des Zuspiel-Empfängers, mit dem ein Tor erzielt werden darf, näher Richtung Tor ist als der vorletzte Spieler. Bei der Weltmeisterschaft 2022 in Katar hat der Weltverband sogar schon eine halbautomatisierte Abseitserkennung eingesetzt. Auch bei einer VAR-Überprüfung lassen sich Abseitssituationen mit einer kalibrierten Linie recht einfach analysieren.

Abseits-Reform: Klarer Vorteil für die Angreifer

Sollte die angedachte Abseits-Reform tatsächlich umgesetzt werden, würde sich die Überprüfung wahrscheinlich ähnlich simpel durchführen lassen, denn im Endeffekt würden sich die Herangehensweise und der Blickwinkel um 180 Grad drehen. Ein Spieler soll sich nämlich solange nicht im Abseits befinden, wie sich ein Körperteil, mit dem ein Tor erzielt werden darf, noch auf gleicher Höhe mit dem vorletzten gegnerischen Spieler befindet.

In der Praxis würde diese Idee gleichbedeutend mit einem großen Vorteil für angreifende Kicker sein. Es würde reichen, wenn sich die Hacke eines Spielers noch auf gleicher Höhe mit dem vorletzten Verteidiger bewegt, während der restliche Körper schon einen deutlichen Vorsprung Richtung Tor hat. Herkömmliche Abseitsfallen würden nicht mehr funktionieren, auch das bewusste Stellen eines Abwehrspielers müsste komplett überdacht werden, weil es wie erwähnt reicht, wenn sich nur noch ein Zentimeter des angreifenden Spielers auf gleicher Höhe mit dem verteidigenden Gegner befindet.

Idee von FIFA-Direktor Arsène Wenger

Ideengeber ist mit Arsène Wenger die Trainer-Legende des Arsenal FC. Der Franzose verantwortet seit 2019 als Direktor für globale Fußballförderung die Weiterentwicklung des Spiels bei der FIFA. Als Coach legte Wegner großen Wert auf einen ansehnlichen Offensivfußball. Sollte es zur Abseits-Reform kommen, würden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit mehr Tore fallen als bei aktueller Regelauslegung, weil die Angreifer mehr Freiheiten hätten und die Defensivreihen ihre Herangehensweisen bei gegnerischem Ballbesitz zumindest beim Aspekt Abseits überdenken müssten.

Mit einer halbautomatischen Abseitserkennung inklusive kalibrierter Abseitslinie wäre eine Umsetzung im professionellen Fußball sicherlich problemlos möglich. Sicherlich könnten sich auch viele Fans mit einem Zuwachs von Toren anfreunden, denn bekanntlich entscheiden oft nur Zentimeter oder gar Millimeter in den spannenden Situationen. Doch wie soll eine solche Abseits-Revolution im Amateurfußball ohne Hilfsmittel umgesetzt werden? In den meisten Ligen gibt es keine Linienrichter, im unterklassigsten Kreisliga-Fußball müssen mitunter gar Betreuer oder Zuschauer Spiele pfeifen, weil es keine Unparteiischen gibt. Die Abseits-Reform, die laut verschiedener Medienberichte seit April 2022 in den höchsten U18-Ligen Italiens getestet wird, könnte ein Hobby-Match ins Chaos stürzen, insbesondere dann, wenn keine ausgebildeten Schiedsrichter pfeifen oder Linienrichter fehlen. Je nach Position den Überblick zu behalten, dürfte schwieriger denn je werden.

Die aktuelle Auslegung der Abseitsregel ist einfach und funktioniert. Sicherlich gibt es in Ligen ohne VAR noch einige Fehlentscheidungen, aber an einer simplen und praktikablen Regel anzusetzen, um den Fußball weiterzuentwickeln, ist bei anderen Problemfeldern wie dem Handspiel wohl nicht der beste Hebel. Vor allem nicht, wenn die sportlichen Folgen für den Amateurfußball nicht absehbar sind. Eine offizielle Inkraftsetzung dieser Abseits-Revolution steht aber noch nicht bevor. Wenn die FIFA ihre Tests abgeschlossen hat und die Ergebnisse als positiv bewertet, muss erstmal das International Football Association Board (IFAB) über die Regel-Änderung diskutieren. Zuletzt hat das Regel-Bord eine Änderung beim Elfmeter beschlossen, die den Schützen vor Psycho-Spielchen der Torhüter schützen soll.

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Aufrufe: 04.7.2023, 14:05 Uhr
André NückelAutor