2024-05-10T08:19:16.237Z

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Schlusspfiff im Augsburger Strafjustizzentrum: Am Montag wurden die Urteile gegen vier Funktionäre des TSV Aindling gesprochen.  Foto: Florian Rußler/Fotomontage: Robin Popp
Schlusspfiff im Augsburger Strafjustizzentrum: Am Montag wurden die Urteile gegen vier Funktionäre des TSV Aindling gesprochen. Foto: Florian Rußler/Fotomontage: Robin Popp

Abpfiff: Bewährungsstrafen im TSV-Prozess

Das Strafverfahren gegen vier Funktionäre des TSV Aindling endet mit Freiheitsstrafen zwischen elf Monaten und einem Jahr und neun Monaten +++ Eine halbe Million Euro an Wiedergutmachung soll auch den Verein vor Insolvenz retten

Ein Fußballspiel dauert 90 Minuten plus Nachspielzeit. Der Prozess gegen vier Funktionäre des TSV Aindling wegen Steuerhinterziehung und Sozialversicherungsbetrug dauerte ein halbes Jahr. Am Montag war im Augsburger Strafjustizzentrum Abpfiff: Richterin Simone Hacker verkündete die Bewährungsstrafen gegen die vier Angeklagten, die zwischen elf Monaten (für den aktuellen Präsidenten) und einem Jahr und neun Monaten (für den früheren Finanzvorstand) liegen.

Sie blieb damit am unteren Ende des Strafrahmens, den sie selbst im Rahmen der Verständigung in diesem Verfahren schon vor einer Woche ankündigte. Die weiteren Bedingungen des „Deals“ zwischen Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung sind erfüllt. Die Angeklagten haben die Vorwürfe schon bei der Verhandlung vor einer Woche in einem Geständnis eingeräumt und die insgesamt eine halbe Million Euro an Wiedergutmachung für Fiskus und Sozialkassen liegen seit wenigen Tagen auf einem Treuhandkonto. Dazu müssen die Angeklagten Geldauflagen (zwischen 2000 und 5000 Euro) an soziale Einrichtungen bezahlen und die Verfahrenskosten übernehmen.

Simone Hacker, Vorsitzende des Schöffengerichts, wollte eins nicht stehen lassen – das letzte Wort des aktuellen Präsidenten: „Das ist kein schlechter Tag fürs Ehrenamt“. Unter dem Deckmantel des Ehrenamtes könnten aber keine Straftaten geduldet werden. Der Sachverhalt sei eindeutig. Wenn Einnahmen nicht deklariert und an der Steuer vorbei geschleust würden sei jedem klar, dass das strafbar sei. Gleiches gelte für die Bezahlung der Fußballer. Wenn der Verdienst eines Spielers deutlich über dessen Aufwand liege sei offensichtlich, dass es sich um ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis zum Verein handle.

Für Staatsanwalt Andreas Breitschaft hat sich die Anklage im Laufe der Verhandlung im Grunde bestätigt: „Ehrenamt übernehmen heißt auch Verantwortung übernehmen.“ Dem seien die Angeklagten in ihrer Amtszeit bezüglich der Bezahlung von Fußballern und der notwendigen Abführung von Steuern und Sozialabgaben nicht gerecht geworden. Im Strafverfahren hätten sie jetzt aber „Verantwortung übernommen.“ Breitschaft forderte Bewährungsstrafen etwa in der Mitte des vom Gericht genannten Strafmaßes. Durch die Neuberechnung hat sich der strafrechtliche Schaden für Steuer und Kassen, für den die vier Angeklagten verantwortlich gemacht werden, auf 1,3 Millionen Euro reduziert. Durch Überschneidungen der Zuständigkeiten der vier Funktionäre entspreche das aber nicht dem tatsächlichen Schaden, verwies der Staatsanwalt. Die Strafverfolger hatten in ihrer ursprünglichen Anklage den strafrechtlichen Schaden noch auf 2,2 Millionen Euro hochgerechnet. Durch die Verständigung und das Herausfallen der „Geringverdiener“ hätten sich die Prozessbeteiligten viel Zeit erspart. Das Ergebnis wäre auch bei einer langwierigen Einzelfallprüfung der vielen Spieler nicht viel anders ausgefallen, so Breitschaft.

Für die Angeklagten spreche ihr Geständnis und dass sie sich nicht selbst bereichert hätten, sondern im Gegenteil ihren Verein mit großem Engagement und mit erheblichen finanziellen Eigenmitteln unterstützt hätten, erkannten Breitschaft und auch Richterin Hacker in ihrer ausführlichen Urteilsbegründung an. Dazu komme die außergewöhnlich hohe Schadenswiedergutmachung. Dieses Geld diene vermutlich auch der Rettung des Vereins vor der Insolvenz, so Hacker, ohne dem Verfahren vorgreifen zu wollen. In vergleichbaren Fällen werde oft überhaupt nichts zurückgezahlt, verdeutlichte Breitschaft. Staatsanwalt und Richterin betonten auch, dass alle vier Angeklagten bislang völlig unbescholten und gesundheitlich zum Teil schwer angeschlagen sind.

Gegen die Funktionäre spreche der erhebliche Schaden für die Allgemeinheit über einen langen Zeitraum, so der Staatsanwalt. Simone Hacker sprach von einem „sozialschädlichen Verhalten“. Der Verein habe sich auf illegale Weise auch einen Wettbewerbsvorteil gegenüber sportlichen Konkurrenten verschafft, die sich an die Regeln gehalten hätten. Dadurch sei auch ein Stück weit die ehrenamtliche Arbeit bei diesen Vereinen entwertet worden.

Rückblick auf den Prozessverlauf

Aufrufe: 028.6.2016, 07:29 Uhr
Aichacher Nachrichten / Christian LichtensternAutor