2024-05-02T16:12:49.858Z

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– Foto: FuPa Lüneburg

Cuxhaven - Deine Schiris: Yannick Leinfels

In Ritterhude aus dem Fenster geklettert +++ Aussprache in der Disco +++ „Theo-Turnier ist das Highlight im Winter“

In unserer Rubrik “Cuxhaven – Deine Schiris“ kommt heute Yannick Leinfels zu Wort. Er erzählt uns warum sein Bruder, nach einer Entscheidung auf dem Platz, zwei Monate nicht mehr mit ihm sprach und warum er einmal auf dem Osterholzer Erntefest und nicht beim Hagener Gastspiel in Bornreihe landete.

Sie sind so unersetzlich wie der Ball, dennoch haben sie meistens den schwierigsten Job auf dem Platz - die Schiedsrichter. Ohne sie gäbe es vielleicht nur halb so viele Emotionen beim Fußball und ein dauerhaft fairer Sport wäre nur schwer möglich.

In unserer Interview-Rubrik "Cuxhaven - Deine Schiris" stellen sich die Unparteiischen der Region vor und beantworten unsere Fragen.

Name: Yannick Leinfels


Alter: 26


Welches war die höchste Liga, in der Du gepfiffen hast und welche Klasse pfeifst Du aktuell?

In der Landesliga als Schiedsrichter und als Schiedsrichterassistent.


Warst Du selbst aktiver Fussballer? In der Jugend habe ich beim FC Hagen/Uthlede und drei Jahre bei der SG WDB/JFV Staleke bis zur Bezirksliga gespielt. Im Herrenbereich beim FC Hagen/Uthlede bis zur Kreisliga, aktuell aufgrund der Schiedsrichterei aber pausierend.


Wie kommst Du durch die coronabedingte Fußballpause? Wie sehr vermisst Du dein Hobby?
Ich halte mich seit Anfang der Jahres mit Joggen wieder fit. Außerdem hält mich mein Beruf als Physiotherapeut weiterhin aktiv.
Der Amateurfußball fehlt einem natürlich schon sehr. Es ist nicht nur das Spiel selber, sondern auch das Gemeinschaftsgefühl, welches man sowohl auf dem Platz als Aktiver, aber auch als Zuschauer neben dem Platz und natürlich danach auch am Bierwagen verspürt. Wer vermisst es nicht, während des Spiels mit dem eigenen Verein mit zu fiebern, um danach das Spiel bei einigen Kaltgetränke Revue passieren zu lassen?
Ebenso fehlen die Stadionbesuche mit den Schiri-Kollegen, die immer wieder den Samstag zu etwas Besserem machen.

Was hat Dich dazu bewegt, Schiedsrichter zu werden?
Ehrlich gesagt weiß ich das gar nicht mehr genau. Ich habe mal bei einem Training einer unserer Jugendmannschaften zugeschaut und wurde dann gefragt, ob ich nicht am darauffolgenden Wochenende Lust hätte deren Spiel zu pfeifen. Das hat mir dann so viel Spaß gemacht, dass ich dabei geblieben bin.


Hast Du ein Schiedsrichtervorbild?
Als Cuxhavener Schiedsrichter fällt mit natürlich nur der Mann mit den Adleraugen ein. Ich denke mal, jeder, der das hier liest, weiß wer gemeint ist.
Im Profibereich finde ich Patrick Ittrich sehr interessant, da er viel über die Kommunikationsebene zu lösen versucht und auch eine gewisse Lockerheit übermittelt. Auch die Ruhe von Manuel Gräfe ist imponierend und zeugt von Stärke.
Ansonsten gucke ich mir auch gerne die Spiele meiner Bezirksschiedsrichterkollegen, sofern das möglich ist, und die Schiedsrichter der Oberliga bei uns in Hagen an und versuche dort einiges mitzunehmen, was mir für meine eigene Spielleitung weiterhelfen könnte.


Was waren die Highlights Deiner Schiedsrichter-Karriere?
Im Anbetracht der aktuellen Lage ist man geneigt zu sagen, dass jedes Spiel, was wir Schiedsrichter leiten durften, als Highlight anzusehen ist.
Natürlich gibt es darunter auch einige die besonderen Anreiz hatten wozu auf jeden Fall meine erste Landesligabeobachtung in Lüneburg zählt. Treubund Lüneburg spielte gegen die Reserve von Drochtersen und diese war mit einigen Regionalliga-Spielern angereist. Es ging 3:3 aus, das Spiel ging hin und her und hat direkt Lust auf mehr gemacht. Oder auch ein paar Wochen vorher mein erstes Spiel in der Landesliga, welches mit 75-minütiger Verspätung angepfiffen würde, da die Gastmannschaft im Stau stand. Unser Plan vom Gespann, direkt von Ritterhude nach Bornreihe zu fahren und das Hagener Gastspiel dort zu gucken war somit über den Haufen geworfen. So ging es nach dem Spiel zum Osterholzer Erntefest. Das war auch gut.
Auch das Testspiel in Rehden vor einigen Jahren oder das Assistieren mit Headset war wirklich cool und möchte ich nicht missen.
Ein Highlight ist auch jedes Jahr aufs neue das legendäre Theo-Turnier beim TV Loxstedt, welches immer super organisiert und für alle Beteiligten ein Highlight in der Wintersaison ist.


Was waren deine schlimmsten Erlebnisse als Schiri?
Wirklich schlimme Erlebnisse habe ich zum Glück noch nicht erleben müssen. Klar gibt es mal unschöne Worte auf dem Feld, aber die treten meist aus der Emotion heraus und das lasse ich nicht an mich heran kommen.
Die unschönste Aktion ist mir in der Kreisliga passiert, als ich mit meinen jungen Assistenten zum Auto ging und merkte, dass ein Spieler der Heimmannschaft uns auffällig folgte. Bevor wir los fuhren, hielt er hinter meinem Auto und ging zu meiner Fahrertür und wollte unbedingt mit mir reden. Dieser Spieler war schon während des Spiels nicht gut auf mich zu sprechen und da ich seine Stimmung als ziemlich aggressiv einstufte, ließ ich ein Gespräch auch nicht zu. Ein halbes Jahr später haben wir uns allerdings in unserer örtlichen Discothek ausgesprochen und es herrscht seitdem ein sehr respektvolles Verhältnis.

Denkst Du nach dem Spiel noch viel über heikle Situationen nach?
Na klar, aber nicht nur über eventuelle Fehlentscheidungen, sondern auch Szenen, die besonders gut gelöst wurden. Wenn möglich, nutze ich dafür auch Videoaufnahmen, sofern das Spiel aufgezeichnet wurde. An beiden Dingen sollte man sich weiterentwickeln. Fehler macht jeder und es gelingt nur ganz selten wirklich ein perfektes Spiel, denn einer hat immer was zu meckern. Allerdings sollte spätestens im nächsten Spiel alles abgehakt sein, denn jedes Spiel hat seinen eigenen Charakter.

– Foto: FuPa Lüneburg


Fallen dir ein paar lustige Anekdoten aus deiner Schiedsrichterlaufbahn ein?
Oh ja die gibt es und das fängt gleich im ersten Einsatz als Assistent an. Ich wurde am Abend vorher gefragt, ob ich am nächsten Tag bei Stinstedt gegen Hagen an der Linie sein könnte. Bis zu 80. Minute lief alles top, bis mein Bruder, der bei Hagen spielte, dann auf das Stinstedter Tor köpfte und der Ball plötzlich im Tor lag. Ärgerlich war nur, dass ein anderer Hagener Stürmer den Torwart so bedrängte, dass dieser den Ball nicht fangen konnte. Aufgrund wütender Stinstedter Proteste kam dann der Schiri zu mir und fragte, ob die Berührung stattfand bevor oder nachdem der Ball die Linie überquerte. Da die Berührung vorher stattfand, zählte der Treffer nicht. Das Spiel endete 0:0 und Hagen wurde kein Meister. Mein Bruder sprach zwei Monate nicht mehr mit mir, bis Hagen durch das Relegationsspiel aufgestiegen war. In dieser Zeit war übrigens auch meine Konfirmation, zu der er zwar zum Essen kam, aber danach auch wieder verschwand ohne auch nur ein Wort zu sagen.


Eine andere Anekdote stammt aus Ritterhude. Nachdem ich morgens noch mit meinen Assistenten beim Kreistalentkader (beide Assistenten sind/waren Teilnehmer davon) war, hatten wir uns vorgenommen, nach dem Spiel noch gemütlich ein bisschen in der Kabine zu sitzen und ein bisschen zu quatschen, was man nach dem Spiel halt so tut. Es war ein Samstagsspiel und war um 17:50 Uhr zu Ende. Als wir um 19:30 Uhr langsam aufbrechen wollten, merkten wir, dass wir die letzten waren und das Vereinsheim bereits abgeschlossen war. Wir wurden also, obwohl Musik bei uns lief und man uns hören musste, eingeschlossen. Meine Assistenten sind dann durch die Tür raus die man von innen öffnen und abschließen konnte und ich bin dann durch das enge Fenster der Schiri-Kabine gekrabbelt.
Ansonsten hab es natürlich viele witzige und lustige Moment, die aber im Kreis der Schiedsrichter bleiben.


Welche Ratschläge würdest du Interessierten/Neulingen geben?
Macht den Schiedsrichterschein. Bei Fragen fragt euren Fachwart oder in einigen Vereinen gibt es auch Schiedsrichterobmänner, die euch gerne zur Seite stehen. Seid auch nicht zu schüchtern, um erfahrene Kollegen nach Tipps zu fragen oder ob diese sich mal ein Spiel angucken können im Rahmen eines Coachings.

Und steckt den Kopf nicht zu schnell in den Sand. Kritik gehört dazu und nur daran kann man reifen.

Hast Du einen Ratschlag/eine Bitte an Spieler und Funktionäre?
Nehmt euch nicht jeden Spruch auf dem Feld zu Herzen. Solange es nicht unter der Gürtellinie ist, gehören Sprüche auch mal dazu auf dem Feld, sofern es der Situation angemessen ist. Manchmal fühlen sich Spieler und Funktionäre zu schnell auf den Schlips getreten, obwohl diese selbst pausenlos am "Singen" sind. Und selbst wenn es mal nicht passte, sucht nach dem Spiel und mit einiger Zeit Abstand zum Spiel doch das Gespräch mit uns. Wenn einige Minuten vorbei sind und beide Parteien emotional wieder runter gekommen sind, dann kann man gerne mal bei einem Getränk darüber reden. So ist es bei mir zumindest.

Welche Regel würdest du gerne ändern?
Ich denke mal, da spreche ich aktuell vielen aus der Seele, die Handspiel Regel müsste einfach verändert werden. Wie genau weiß ich selber auch nicht, aber durch die Änderungen der letzten Jahre und der für mich nicht ganz durchsichtigen Durchsetzung im Profibereich, ist das auch für den Amateursport nicht gerade hilfreich und da kann ich den Unmut einiger Spieler dann auch verstehen.
Für uns im Kreis würde ich mir wünschen, das im U8/U9 Bereich wieder der normale Spielbetrieb stattfindet und da auch mit Schiedsrichtern agiert wird. Nirgendwo anders kann man die ersten Erfahrungen besser sammeln, da es noch kein Abseits gibt und man sich als Neuling an die einfachen Sachen wie Aus-Bälle und Foulspiel gewöhnen kann.

– Foto: FuPa Lüneburg
Aufrufe: 012.3.2021, 10:50 Uhr
FuPa CuxhavenAutor