2024-04-25T14:35:39.956Z

Allgemeines
– Foto: Harneit

Cuxhaven - Deine Schiris: Oliver Karpati

Ein Schuss in die Kronjuwelen +++ 15 Jahre Pause nach Jagdszenen auf dem Platz+++ Klönschnack an der Bratwurstbude

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Oliver Karpati ist nicht nur einer der souveränsten Schiedsrichter im Kreis, er ist zudem auch noch ein richtig guter Kicker. Im FuPa-Interview erzählt er aus seiner Schiedsrichterlaufbahn.

Auf einem Lehrgang teilte er sich ein Zimmer mit einem aktuellen Bundesliga-Schiedsrichter, er verrät warum er für lange Zeit die Pfeife zur Seite legte, warum der BV Cloppenburg ein Taxi für das Schiedsrichtergespann zahlte und welcher Schiri mitten im Spiel seine Regenjacke aus der Kabine holte.

Sie sind so unersetzlich wie der Ball, dennoch haben sie meistens den schwierigsten Job auf dem Platz - die Schiedsrichter. Ohne sie gäbe es vielleicht nur halb so viele Emotionen beim Fußball und ein dauerhaft fairer Sport wäre nur schwer möglich.

In unserer Interview-Rubrik "Cuxhaven - Deine Schiris" stellen sich die Unparteiischen der Region vor und beantworten unsere Fragen.

Name: Oliver Karpati

Alter: 43 Jahre

Welches war die höchste Liga, in der Du gepfiffen hast und welche Klasse pfeifst Du aktuell? Meine höchste Liga als Assistent war früher die Oberliga. Als Schiedsrichter habe ich in der Bremen-Liga und den Jugendregionalligen gepfiffen. Das war Ende der 90er Jahre. Dann habe ich ca. 15 Jahre Pause gemacht und hier im Landkreis Cuxhaven wieder angefangen, wo ich aktuell bis zur Kreisliga Cuxhaven pfeife.

Warst Du selbst aktiver Fussballer?

Ja, ich spiele Fußball, seit ich 5 bin und war schon bei vielen Vereinen (ein ziemlicher "Wandervogel"): OSC A-Jugend (Regionalliga Nord), SFL Brhv. (Bremenliga), FTG (heute ESCG, Landesliga), TSV Debstedt (bis Bezirksliga), TSV Wulsdorf (bis Bremen-Liga), SC Sparta (Landesliga), MTV Bokel II und Ü32, SG Beverstedt (Spielertrainer 1. KK Süd) und aktuell kicke ich beim MTV Bokel Ü40 und mit Gastspielrecht bei SG Wehden/Debstedt Ü32. Ich habe nach einigen Jahren des „Kürzertretens“ als Spieler aktuell wieder "Blut geleckt"… mal schauen, wie lange meine Knochen mich mit meinem Übergewicht noch über die Plätze tragen?

Wie kommst Du durch die coronabedingte Fußballpause? Wie sehr vermisst Du dein Hobby? Ich versuche mich aktuell mit regelmäßigem Fahrradfahren und Nordic Walking halbwegs fit zu halten und hoffe, dass es nach Ostern wieder losgehen kann mit dem selber Kicken und dem Pfeifen. Ich vermisse den Fussball schon sehr, insbesondere den Klönschnack mit Spielern und Funktionären nach dem Spiel bei einer gemütlichen Bratwurst und dem wohlverdienten Bierchen. Auch Stadionbesuche im Weserstadion vermisse ich, Sky-Konferenzen sind zwar auch nicht schlecht und Geisterspiele sind besser als gar nichts für die Fans, aber kein Vergleich zum Besuch eines Spiels im Stadion vor ausverkauftem Haus und mit guter Stimmung.

Was hat Dich dazu bewegt, Schiedsrichter zu werden?

Damals als 14-Jähriger waren tatsächlich die Hauptgründe das Aufbessern des Taschengeldes (ich glaube damals gab es für ein F-Jugendspiel in Bremerhaven 10 DM inkl. Fahrtkosten) und die Möglichkeit, mit dem Schiedsrichterausweis kostenlos in die Ostkurve des Weserstadions zu kommen, was ich damals auch schon sehr oft genutzt habe.

Hast Du ein Schiedsrichtervorbild? Als junger Schiedsrichter war es damals Sandor Puhl, der das WM-Finale 1994 pfiff (er stammt wie meine Eltern aus Ungarn). Im Laufe der Jahre gibt es immer mal wieder "Vorbilder" von denen man sich im TV etwas abguckt, z.B. strahlte Bernd Heynemann immer eine große Gelassenheit und trotz aller Härte trotzdem noch "Menschlichkeit" aus und ließ sich selten aus der Reserve locken.

Was waren die Highlights Deiner Schiedsrichter-Karriere?

Ich durfte vor ca. 20 Jahren zum U15-Sichtungsturnier der Verbände nach Duisburg-Wedau fahren als Vertreter des Bremer Fussballverbandes und teilte mir in diesen Tagen ein Zimmer mit dem aktuellen Bundesliga-Schiri Christian Dingert (feiner Kerl). Damals auch dabei war Felix Zwayer. Die beiden haben es in die Bundesliga geschafft und pfeifen sogar international. Ich hingegen habe kurz nach diesem Highlight meine Pfeife vorläufig an den Nagel gehangen und pausiert.

Weitere Highlights waren einige Einsätze als Assistent (damals hieß es noch Linienrichter) bei Spielen mit Beteiligung der Profimannschaft des SV Werder Bremen bei Gastspielen beim TSV Wulsdorf (Abbruch) und beim SC Sparta Bremerhaven.

Was waren deine schlimmsten Erlebnisse als Schiri?

In meiner aktiven Zeit als Spieler stand ich beim Spiel FTG gegen SV Türkspor verletzt nicht als Spieler zur Verfügung und wollte mir das Spiel nur angucken. Nach einer Verletzung des Hauptschiedsrichters musste ich dann, weil sich kein anderer fand, humpelnderweise als Linienrichter einspringen. Kurz vor Ende der Partie wurde ich erst übelst von einem Spieler beleidigt, der vom Schiri dann die Rote Karte bekam. Wutentbrannt rannte dieser Spieler dann auf mich zu und wollte mich mit einem Karatekick niederstrecken, dem ich nur knapp ausweichen konnte. Es folgten dann regelrechte Jagdszenen der ganzen Gästemannschaft, der Trainer und einiger Zuschauer. Blanker Hohn war dann, dass der besagte Spieler nur 2 Spiele gesperrt wurde. Aber es gab ja noch ein Rückspiel, das war es mir dann wert, mit einer glatten Roten Karte nach einem um 6 Monate verspäteten Revanchefoul das Feld zu verlassen…

Die geschilderten Jadgszenen waren seinerzeit Hauptgrund für mich, die Pfeife kurz nach Duisburg vorerst an den Nagel zu hängen.

Denkst Du nach dem Spiel noch viel über heikle Situationen nach?

In jungen Jahren schon ziemlich viel, man versucht sich ja zu reflektieren und ggf. bei ähnlichen Vorkommnissen beim nächsten Mal besser und regelgerecht zu reagieren. Mittlerweile werden heikle Szenen nach dem Spiel im Gespann kurz beschnackt und dann an der Bratwurstbude nochmals mit Spielern und Trainern und dann ist es meist auch gut.

– Foto: Harneit

Fallen dir ein paar lustige Anekdoten aus deiner Schiedsrichterlaufbahn ein?

In Elmlohe wurde mir mal aus sehr kurzer Distanz mit voller Pulle in die Kronjuwelen geschossen. Das Spiel musste zur Belustigung vieler Zuschauer für ca. 2 bis 3 Minuten unterbrochen werden inklusive Kühlung mit Eisbeuteln und scherzhaft gemeinten Massageangeboten.

Als Spieler von Bokels Ü32 wurde ich mal im Strafraum gefoult und der damalige Schiri (nennen wir ihn Hartmut Falke) kam kurz danach erst wieder aus der Schirikabine und ließ sich von Protesten nicht beeindrucken. Er hatte sich aufgrund des einsetzenden Regens schnell eine Regenjacke geholt, hat das Foul verpasst und kam danach in aller Seelenruhe während des laufenden Spiels wieder zurück auf den Platz und pfiff unbeirrt weiter, das war schon kurios, aber auch sehr witzig.

Ein weiteres Highlight war ein Oberligaspiel als Linienrichter beim BV Cloppenburg, die Gastgeber gewannen und konnten dadurch am letzten Spieltag den Klassenerhalt feiern. Der Schiriobmann lud uns mit zum Essen und auf ein Kaltgetränk dort in der Vereinsgaststätte ein, es blieb aber nicht bei einem Kaltgetränk, so dass wir alle dort versackten und der Schiri Ronald Neidel dachte, dass ich ja zurückfahren könne (ich war aber erst 16 und hatte natürlich keinen Führerschein). Letztendlich fuhr ein Taxifahrer unser Auto, ein weiteres Taxi fuhr hinterher und die Kosten übernahmen die Cloppenburger.

– Foto: Dennis Paasch

Welche Ratschläge würdest du Interessierten/Neulingen geben?

Wenn ihr Interesse habt, fragt Eure Fussballfachwarte im Verein, wann der nächste Schiedsrichterlehrgang angeboten wird, er wird euch dann hierfür anmelden. Wichtig für Neulinge ist es dann, möglichst viele Spiele zu pfeifen bzw. bei einigen verschiedenen erfahrenen Schiris als Schiedsrichterassistent mitzufahren, Erfahrungen zu sammeln und sich auch bei den anderen Schiris (auch im TV) möglichst viel an positiven Eigenschaften abzuschauen. Jeder ist anders und jeder muss für sich die Art bzw. den Weg finden, wie er pfeifen will. Lasst Euch von Kritik der Spieler, Funktionären oder Zuschauer nicht ins Bockshorn jagen, irgendwann bekommt man ein "dickes Fell". Man kennt es ja, wenn man selber spielt, dass man dann auch mal Entscheidungen des Schiris "hinterfragt“, da muss man dann drüber stehen und auch mal drüber hinweg hören können. Es muss ja nicht jeder das Ziel haben, irgendwann in der Bundesliga pfeifen zu müssen. Auch im Breitensport kann das Hobby "Pfeifen" attraktiv sein, man bewegt sich, bekommt noch ein bisschen Taschengeld dafür und hat den Austausch bzw. gemeinsamen Auftritt als Team/Gespann oder auch alleine, wie man es lieber mag.

Hast Du einen Ratschlag/eine Bitte an Spieler und Funktionäre?

Ja, habt mehr Rücksicht, gerade mit jungen Schiris und Anfängern, die alle "nach bestem Wissen und Gewissen" pfeifen. Auch als Spieler macht man nicht immer alles richtig, daher sollte man hier auch mal gegenüber dem Schiri "fünfe gerade sein lassen" und nicht immer alles wild gestikulierend und laut kommentieren. Wir haben insgesamt leider zu wenige Schiris und viele hören auch schnell auf, wenn sie neu dabei sind und ein paar Mal auf dem Platz bepöbelt wurden. Hier wäre etwas mehr Nachsicht und Respekt gegenüber dem Spielleiter angemessen, sonst wird es irgendwann dazu kommen, dass immer mehr Spiele nicht mehr mit ausgebildeten Schiris besetzt werden können, weil sich das keiner mehr antun mag. Vielleicht macht es als Spieler auch mal Sinn, zwischendurch mal ein nicht mit geprüften Schiris angesetzten Kinderspiel zu pfeifen, damit man diese Sicht auch mal kennenlernt und diesen schwierigen Job besser zu schätzen weiß. Das Mindestalter der Schiedsrichter wurde im Kreis Cuxhaven neuerdings von 14 auf 12 gesenkt und mein Sohn möchte in Kürze auch einen Schiedsrichterlehrgang besuchen. Ich kann nur hoffen, dass er Spaß daran findet und am Ball bleibt, so dass wir ein gemeinsames Hobby ausüben können.

Welche Regel würdest du gern ändern?
Also ob es direkt eine Regeländerung sein muss oder eher ein einheitliches Verständnis geschaffen werden muss ist aus meiner Sicht hinsichtlich des strafbaren Handspiels von Nöten. In unteren Klassen ohne Assistenten und in der Ü32 fände ich das komplette Abschaffen von Abseits testweise mal interessant, dies ist ohne Assistenten immer schwer zu beurteilen (nicht ganz ernst gemeint). Und ich fände cool (wie es bei Hallenturnieren ja teilweise gemacht wird), wenn zur Spielentscheidung anstatt ein 11m-Schießen ein Penalty-Shootout durchgeführt wird, also dass die Schützen aus z.B. 30 m starten, aufs Tor zudribbeln und binnen 10 Sekunden das Tor erzielt haben müssen.

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Aufrufe: 028.1.2021, 19:27 Uhr
FuPa CuxhavenAutor