2024-05-02T16:12:49.858Z

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Volker Weingartner. Foto.: Anne Wal
Volker Weingartner. Foto.: Anne Wal

Steuerfahndung: Absturz eines Landkreises aus der Bayernliga

Mäzen Weingartner rechnet mit Vereinen ab

BC Aichach - Der Verein stand in der Saison 2013/2014 vor dem Aufstieg in die Regionalliga. Aufgrund der finanziell schlechten Lage musste der Bayernligameister im Sommer 2014 die erste Mannschaft abmelden und stürzte in die Kreisliga ab.

Damaliger Hauptsponsor und Präsident des BC Aichach, Volker Weingartner, war Garant für den sportlichen Erfolg des Vereins. Dank seiner Finanzspritzen kamen hochkarätige Spieler nach Aichach und die Mannschaft entwickelte sich zu einem Bayernliga-Top-Team.

In einem Beitrag der WDR-Sendung "Sport inside" spricht der heute 46-Jährige über die aktuelle Situation im Amateurfussball und über sein Engagement bei ambitionierten Amateurvereinen in den vergangenen Jahren. "Gehobener Amateurfussball ist ganz ohne Geld nicht zu machen", ist sich Weingartner sicher und spricht ein Thema an, dass auch im Profifußball für Gesprächsstoff sorgt. Über die Methoden, möglichst raffiniert mit der Lage im Amateurbereich umzugehen, sagt Weingartner: "Tricksen, tricksen, tricksen. Tricksen wurde akzeptiert. Jeder wusste, dass getrickst wird."

Das Kapitel Aichach scheiterte aufgrund eines Projekts von Weingartners Firma. Probleme mit der Liquidität waren die Folge und der Gönner stellte die finanzielle Unterstützung beim BC Aichach ein - das Aus für den Verein. Ein Neuanfang in der Kreisliga war die Folge. Ein ähnliches Szenario steht aktuell dem Regionalligisten VfR Garching bevor.

Das Urteil im Fall des TSV Aindling im Sommer 2016 schreckte die Fußballabteilung aus Aichach auf. Der Klub tat Buße beim Finanzamt und schrammte knapp an der Pleite vorbei. Heute ist der einstige Bayernligameister zwar schuldenfrei, steckt aber mit einer Vielzahl von jungen Eigengewächsen im Abstiegskampf der Kreisliga. Vorsitzender des BC Aichach, Johannes Neumann, stellt klar: "Natürlich haben wir die Radikalwende vollzogen. Uns blieb aber auch nichts anderes übrig. Die Vereinskasse war leer, woher hätten wir denn Geld nehmen sollen?" Deshalb gab man kein Geld mehr für Spieler aus. Der Preis dafür ist Fußball in der Kreisliga.

Die Fußballer des TSV Aindling spielen heute in der Landesliga. Einst in der Bayernliga, lag der Jahresetat bei mehr als 250.000 €. Seit Ende 2011 gingen Steuerfahnder gegen den Verein vor. Im vergangen Sommer sprach ein Richter vor dem Landgericht Augsburg das Urteil. Vier Funktionäre wurde zu hohen Bewährungsstrafen verurteilt, weil sie Schwarzgeld an Spieler und Trainer bezahlt haben.

Kurios: Der Schatzmeister führte über all diese Summen Buch, was eine Razzia ans Licht brachte. Von gefälschten Fahrtkostenabrechnungen bis hin zu nicht versteuerten Zuschauer- und Sponsoreneinnahmen. Weingarntners Meinung dazu: "Aindling ist ja die Krönung der Blödheit." Die Spieler hätten durchaus sehr gut verdient. Einige sogar über 1.000 € im Monat. Im Hintergrund sei den Spielern gesagt worden, es werden dementsprechende Listen geschrieben, um eben alles weiß und sauber zu machen, erzählt Weingartner weiter.

Fakt ist, der TSV hat 1,3 Millionen Euro Steuern und Abgaben hinterzogen, musste eine Strafe in Höhe von einer halben Million zahlen und stand, genau wie der BC Aichach, knapp vor der Insolvenz.

Der dritte Verein im Umkreis von nur wenigen Autokilometern, der einen Rückschritt aus der Bayernliga machen musste, ist der FC Affing. Aufgrund des Urteils im Fall Aindling zahlte man auch hier freiwillig Steuern und Abgaben nach. Eine hohe fünfstellige Summe, welche bis heute abgestottert wird. Eine Strafe kam auf den Verein aber nicht zu. Robert Lindermeier, Vorsitzender des Vereins: "Das ist wie eine Todesspirale, weil man niemanden mehr bekommt, ohne dass man ihn mit Geld lockt. Insbesondere bei den ersten Mannschaften, wo man auf Erfolg ausgerichtet ist, muss man Spieler ködern."

Der FC hat sich darauf beschränkt, Spieler auf 450-Euro-Basis anzustellen. Lindermeier verrät jedoch: "Ich weiß definitiv, dass es noch Vereine gibt, die das nicht so machen, sondern Schwarzgeld bezahlen. Ich will niemanden anschwärzen, aber man hört das eben aus Spielerkreisen."

Im Amateurbereich wird es immer Spieler geben, die darauf aus sind, mit ihrem Hobby Geld zu verdienen. Die Spieler diktieren die Bedingungen wie in kaum einer anderen Sportart.


Das komplette Video aus der WDR-Mediathek ist hier zu sehen: http://www1.wdr.de/mediathek/video/sendungen/sport-inside/video-netto-amateure-100.html

Aufrufe: 025.4.2017, 11:38 Uhr
Manuel Kraus - Fussball VorortAutor