2024-05-10T08:19:16.237Z

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Betont, wie wichtig eine anständige Versicherung für Spieler ist: Regionalliga-Rekordspieler Aleks Petrovic.
Betont, wie wichtig eine anständige Versicherung für Spieler ist: Regionalliga-Rekordspieler Aleks Petrovic. – Foto: Imago/Lackovic

Gefährliches Spiel: DFB-Plan torpediert Regionalliga-Notwendigkeit - Spieler reagieren schockiert

Stimmen zum umstrittenen Plan

Der DFB will seinen Vereinen Gebühren sparen. Aber arbeitet dabei offenbar an den Sportlern vorbei. Regionalligisten trifft das hart. Spieler und Funktionäre toben.

München - Was passiert, wenn ich mich beim Sport verletze? Werde ich schnell behandelt? Wer unterstützt mich, wenn ich nicht mehr arbeiten kann? Wichtige Fragen für jeden aktiven Sportler, jede aktive Sportlerin. Von elementarer Bedeutung sind die Antworten für jeden, der sein Geld im Sport verdient.

Versicherungs-Fiasko für Regionalliga-Spieler? DFB-Plan gefährdet Schutz im hochklassigen Amateurfußball

Gut die Hälfte aller bezahlten Sportler und Sportlerinnen in Deutschland sollen nun aus ihrer Versicherung fliegen. Der Deutsche Fußballbund treibt eine Änderung der Unfallversicherung voran. Und riskiert damit ein gefährliches Spiel im hochklassigen Amateurfußball. Der Verband denkt ans Geld, Spieler und Vereine bangen um ihren Schutz.

Wer unter 20.000 Euro im Jahr fürs Fußballspielen verdient, braucht keine besonders gute Versicherung, so die Haltung des DFB. „Geringverdiener“ sollen deshalb raus aus der Berufsgenossenschaft (BG). Und damit auch raus aus der beruflichen Versicherung. Der Verband setzt sich dafür ein, die Gehaltsschwelle von bislang 3.000 Euro Jahresgehalt deutlich anzuheben. Auf 20.000 Euro im Jahr kommen in der vierten und fünften Liga allerdings die wenigsten Spieler. Ist ihre Gesundheit weniger wert? Betroffene aus der Regionalliga Bayern reagieren mit einem Aufschrei.

Regionalliga ohne BG-Versicherung: „Absoluter Schwachsinn“ - Petrovic betont Bedeutung für Spieler

„Das ist absoluter Schwachsinn“, tobt Buchbachs Aleks Petrovic. Der Regionalliga-Rekordspieler (277 Einsätze) betont, wie wichtig die BG-Versicherung für die Aktiven ist. Das scheinbar trockene Thema fliegt in Spielerkreisen alles andere als unter dem Radar. Für die meisten Spieler ist die Versicherung mit die wichtigste Stelle im Vertrag: „Jemand, der halbwegs Grips im Kopf hat, kümmert sich um seine Versorgung. Und sagt: Ohne BG geht es nicht.“

Die BG-Versicherung garantiert im Fall der Fälle Lohnfortzahlung und eine umfangreiche Behandlung. Wer sie nicht hat, bekommt nach einem Sportunfall die normale Kassenbehandlung. Jeder Amateur, der sich schon einmal verletzt hat, weiß, was das bedeutet: Mitunter drei Monate Warten auf eine MRT-Untersuchung. Kaum Rezepte für Physiotherapie. Für Regionalligaspieler sicherlich keine Alternative.

„Wir hatten leider schon einige schwer Verletzte“, berichtet Petrovic, „und jeder ist heilfroh, wenn er eine BG-Versicherung hat.“ „Das ist ein Vorteil, den wir da aktuell haben“, sagt Heimstettens Daniel Steimel, „bei schweren Verletzungen ist es schon sehr wichtig.“

DFB will billige Versicherung ermöglichen: Regionalliga-Funktionäre reagieren empört

Bezahlt wird die Versicherung vom Verein. Die Klubs könnten sich viel Geld sparen, wenn ihre Spieler nicht mehr in die BG kommen. Sie würden dann in günstigen Gruppenversicherungen laufen. Das ist der Antrieb des DFB.

„Absoluter Bullshit“, schimpft Heimstettens Fußball-Abteilungsleiter Michael Matejka darüber. „So hilft man den Vereinen nicht. Das ist der falsche Ansatz“, gibt er zu Bedenken. Günstige Gruppenversicherungen? „Was soll denn da für eine Leistung kommen?“, fragt Matejka. „Das Ziel muss ja sein, dass ein guter Versicherungsschutz für die Spieler da ist und dass der bezahlbar ist.“

„Für die Spieler wäre es absolut schade und auch für mich nicht die optimale Lösung“, sagt Matejka: „Wenn ich im Verein Fußball spielen will, muss ich mich um meine Spieler kümmern.“ Sollte die Änderung tatsächlich kommen, rechnet er auch nicht mit der vom DFB erhofften Ersparnis. Die falle dann wieder weg, weil der Verein dann die Versorgung seiner Spieler selbst gewährleisten müsse.

„Da schadet der DFB mehr, als dass er hilft“: 1860 Rosenheim schimpft über Alleingang des Verbands

Beim TSV 1860 Rosenheim sehen das die Verantwortlichen ähnlich. „Die vierte Liga ist für mich semi-professionell“, sagt der sportliche Leiter Hansjörg Kroneck, „da müssen Spieler für mich BG-versichert sein. Ihre Gesundheit ist ja ihr Kapital.“ „Ich finde es wichtig, dass die Jungs anständig versichert sind“, betont er, „das ist auch immer die erste Frage von den Beratern: Ist der Spieler bei euch BG-versichert.“

„Da schadet der DFB mehr, als dass er hilft“, ärgert sich Rosenheims Abteilungsleiter Alexander Neiser. Spieler ohne gute Versicherung? „Das wäre nicht möglich. Für einen Verein, der auf seine Spieler achtet, ist das selbstverständlich.“ Darüber, dass hohe Sportfunktionäre und große Profiklubs - unter anderem der FC Bayern - daran arbeiten sollen, Geringverdiener aus der Genosschenschaftsversicherung zu drängen, kann Neiser nur den Kopf schütteln: „Die wissen gar nicht, wie es ist, wenn man eine Rechnung von 500 Euro nicht bezahlen kann.“

Wenn die BG-Versicherung wegfallen sollte, „dann muss jeder schauen, wo er bleibt“, befürchtet Pipinsrieds Tarik Sarisakal. Private Versicherungen abzuschließen, könne sich wohl kaum ein Verein leisten. Der Verband betont, bei der Thematik im ständigen Austausch mit Vereinen aus der vierten und fünften Liga zu stehen. Vom tatsächlichen Plan des DFB hat vor unserem Anruf keiner der Vereinsverantwortlichen etwas mitbekommen.

„Als Amateurfußballer bist du die ärmste Sau“: Sportler ohne Versicherung stehen ziemlich alleine da

Schon an den Gebühren für die Genossenschaftsversicherung scheitert es im Amateurfußball oft. Vereine tricksen immer wieder, um an den Sozialabgaben vorbei zu kommen. Setzt sich der DFB durch, ist die Versicherungspflicht weg. Dann haben die allermeisten Spieler keine Ansprüche mehr. Spielen mit erhöhtem Risiko? Für verantwortungsbewusste Vereine offenbar keine Alternative. Unterhalb der vierten Liga aber heute schon gang und gäbe. „Als Amateurfußballer bis du die ärmste Sau“, sagt uns ein Bayernligaspieler. In seinem Vertrag wurde getrickst. Jetzt hat er sich schwer verletzt und steht ohne anständige Versicherung da. (moe)

Aufrufe: 01.2.2022, 12:25 Uhr
Moritz BletzingerAutor