2024-05-02T16:12:49.858Z

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Kabinengespräch: "Der Schiedsrichter ist die ärmste Sau!"

Philipp Knappmeyer, Max Wegner und Michael Meier diskutieren unter anderem über den Umgang mit den Unparteiischen.

Pünktlich zum Start des Amateurfußballs und der Bundesliga präsentiert FuPa Ostwestfalen eine weitere Ausgabe von „Kabinengespräch – die dritte Halbzeit“. Dieses Mal diskutieren Philipp „Lippi“ Knappmeyer, Mitorganisatoren der Lesebühne Lübbecke, und Michael Meier mit Max Wegner. Max ist selbst auch Vorstandsmitglied im Jugendförderverein des FC Lübbecke und außerdem ein waschechter Lübbecker, der den Sprung in die 2. Bundesliga geschafft hat, jetzt bei Fortuna Düsseldorf in der Regionalliga kickt und nie den Bezug zu seiner Heimatstadt verloren hat.

Knappmeyer: Welche Rolle und welchen Wert hat bei diesem großen Produkt Fußball noch die Basis? Es wird dort total wertvolle Arbeit geleistet. Dennoch suchen fast alle Vereine ehrenamtliche Unterstützung und haben häufig Nachwuchssorgen. Erfolgreiche Vereinsarbeit basiert doch auf den Schultern Vieler. Und braucht strukturelle Unterstützung. Da stellt sich schon die Frage, wie viel echte Unterstützung existiert. Das Verbandspolitische liegt den Vereinen dabei sicherlich nicht zu Füßen. Ich habe dabei insgesamt manchmal den Eindruck, die Vereine sind ein gerne genommenes „Anhängsel“, das im optimalen Fall noch Talente produziert.

Meier: Es werden auch vom Verband oder DFB immer viele Dinge gelobt, die in den Amateurvereine passieren. Aber es gibt im Umkehrschluss dann total kontraproduktive Förderprogramme – viel Gieskanne und viele hemmende Entscheidungen. Außerdem vergrößern wachsende Abgaben und mehr Bürokratie die Probleme für Vereine. Ich fände es mehr als gut, wenn gerade die Bundesligavereine, die enorm viel Geld einnehmen, mehr finanzielle Unterstützung an die Basis abgeben. Und nicht umgekehrt. Zum Thema Ehrenamt kann ich Dir komplett zustimmen. Es gibt immer weniger Menschen, die sich hier betätigen wollen. Immer mehr wollen keine Verbindlichkeiten eingehen. Und die, die was machen möchten, können es berufsbedingt nicht. Wer kann heutzutage schon regelmäßig, zwei Mal die Woche um 16.30 Uhr auf dem Platz stehen, um eine Jugendmannschaft zu trainieren?

Wegner: Ehrenamtler gibt es tatsächlich immer weniger, was zum einen sicher daran liegt, dass viele nichts umsonst machen wollen und zum anderen, dass die Identifikation mit den Vereinen nicht mehr so stark ist, wie sie vielleicht einmal war. Immer mehr Jugendmannschaften werden zusammengeführt, was daran liegt, dass immer weniger Kinder Fußball spielen. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass es auch immer weniger Eltern gibt, die sich mit dem Verein identifizieren und gerne ein Ehrenamt übernehmen wollen. Zu meiner Zeit waren es oft die Väter der Kinder, die ehrenamtliche Tätigkeiten übernommen haben. Was passiert eigentlich nach der A-Jugend, wenn diese aus der Zusammenstellung von vier Vereinen besteht. Für welchen Verein spielen die Spieler dann? In der, in der sie sich heimisch fühlen oder in der, wo es ein kleines Taschengeld gibt. Ich denke die Antwort ist zu 85% klar. Das bedeutet für die Zukunft der Vereine, dass nur die Vereine mit Geld überleben werden, Mannschaften stellen können und somit am Ende Identifikation aber weder gewachsen noch „echt“ ist.

Knappmeyer: Bei diesem komplexen Thema Ehrenamt kommen wir ja auch schnell zu den Schiedsrichtern. In fast allen Fußballkreisen mangelt es ja an Schiedsrichtern. Hier haben wir bei der „Fußballkulturellen Lesebühne“ mit Christoph Schröder einen total interessanten Gast, der die Arbeit der Unparteiischen in den Mittelpunkt stellt. Er ist selbst Amateur-Schiedsrichter und wird einige Anekdoten erzählen. Außerdem stellt er die interessante Frage, warum Leute freiwillig den Posten der „Hau-drauf-Person“ übernehmen? Auch ich habe als Spieler ja immer mal wieder mit den Schiedsrichter diskutiert. Eigentlich über das Maß hinaus. Daher finde ich es übrigens auch richtig, dass unser Fußballkreis sich für die Stärkung des Schiedsrichterwesens einsetzt. Nur bitte keine Alibi-Kampagne.

Meier: Gerade im Amateurfußball ist der Schiedsrichter, sorry, die ärmste Sau auf dem Platz. Er wird wegen jeder Entscheidung kritisiert und das teilweise nicht nur verbal. Wer will diesen Job dann noch machen? Auch in der Bundesliga wird oft mehr über den Mann in schwarz gesprochen als über das Spiel allgemein. Wenn ein Schiedsrichter eine hervorragende Spielleitung hatte, gibt es dafür aber oft nur eine nette Randnotiz. Schießt ein Marco Reus drei Tore, ist es eine große Titelstory wert. Im Amateurfußball muss man sich immer darüber bewusst sein, dass auch der Schiedsrichter das nur als Hobby macht. Und er steht auf dem Platz alleine da, ohne Unterstützung von außen. Dennoch gibt es auch Schiedsrichter, die teilweise ihre „Macht“ missbrauchen. Auch wenn es im Namen vorkommt. Der Schiedsrichter ist mit der Spielleitung beauftragt und ist kein Richter.

Wegner: Ich gebe dir da vollkommen Recht. Der Schiedsrichter ist wirklich die ärmste Sau und muss sich schon wirklich viel anhören, gerade im Profibereich. Ich erinnere mich an eine Geschichte, wo ein Mitspieler den Schiedsrichter auf sein vermeintlich schlechtes Pfeifen hinwies und der nur entgegenbrachte: „Ich kann nichts dafür, dass du heute so schlecht spielst, also lass deinen Unmut nicht an mir aus“! Die Reaktion fand ich ziemlich cool und sehr schlagfertig.

Knappmeyer: Ich habe unter anderem zusammen mit Daniel Siebert studiert. Der hat letztes Jahr das Pokal-Halbfinale zwischen Werder und Bayern geleitet und letzte Woche den Super-Cup. Da gab es viele Berichterstattungen im Nachhinein – ihr erinnert euch. Schon zu Studienzeiten war es immer spannend, was er so montags in der Uni alles vom Wochenende erzählte. Wir konnten uns das seinerzeit gar nicht vorstellen, was sich in den Profispielen die Beteiligten beidseitig so alles an die Köpfe werfen. Ein besseres Miteinander hätte ich da eigentlich erwartet.

Wegner: Ja, denkste – ist aber nicht so. Es gibt natürlich auch Schiedsrichter, die Beleidigungen und Kritik einfach schlucken, dann aber, zumindest gefühlt, gegen die Mannschaft pfeifen. Auch erlebt habe ich in einem Spiel, dass der Schiedsrichter auf eine Beleidigung mit „halten Sie die Fresse und verpissen Sie sich“ reagiert hat. Auch ne Möglichkeit, aber sicherlich nicht die Richtige. Zum Abschluss muss ich jedoch sagen, dass es an den meisten Schiedsrichtern nichts auszusetzen ist und ihren Job einfach richtig gut machen!

Aufrufe: 014.8.2019, 15:30 Uhr
Michael MeierAutor