2024-05-08T14:46:11.570Z

Allgemeines
Wer ab der Saison 2023/24 weiter sporttotal.tv nutzen möchte, muss deutlich tiefer in die Tasche greifen.
Wer ab der Saison 2023/24 weiter sporttotal.tv nutzen möchte, muss deutlich tiefer in die Tasche greifen. – Foto: Imago Images

Preisexplosion bei sporttotal.tv: Das sagen Vereine & Sporttotal dazu

Ab der kommenden Saison 2023/24 steigen die Kosten für die Vereine, die den Streamingdienst nutzen wollen, von 118,80 Euro auf 838,80 Euro +++ Kölner Unternehmen bezieht ausführlich Stellung

Es sollte nicht weniger als eine Revolution sein: 2017 verkündete der DFB die Zusammenarbeit mit dem Kölner Medienunternehmen "sporttotal.tv". Dank eines Kamerasystems war es nun möglich, Spiele aus dem Amateurbereich live im Internet zu verfolgen. Bisher hielten sich die Kosten für die Vereine, die dieses Kamerasystem genutzt haben, in Grenzen. Der Streaminganbieter verlangte für seine Dienste 118,80 pro Saison. Ab der kommenden Spielzeit 2023/24 kommt aber nun eine satte Preiserhöhung auf die Klubs zu! 838,80 Euro werden ab Sommer für diejenigen fällig, die "sporttotal.tv" weiter nutzen wollen. Eine Kostenexplosion um sage und schreibe 700 Prozent. Der Grund: "sporttotal.tv" setzt auf ein modernes Kamerasystem und rechtfertigt damit die Preiserhöhung. Sporttotal Geschäftsführer Peter Lauterbach wandte sich in einem Brief an die Vereine und schreibt: "Um Sporttotal zu einem noch hochwertigerem Angebot für die Fußballvereine in Deutschland ausbauen zu können, haben wir unsere Strategie überarbeitet und werden die Berichterstattung zukünftig im Rahmen einer Technologiepartnerschaft mit der Deutschen Telekom auf ein neues Level heben." Was sagen Vereine in Niederbayern dazu? Wir haben uns mal umgehört:

Richard Maierhofer (Sportlicher Leiter SpVgg Hankofen-Hailing)
"Ja, wir werden den Vertrag mit sporttotal.tv verlängern, obwohl die Preise deutlich steigen. Man muss aber auch sagen, dass es vorher auch sehr günstig war. Die Qualität soll dafür ja auch deutlich gesteigert werden."


Michael Sonndorfer (stellvertretender Vorsitzender SV Schalding-Heining)
"Ehrlich gesagt war das bei uns noch kein großes Thema. Wir haben die Thematik auf einer Tagung vorgestellt bekommen. Jetzt werden wir in den kommenden Wochen vereinsintern entscheiden, was wir machen werden. Kann sein, dass wir es weiter nutzen. Kann aber auch sein, dass wir es einstellen."


Franz Schmid (Sportlicher Leiter SV Schöfweg)
"Die Idee dahinter ist vielleicht nicht schlecht, wobei ich kein großer Freund davon bin. Es verleitet meiner Meinung nach doch eher dazu, dem Fußballplatz fern zu bleiben. Das kann eigentlich nicht im Sinne der Vereine sein. Für die bisherigen Kosten war es in Ordnung, wobei es fast nie richtig funktioniert hat. Wenn jetzt aber die Kosten auf über 800 Euro steigen, werden wir das Ganze einstellen, das ist im Moment der Konsens im Verein. Dieses Geld stecken wir lieber in die Jugendarbeit."


Alois Wittenzellner (Sportlicher Leiter SpVgg Ruhmannsfelden)
"Wir wissen über die Preiserhöhung Bescheid und werden diesbezüglich in der nächsten Ausschusssitzung darüber beraten, wie wir weiter vorgehen werden. Meine persönliche Meinung dazu ist: Zu diesem Preis ist das für unseren Verein nicht mehr machbar, weil Aufwand und Ertrag in keinem Verhältnis stehen. Klar kann man als Trainer oder Sportlicher Leiter die Kamera mal nutzen, um bestimmte Dinge noch einmal anzusehen, das ist wirklich gut. Aber nicht zu diesem Preis! Man muss halt auch bedenken: Der ein oder andere potentielle Zuschauer macht es sich dann eher leicht. Ist das Wetter beispielsweise mal nicht so gut, kann man das Spiel ja schließlich auch bequem von der Couch aus ansehen."

Adam Zahn (Abteilungsleiter FC Teisbach)
"Wir haben den Vertrag um zwei Jahre verlängert und schauen uns das Ganze jetzt einfach mal an. In Absprache mit den Trainern haben wir uns dazu entschieden, weil für uns der Nutzen bezüglich Spielanalyse usw. überwiegt. Die Qualität soll demzufolge auch deutlich besser werden."


Sporttotal-Mediendirektor Jonas Prigge äußert sich ausführlich.


Und wie geht sporttotal.tv mit der heiklen Causa um? Im Gespräch mit FuPa-Redakteur Mathias Willmerdinger hat Sporttotal-Mediendirektor Jonas Prigge die Dinge aus Sicht des Unternehmens dargelegt. In einem jüngst in der "Frankenpost" veröffentlichtem Interview geht Prigge ebenfalls auf die Thematik ein.


Den enormen Preisanstieg erklärt er wie folgt:
"Wir haben in den letzten sieben Jahren etwa 70 Millionen Euro in die Digitalisierung des Amateur- und Breitensports investiert. Daher rühren auch unsere Verluste in der jüngsten Vergangenheit, die wir sehenden Auges in Kauf genommen haben. Alle anderen Unternehmensbereiche sind kerngesund. Die Investitionen waren und sind eine riesige Infrastrukturmaßnahme, um überall die Voraussetzung zum Streamen zu schaffen. Das haben wir bis jetzt zusammen mit unseren Investoren massiv subventioniert. Unser Ansatz war und ist immer noch, den Vereinen dabei zu helfen, mit der Digitalisierung selbst Geld zu verdienen. Wir haben außerdem zusammen mit unserem neuen Partner Deutsche Telekom extrem viel in neue Hardware und Software investiert. Wir bringen die Kameras zu den Vereinen, installieren alles, zahlen alle Kosten für die Internetleitung und die Cloud. Und dafür stellt unser Partner Telekom die wirklich niedrige Summe von knapp 70 Euro pro Monat in Rechnung. Das ist ein Bruchteil dessen, was wir an Kosten haben und immer noch viel günstiger, als alles, was es sonst auf dem Markt gibt. Und die Vereine können damit Geld verdienen."


Wie können Vereine die Kosten wieder reinholen?
"Sponsoren können zum Beispiel in die Übertragungen der Spiele oder auf der Seite des Vereins auf der Sporttotal-Plattform eingebunden werden. Das ist in wenigen Schritten für den Verein oder für den Sponsor selbst möglich. Unser Team berät und unterstützt und ist dabei 365 Tage im Jahr für die Vereine da. So kann das Engagement eines einzigen Vereinssponsors im digitalen Bereich schon für eine deutliche Überdeckung des monatlichen Beitrags sorgen. Damit wäre die Refinanzierung aus Vereinssicht nicht nur gesichert, sondern es würde sogar eine zusätzliche Einnahmequelle für den Verein geschaffen. Hinzu kommt, dass jeder Partnerverein die Möglichkeit hat, mit dem eigenen Material zu arbeiten. Unter anderem besteht die Möglichkeit, eigene Highlights und Szenen zu schneiden, diese über Vereinskanäle wie Social Media zu veröffentlichen und damit die Attraktivität und Reichweite des Vereins steigern."

Ob er die Kritik der Vereine an den gestiegenen Preisen verstehen kann:
"Um ehrlich zu sein: Nein! Natürlich kann man es sich einfach machen und sagen: Es ist ja viel zu teuer. Aber wenn man es mit einem Handyvertrag vergleicht, ersetzt die Kamera einfach das Handy. Und das für echt teure Technologie. Und zum Glück ist es mitnichten so, dass sich alle nur beschweren. In Form von direkten Vereinsrückmeldungen aus Bayern und ganz Deutschland wissen wir, dass ein Großteil der Vereine in den Punkten digitaler Auftritt, digitaler Spielanalyse und Erweiterung des eigenen Werbeinventars die Chancen erkennen."

Aufrufe: 025.1.2023, 12:30 Uhr
Mathias WillmerdingerAutor