2024-05-02T16:12:49.858Z

Allgemeines
Oliver Moser hat lange Jahre in der Nachwuchsarbeit des Fußballbezirks, beim FV Geisenheim und beim SV Johannisberg gewirkt.
Oliver Moser hat lange Jahre in der Nachwuchsarbeit des Fußballbezirks, beim FV Geisenheim und beim SV Johannisberg gewirkt. – Foto: Archiv, stock.adobe - Bearbeitung: VRM

On tour mit Bruce Springsteen und dem HSV

Seine amateurfußballfreie Zeit widmet der Rheingauer "Legenden"-Coach an vielen Wochenenden Besuchen bei Konzerten seines Lieblingsmusikers und Lieblingsvereins

Rheingau. Oli Moser ist keiner, der mit seinen Gedanken hinter dem Berg hält. Um einen markigen Spruch oder ein ehrliches Wort war der vor kurzem 57 Jahre gewordene Trainer nie verlegen. "Ich bin vom alten Schlag: Direkt, knallhart, aber fair. Mein Leitsatz war: Fleiß schlägt Talent. Und Disziplin ist der Nährboden für Erfolg", sagt Moser in Anlehnung an sein Trainer-Vorbild Horst Hülß. Sein Credo: Dem Erfolg des Kollektivs muss der Einzelne seine Ansprüche unterordnen. Mosers Charakter hat ihn bei vielen seinen Spielern beliebt gemacht, die er bei seinen Aktiven- und Jugendtrainer-Stationen im Rheingau unter seinen Fittichen hatte – und sogar zu einer "Kreisliga-Legende", die vor etwas mehr als zwei Wochen eine Auswahl von bekannten Kickern der Region für den guten Zweck coachen durfte. Hat Moser nun möglicherweise nochmal Lunte gerochen, um wieder als Aktiventrainer einzusteigen?

"Wieder an der Seitenlinie zu stehen, kann ich mir ganz und gar nicht vorstellen", blockt Moser allerdings ab. Erst nicht mehr in den unteren Klassen. "Alles bis zur Kreisoberliga ist heutzutage weitestgehend betreutes Bolzen", sagt Moser.

Schon 93 Konzerte erlebt

Sein Wochenendprogramm füllt er nun nicht mehr wöchentlich mit Spielen als aktiver Coach. Sondern nach seinem ganz persönlichen Gusto. Zum Beispiel als regelmäßiger Gast bei Konzerten von Bruce Springsteen. 93 Konzerte seines Lieblingsrockers hat Moser live erlebt, das erste davon 1985. Nach sechsjähriger Tourpause kommen in diesem Jahr Konzertbesuche in Göteborg, Kopenhagen, Monza und in seinem Wohnzimmer Hamburg dazu.

Denn vielleicht sind die Konzerte im Sommer auch eine gute Möglichkeit, um Moser von seiner zweiten Leidenschaft ein wenig abzulenken – dem HSV. Der Nord-Klub ist Mosers Lieblingsverein, seit er 1972 bei einem Besuch des HSV in Teheran, bei dem Moser Uwe Seeler kennenlernte - aufgrund der beruflichen Tätigkeit seines Vaters hatte Moser mehrere Jahre seiner Kindheit im Iran verbracht. Dazu verbrachte er seine Jugend, nach seiner Rückkehr in den Rheingau an der Seite von Christopher Hönig, Sohn der aus dem Rheingau stammenden HSV-Legende Bubi Hönig. Mosers HSV droht, trotz dem gewonnenen Derby gegen St. Pauli (bei dem Moser im Volksparkstadion weilte) mal wieder den Aufstieg in die Bundesliga in den Sand zu setzen. "Wir leiden mal wieder wie die Hunde", merkt Moser an.

Rückzug von Geisenheim "tut im Herzen weh"

Apropos Leiden: Das beschreibt auch die Gefühlslage, die Moser bei der jüngsten Entwicklung seines Ex-Klubs, des FV Geisenheim durchmacht. Von 1997 bis 2000, 2012 bis 2013 und von 2015 bis 2017 hatte er die Nullachter in der A-Jugend und bei den Aktiven betreut. Im März 2016 sprang er als Aktiventrainer und sportlicher Leiter ein, hielt unter dem Einsatz mehrerer A-Jugendlicher den abstiegbedrohten FV in der A-Liga. Mit Jonas Feldhaus und Dorian Haas als spielende Co-Trainer gelang in der Folgesaison der Pokalsieg und der Aufstieg in die Kreisoberliga wieder.

Aus der Kreisoberliga musste der der FV in dieser Runde nach nur einem Spiel wieder zurückziehen. "Das tut mir im Herzen weh", sagt Moser.

Mission Aufstieg geglückt: Mit dem FV Geisenheim stieg Moser (rechts,stehend) in der Relegation in die Kreisoberliga auf – ein Jahr später wurde das Team unter Spielertrainer Jonas Feldhaus Pokalsieger.
Mission Aufstieg geglückt: Mit dem FV Geisenheim stieg Moser (rechts,stehend) in der Relegation in die Kreisoberliga auf – ein Jahr später wurde das Team unter Spielertrainer Jonas Feldhaus Pokalsieger. – Foto: Archiv

Von Geisenheim ein wenig die Weinberge hinauf liegt beim SV Johannisberg die fußballerische Heimat von Moser. Rechnet man all seine Stationen als Jugend- und Aktiventrainer sowie zuletzt als sportlicher Leiter zusammen, so hat Moser beim SVJ 21 Jahre gewirkt. Dabei rettete er die Johannisberger mehrmals vor dem Abstieg und ihm gelang als Coach zweimal auch der Sprung in die heutige Kreisoberliga.

Rückzug aus Johannisberg

Mit dem Verein hat er jedoch seit seinem Rückzug als sportlicher Leiter 2021 nach eigener Aussage "abgeschlossen", Auslöser sei eine Meuterei von Teilen der Mannschaft gegen die Entscheidung des Vorstands gewesen, eigentlich keine Dritte Mannschaft einzuführen. Damit einher sei auch der Rücktritt vom geschäftsführenden Vorstand um Philip Joly und Jan Schulze gewesen. "Mein Verständnis von Demokratie ist ein anderes. Seitdem habe ich mich aus Loyalität den beiden gegenüber nicht mehr engagiert. Diesen beiden hat der SV sein Aufblühen der letzten Jahre zu verdanken."

Gemeinsam mit René Keutmann betreute Moser (links, grauer Trainingsanzug) die Rheingauer "Kreisligalegenden"-Auswahl bei einem Benefizspiel. Daneben Amane Habte Kidane, den Moser als talentiertesten Spieler bezeichnet, den er je unter seinen Fittichen hatte.
Gemeinsam mit René Keutmann betreute Moser (links, grauer Trainingsanzug) die Rheingauer "Kreisligalegenden"-Auswahl bei einem Benefizspiel. Daneben Amane Habte Kidane, den Moser als talentiertesten Spieler bezeichnet, den er je unter seinen Fittichen hatte. – Foto: Paul Müller

Fast schon nüchtern fällt der Rückblick über seine Johannisberger Zeit, mehr als ein Drittel seines Lebens war er im Verein tätig, aus: "Ich bin froh, einen Teil dazu beigetragen zu haben, dass der SVJ schöne Jahre im Fußball verbracht hat". Zweimal im Jahr trifft sich Moser, der als selbständiger Finanzberater arbeitet, weiter mit diversen Johannisberger Spezis aus alten Zeiten zu Fahrten nach Köln, wie Philip Joly, Martin Freimuth, Michael Kreis, Uli Schneider, Stephan Kufs oder Franz-Martin Mugrauer. Inklusive des Besuchs der Kneipe von Ex-Spieler und Trainerkollege Hennes Schulz.

Beim Ex-Klub Walluf heuert nun Sohn Nico an

Am interessiertesten verfolgt der A-Lizenz-Inhaber, der mit Werner Orf regelmäßig seit 30 Jahren die Fortbildungsveranstaltungen des Bunds deutscher Fußballlehrer besucht, derzeit die Entwicklung seines Ex-Klubs SG Walluf. Als Co-Trainer des legendären Horst Hülß gelang Moser bereits 1997 der Aufstieg in die heutige Verbandsliga. Dazu wird sein Sohn Nico, der in jungen Jahren ebenfalls reichlich Trainererfahrung in Eltville und Bierstadt gesammelt hat, ab Sommer bei der Wallufer Zweiten anheuern. Ein Grund mehr für Oli Moser, des Öfteren mal am Johannisfeld vorbeizuschauen. Wobei sich der Papa hüten wird, dem Sohnemann bei seiner Arbeit reinzureden. "Mein Sohn geht seinen eigenen Weg. Ich finde es gut, dass er nach Walluf geht. Das ist trotz der Verbandsliga ein familiär geführter Verein mit hervorragendem Umfeld. Timo Sieben, Daniel Dillitz und Nils Balder machen eine tolle Arbeit", lobt Moser das derzeit verantwortliche Trainerteam.

Lange Jahre Trainer der Bezirksauswahl-Teams

Neben seiner Tätigkeit bei den Aktiven war Moser vor allem im Nachwuchsbereich tätig. Beim HFV vertrat er mit einem Kollegen für drei Monate den Verbandssportlehrer, kümmerte sich am am Standort Grünberg und im Bezirk Wiesbaden um die Aus- und Weiterbildung von Jugendtrainern. Dazu trainierte er von 1994 bis 2002 die Auswahlmannschaften des Fußballbezirks Wiesbaden der Mädchen (U 11 bis U 15) und Jungs (U13 bis U17), bezwang bei einem Hallenturnier damals sogar den großen FC Bayern. Überhaupt sind viele der Tätigkeiten für Geisenheim und Johannisberg als Feuerwehrmann der Aktivenmannschaften zustande gekommen, als Moser zuvor die Junioren betreut hatte. Dementsprechend könnte sich Moser künftig noch eher eine Rolle vorstellen, die koordinativ im Jugendbereich angedockt ist. So, wie es Jürgen Menger derzeit bei der SG Orlen innehat.

Und sollte das nicht zustandekommen, wird Moser künftig sicher auch nicht langweilig. Bruce Springsteen wird hoffentlich noch ein paar Jahre auf Tour gehen. Und in der kommenden Saison kann sich Moser seinen HSV vielleicht sogar live in der Wiesbadener Brita-Arena ansehen.

Zur Serie: In dieser Reihe porträtieren wir in unregelmäßigen Abständen bekannte Trainer aus der Region, die aktuell nicht mehr an der Seitenlinie stehen. Ihr habt Vorschläge für einen Protagonisten, der Teil der Serie werden soll? Dann mailt uns an fupa@vrm.de!

Bisher erschienen:

Aufrufe: 026.4.2023, 05:00 Uhr
Philipp DurilloAutor