2024-05-10T08:19:16.237Z

Kommentar
Wird Hesperingen zum Nimbus der BGL Ligue?
Wird Hesperingen zum Nimbus der BGL Ligue? – Foto: Christian Pirsch

Das liebe Geld

Die Meisterschaft ist abgehakt. Auf den ersten drei Plätzen finden sich die mit Abstand stärksten Mannschaften. Das Geld droht kommende Saison mehr noch als bislang zu einer Verschärfung der Mehr-Klassen-Gesellschaft beizutragen.

Heute veröffentlicht FuPa Luxemburg die fünfte monatliche Kolumne des ehemaligen Sportjournalisten Laurent Schüssler. Mittlerweile in einem komplett anderen Bereich tätig, ist Schüssler trotz allem immer noch am Puls des luxemburgischen Fußballs. Zunächst bis Ende der laufenden Saison wird er Themen kommentieren, die den einheimischen Fußball bewegen.

Die Luxemburger Meisterschaft der Senioren endete am vergangenen Sonntag und Swift Hesperingen entthronte den F91 Düdelingen als nationalen Meister. Zwischen den beiden hat sich im Endklassement nur der FC Progrès Niederkorn auf Platz zwei drücken können. Alle drei Vereine haben eine außergewöhnliche Saison gespielt. Verschiedene Zahlenwerte belegen dies eindrucksvoll: Hesperingen hat nämlich 24 von 30 Begegnungen gewonnen und im Verlaufe der ganzen Saison nur ein Spiel verloren. Dadurch hat der FC Swift einen Durchschnittswert von 2,56 Punkten pro Spiel aufzuweisen. Niederkorn, das eine sehr starke Rückrunde spielte, kommt auf einen Wert von 2,33 Punkten pro Spiel und Düdelingen, das zuletzt leicht von der Rolle war, immerhin noch auf 2,23 Punkte.

Zum Vergleich: In den vier europäischen Topligen liegen die durchschnittlich pro Begegnung erspielten Punkte der Top 3 zwischen 2,41 und 1,95 (England), 2,39 und 1,83 (Italien), 2,36 und 2,03 (Spanien) beziehungsweise zwischen 2,12 und 1,91 (Deutschland). Ein anderer, rein auf Luxemburg bezogener Wert, bekräftigt die außergewöhnliche Leistung des neuen Titelträgers ebenfalls: Zwischen dem Landesmeister und dem Vierten Union Titus Petingen klafft eine Lücke von 18 Punkten. Das ist enorm! In Zahlen ausgedrückt: Hesperingen hat durchschnittlich pro Spiel 0,6 Punkte mehr gewonnen als Petingen (gegen das es übrigens die einzige Saisonniederlage gab).

Es sind zweifelsohne die drei stärksten Mannschaften, die zum Abschluss der Meisterschaft ganz oben in der Tabelle stehen. Im Hinblick auf die europäischen Wettbewerbe – und eventuelle Nächstrundenqualifikationen – sowie die europäische Fünf-Jahres-Wertung für Vereine der UEFA ist dies eine gute Nachricht, selbst wenn Düdelingen riskiert, auf dem europäischen Parkett nicht mehr mit der gleichen Durchschlagskraft antreten zu können, wie dies noch während der abgelaufenen Spielzeit in Luxemburg der Fall war. Aus finanziellen Gründen muss der F91 nämlich deutlich kleinere Brötchen backen. Genauso wie der hauptstädtische Racing. Wobei es hier Präsidentin Karine Reuter ist, die auf die Bremse tritt und die (voraussichtliche) Abkehr vom Profifußball auf Verlorenkost einläutet. Zählt man noch die Escher Jeunesse hinzu, die nach den zwei turbulenten Jahren unter griechischer Leitung in eine finanzielle Schieflage geraten ist, und deren Lokalkonkurrent Fola, bei der ebenfalls Schmalhans Küchenmeister ist, so sind dies gleich vier etablierte Vereine, die in Zukunft, zwischen sportlichen Erwartungen und pekuniären Zwängen gefangen, versuchen müssen, das Gleichgewicht zu finden.

Der Abstand zwischen der Spitze der BGL Ligue riskiert in der neuen Spielzeit noch größer zu werden und viele Insider gehen jetzt bereits davon aus, dass der Swift Hesperingen unantastbar sein wird. Zumindest so lange, wie Flavio Becca den Club unterstützt. Präsident Fernand Laroche hat vor rund 14 Tagen in einem Interview mit Radio 100,7 erklärt, dass sich das Vereinsbudget für kommende Saison auf 3,2 Millionen Euro erhöhen wird. Zum Vergleich: Ein Durchschnittsclub aus der BGL Ligue benötigt diese Summe für fünf bis sechs Jahre! Nun muss man diese Vorgehensweise nicht gut finden und darf sie auch kritisieren. Wer jedoch auf internationaler Ebene wieder eine Bravourleistung wie die beiden kürzlichen Europapokalkampagnen des F91 erleben will, der muss Geld in einen Verein reinpumpen. Und seien wir ehrlich, haben wir nicht alle mitgefiebert bei den Duellen der Düdelinger gegen AC Mailand oder den FC Sevilla? Ohne (sehr viel) Geld wäre das nicht möglich gewesen.

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Aufrufe: 027.5.2023, 11:30 Uhr
Laurent SchüsslerAutor