2024-05-10T08:19:16.237Z

Interview
Senkrechtstarter beim SV Schalding-Heining: Stefan Rockinger F: Weiderer
Senkrechtstarter beim SV Schalding-Heining: Stefan Rockinger F: Weiderer

Rockinger: »Habe es geschafft, weil ich es unbedingt wollte«

Jahresinterview SV Schalding-Heining - Teil 1: Mit Manager Markus Clemens, Trainer Stefan Köck und Vize-Kapitän Stefan Rockinger

Der SV Schalding-Heining hat bewegte Monate hinter sich. Sportlich läuft es bei den Kickern aus dem Passauer Westen wie am Schnürchen, doch außerhalb des Spielfelds gab es nicht nur Grund zur Freude. Im ersten Teil des FuPa-Jahresinterviews plaudern Manager Markus Clemens, Coach Stefan Köck und Führungsspieler Stefan Rockinger aus dem Nähkästchen.
FuPa: 33 Punkte, Tabellenplatz acht und vor allem komfortable elf Zähler Vorsprung zur Relegationszone. An eurer Halbjahresbilanz gibt es nicht viel zu meckern, oder?
Stefan Köck (33): Wir sind durchaus zufrieden, auch wenn es sicherlich der eine oder andere Punkt mehr sein hätte können. Ich denke aber, wir wären falsch dran, wenn wir uns über unsere Zwischenbilanz beschweren würden.



Ein paar Tage vor dem Saisonstart schockte das tragische Ableben von Edvin Hodzic nicht nur den SV Schalding-Heining, sondern auch die ganze Fußballszene. Kannst du dich noch erinnern, wie du diese mehr als traurige Nachricht aufgenommen hast und wie ihr diesen Tiefschlag als Mannschaft verkraftet habt?
Stefan Rockinger (30): Markus Clemens hat mich an dem Todestag von Edvin spätabends um 22 Uhr angerufen und mir die traurige Nachricht übermittelt. In meinem persönlichen Umfeld hatte ich bisher gottseidank relativ wenig mit Todesfällen zu tun, dann aber einen Mannschaftskameraden zu verlieren, ist schon sehr hart. Wir kannten Edvin zwar nur ein paar Wochen, die jedoch sehr intensiv waren. Er war immer gut drauf und für mich persönlich war das eine Situation, mit der ich mich sehr schwer getan habe. Wir haben uns kurz darauf mit der Mannschaft getroffen und über die Sache geredet. Es gab in der Gruppe unterschiedliche Reaktionen, jeder ist anders mit der Sache umgegangen. Ich war einer der Spieler, der Bedenken hatte, ob man so etwas überhaupt verkraften kann. Wir haben dann ein paar Tage Pause gemacht und uns dann zu einem freiwilligen Training getroffen. Als Mannschaft haben wir das relativ gut aufgefangen und uns dann Stück für Stück wieder auf den Fußball konzentrieren können. Rückblickend war es ein richtiger Schock, den man nicht erleben möchte. Die ersten zwei Tage wusste ich überhaupt nicht, wie ich mit der Situation umgehen soll.



Im ersten Punktspiel gegen Schweinfurt gab es dann mit dem Kreuzbandriss von Markus Gallmaier die nächste Hiobsbotschaft. Sind Mannschaft und Verein nach diesen schlimmen Dingen noch enger zusammengerückt? Die meisten Teams wären wohl zumindest sportlich nicht mehr auf die Beine gekommen….
Markus Clemens (44): Ich weiß nicht, ob wir noch näher zusammengerückt sind, weil wir ohnehin sehr nahe beieinander sind. Wir hatten zum Ende der Sommervorbereitung ein gutes Gefühl, hatten ein supertolles Trainingslager und es war zu spüren, dass wir eine echte Einheit sind. Trotz dieser brutalen Rückschläge haben wir zum Start gegen Schweinfurt kein schlechtes Spiel gemacht. Ein paar Tage darauf konnten wir in Fürth gewinnen und man hat gemerkt, dass wir wieder ein gutes Gefühl bekamen, dass wir mit in die nächsten Spiele nehmen konnten. Das war der Garant, dass wir eine richtig ordentliche Vorrunde spielten.





Taktisch agiert ihr sehr variabel, auch fußballerisch habt ihr in der laufenden Runden schon oft gute Kritiken bekommen. Gibt es spezielle Dinge, die dir in eurem Spiel und in der Entwicklung der Mannschaft besonders gut gefallen?
Köck: In Sachen taktischer Flexibilität haben wir uns gesteigert. Wir haben ein gewisses Grundsystem, in dem wir im Vergleich zur Vorsaison die Kompaktheit wesentlich verbessert haben, was sich an den Anzahl der Gegentoren bemerkbar gemacht hat. Wir haben aber auch kein Problem damit gehabt, wenn wir zum Beispiel wie es im letzten Spiel vor der Winterpause gegen Eichstätt der Fall war, auf ein 4-3-3 umstellten. Ich denke, es ist die Qualität einer Mannschaft, wenn man nicht auf ein System fixiert, zumal man sich heutzutage jedes Spiel auf Video anschauen kann und daher genau durchleuchtet wird. Wenn man mehr taktische Möglichkeiten hat, kann man den Gegner auch mal überraschen, was sich natürlich positiv auswirken kann.


Auswärts seid ihr immer noch ungeschlagen, was zweifelsohne eine beeindruckende Bilanz ist. Woran liegt es, dass es auf den gegnerischen Plätzen so gut läuft? Ihr habt ja sogar bei so ambitionierten Teams wie Schweinfurt und Burghausen gewinnen können….
Rockinger: Woran das liegt? Ich denke, wir tun uns auswärts leichter, weil sich jeder einzelne Spieler mehr fokussieren kann. Wir sind schon länger beisammen, die Busfahrt macht vielleicht etwas aus. Letzte Saison hat es immer geheißen, wir sind zu unruhig im Bus. Mittlerweile bereitet sich jeder top auf die Spiele vor. Wir haben vielleicht den Vorteil, dass der Gegner in der Regel den Druck hat, das Spiel machen zu müssen. Wir sind immer top eingestellt, wenn ich das Spiel in Schweinfurt als Beispiel nehme. Durch einen dummen Fehler sind wir schnell in Rückstand geraten, haben dann aber schnell gemerkt, dass wir mitspielen können und etwas geht. Ich glaube, dass wir in den Auswärtsspielen einfach einen Tick mehr fokussiert sind.

Köck: »Kritik ist grundsätzlich etwas Positives. Schlecht ist, wenn Kritik unberechtigt ist, wie es in der Vergangenheit das eine oder andere Mal der Fall war.«



Leidiges Thema Heimschwäche. Nervt dich das als Trainer, dass der SVS immer kritischer gesehen wird und gerade am Reuthinger Weg von deiner Truppe mehr erwartet wird?
Köck: Generell nervt mich das überhaupt nicht. Kritik ist grundsätzlich etwas Positives. Schlecht ist, wenn Kritik unberechtigt ist, wie es in der Vergangenheit das eine oder andere Mal der Fall war. Deshalb habe ich das auch mal bei einer Pressekonferenz angesprochen. Letztes Jahr im Winter hat es geheißen, bei uns gibt es nie ein Spektakel zu sehen. In der Vorrunde der Vorsaison fielen bei unseren Heimspielen die zweitmeisten Tore. Es hat sowohl vorne als auch hinten eingeschlagen, wenn das dann kein Spektakel ist.... Es kommt jeder Zuschauer aus einem anderem Grund auf den Fußballplatz. Es gibt Leute, denen gefällt es, ein taktisches Geplänkel zu sehen, die anderen messen ein Spiel an Toren, wieder andere wollen packende Zweikämpfe sehen. Jeder darf im Fußball seine eigene Meinung haben, deshalb nervt mich auch berechtigte Kritik nicht. Wir wollen daheim erfolgreich spielen, möglichst viele Punkte holen und den Leute etwas bieten, dass möglichst viele Zuschauer an den Reuthinger Weg kommen.



Sportlich läuft es richtig rund, das steht außer Frage. Der Zuschauerschnitt ist ordentlich, war aber schon besser. Ab und an ist leise Kritik zu hören, dass die Spieler aus der unmittelbaren Region immer weniger werden. Eine Regionalligamannschaft kann man nicht nur mit Akteuren aus einem Umkreis von 30, 40 Kilometern zusammenstellen, aber wie stehst du zu diesem Thema? Geht das SVS-Gen ein Stück weit verloren?
Clemens: Nein, das sehe ich nicht so, weil wir eine Mannschaft haben, die extrem homogen ist, sehr demütig an alle Aufgaben herangeht und sich zu 100 Prozent mit dem, was am Reuthinger Weg passiert, identifiziert. Dass die Zuschauer etwas weniger geworden sind, liegt in erster Linie daran, dass in dieser Saison das absolute Zugpferd abgeht, wie es in den Vorjahren beispielweise Jahn Regensburg und 1860 München waren. Wir haben aber immer noch einen tollen Schnitt und sind in der Zuschauertabelle im vorderen Drittel. Das ist nach wie vor ein Riesenausrufezeichen. Wir versuchen immer, Spieler aus der Region für den SV Schalding-Heining zu gewinnen. Aber wir spielen mittlerweile auf einem Niveau, wo man den Radius einfach etwas erweitern muss.

»Wir spielen mittlerweile auf einem Niveau, wo man den Radius einfach etwas erweitern muss. «



Du warst 27 Jahre alt, als du zum SV Schalding-Heining gekommen bist, warst vorher mit einer halbjährigen Ausnahme nur in der Kreisklasse und Kreisliga unterwegs. Hättest du dir erträumen lassen, dass es für dich persönlich so gut laufen wird in der Regionalliga?
Rockinger: Mein persönlicher Start war in Ordnung, ich hatte dann aber zum Ende meiner ersten Saison Zweifel. Der Trainer war mit meinen Leistungen nicht mehr zufrieden, ich ebenfalls nicht. Ich hatte kurzzeitig Bedenken, habe aber ein positives Feedback von den Verantwortlichen und Mitspielern bekommen. Mir hat von Beginn an das ganze Drumherum gefallen und gesehen, dass gar nicht so viel Unterschied zwischen Kreis- und Regionalliga ist. Der sportliche Sprung ist natürlich riesig, aber neben dem Platz ist Schalding ein Verein, der einen Charakter hat und der mir passt. Für mich ist es immer eine Grundvoraussetzung gewesen, bei einem Klub zu spielen, bei dem es mir gefällt. Deswegen habe ich nach dem schwierigen ersten Jahr weitergemacht und den Ehrgeiz entwickelt, nicht nur die Stimmungskanone zu sein, sondern auch auf dem Platz ein wichtiger Spieler zu werden. Ich habe es geschafft, weil ich es unbedingt wollte. Dass ich in dieser Saison zweiter Kapitän bin, hätte ich mir vor drei, vier Jahren nicht träumen lassen.


Welchen Ratschlag kannst du unterklassigen Spielern geben, welche die Chance erhalten, Regionalliga spielen zu dürfen?
Rockinger: Sofort probieren! Es ist leider mittlerweile so, dass Spieler in jungen Jahren bereits den einfachen Weg gehen. Ich habe damals mit 18, 19 Jahren nicht die Chance erhalten, höher zu spielen. Wenn das Fall gewesen wäre, hätte ich es wohl durchgezogen. Jeder junge Spieler, der die Chance bekommt, Bayern- oder Regionalliga zu spielen, soll das bitte machen, weil es eine einmalige Sache ist. Die Regionalliga ist eine perfekte Bühne, wenn es vielleicht noch weiter nach oben gehen soll. In erster Linie macht es aber extremen Spaß, in dieser Klasse zu spielen.


Im zweiten Teil des großen Schaldinger Jahresinterviews redet unter anderem Stefan Köck über seine Zukunftspläne als Trainer.


Das Interview führte Thomas Seidl.
Aufrufe: 016.1.2019, 10:00 Uhr
Thomas SeidlAutor