2024-05-17T14:19:24.476Z

Allgemeines
– Foto: Oliver Moje

„Nein, nichts ist gut“

Auch nach mehr als acht Jahren ist im Rechtsstreit um ausstehende Sozialversicherungsbeiträge des damaligen Oberligisten TuS Heeslingen noch kein Ende in Sicht

Mehr als acht Jahre ist es her, dass die Steuerfahndung im November 2011 die Räumlichkeiten des damaligen Oberligisten TuS Heeslingen durchsuchte. Seitdem gab es mehrere Gerichtsverfahren, die bislang zugunsten des Vereins ausgingen. Also Ende gut, alles gut für den TuS- Vorsitzenden Bernhard Eckhoff? „Nein, nichts ist gut“, sagt er. „So schlimm wie jetzt war es noch nie.“

Während sich andere Fußballvereine derzeit hauptsächlich mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob die Spieler in dieser Saison überhaupt noch mal gegen den Ball treten dürfen, stehen für den TuS-Vorsitzenden intensives Aktenstudium und die Abwehr von Zahlungsaufforderungen auf dem Programm. Es vergeht kaum eine Woche, in der nicht mehrere Einschreibebriefe bei ihm eingehen. Insgesamt rund 450000 Euro
an Sozialversicherungsbeiträgen wollen diverse Krankenkassen im Auftrag der Rentenversicherung vom TuS eintreiben, für den aktuell noch eine Herrenmannschaft in der 3. Kreisklasse Nord spielt.

Der Grund dafür, dass sich Eckhoff noch immer Forderungen nach Sozialabgaben für Heeslinger Oberligaspieler aus den Jahren 2005 bis 2012 gegenübersieht, liegt ironischerweise in der Art des gerichtlichen Erfolgs, den er im Juni 2017 vor dem Landessozialgericht Bremen-Niedersachsen gegen die Rentenversicherung errang. Denn das Gericht hatte deren Bescheide „nur“ aufgrund von Formfehlern für ungültig erklärt und nicht die entscheidende – und nach wie vor offene – Frage geklärt, ob die Spieler als Angestellte des Vereins zu werten sind oder nicht.

Die Rentenversicherung geht davon aus und eröffnete daher mit leicht veränderten Berechnungen ein neues Verfahren vor dem Sozialgericht Stade wegen nicht gezahlter Sozialabgaben. Sie unterstellt den TuS-Verantwortlichen – die sich seit Beginn des Verfahrens dagegen verwahren, dass die Spieler in einem Angestellten-Verhältnis gestanden hätten – zudem, vorsätzlich gehandelt zu haben. Das muss sie auch, denn ansonsten wären die Vorwürfe bereits verjährt.

Da sich der Verein bisher vergeblich vor dem Landessozialgericht um eine Aussetzung der Vollstreckung bemüht hat, flattern Eckhoff nun jede Menge Zahlungsaufforderungen, Mahnbescheide und Pfändungsbeschlüsse der Krankenkassen ins Haus. Im vergangenen halben Jahr hat sich bei ihm auf diese Art fast ein kompletter Ordner gefüllt.

Dass für die Kassen indes kaum eine Aussicht besteht, das Geld jemals zu erhalten, ist auch diesen klar. Denn der TuS-Vorsitzende hat vor Gericht eine eidesstattliche Erklärung abgegeben, dass der Verein über kein Geld sowie keine Vermögens- oder Sachwerte verfügt. Der TuS müsste also bei einer Vollstreckung der Forderungen Insolvenz anmelden. Dann würde sich die Frage stellen, inwieweit der damalige geschäftsführende Vorstand privat in Regress genommen werden kann. „Ich hoffe und glaube nicht, dass das so weit kommt“, so Eckhoff. „Es wäre ganz schlimm, wenn man wegen jahrzehntelanger Arbeit im Ehrenamt um seine Existenz fürchten muss.“

Die Kernfrage, ob Spieler von Amateurvereinen jetzt rechtlich als Angestellte zu werten sind oder nicht, sei während der mehr als acht Jahre des Verfahrens immer noch nicht angefasst worden – weder gerichtlich noch vonseiten des Verbandes oder der Politik, stellt Eckhoff fest. Diese unklare Rechtslage werde nun auf dem Rücken des TuS Heeslingen ausgetragen, eine klare Linie von Verantwortlichen aus Politik oder Verbänden könne er nicht erkennen.

„Für alles gibt es Gesetze, nur hierfür gab es keine und aufgrund dessen wird man vorverurteilt, indem einem Vorsatz unterstellt wird“, so der Vereinsvorsitzende. „Ich kann jedem, der in Deutschland ein Ehrenamt ausübt, nur empfehlen, das entweder zu überdenken oder eine gute Versicherung abzuschließen. Denn letzten Endes hilft dir hier keiner, kein Verband und die Politik schon gar nicht. Bei Ehrungen stellen die sich immer lachend auf die Zeitungsfotos, aber wenn es Probleme gibt, lassen die einen völlig allein.“

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Aufrufe: 025.3.2020, 12:35 Uhr
Zevener ZeitungAutor