2024-04-25T14:35:39.956Z

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Motivationskünstler mit Medaille:  Alex Fischinger beim südbadischen Pokalsieg mit Waldkirch | Foto: Patrick Seeger
Motivationskünstler mit Medaille: Alex Fischinger beim südbadischen Pokalsieg mit Waldkirch | Foto: Patrick Seeger

Mit den besten Wünschen des Bundestrainers

Wie Trainerfuchs Alex Fischinger dem SV Waldkirch mit einer verfilmten Grußbotschaft von Jogi Löw und Co. zum Einzug in den DFB-Pokal verhalf

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Das erhabene Gefühl, vom Bundestrainer gebauchpinselt zu werden, beflügelt zu außerordentlichen Taten. So in der Art muss sich das Alex Fischinger gedacht haben, als er Jogi Löw um eine Glücksbotschaft an seine Mannschaft bat – vor dem südbadischen Pokalfinale gegen den FC Bötzingen wohlgemerkt. Löw willigte ein, ließ noch ein DFB-Trikot von seinen Nationalspielern bekritzeln und setzte mutig die Anrede hinzu: „dem Pokalsieger SV Waldkirch“. Einen Bundestrainer, noch dazu aus Freiburg, kann man nicht enttäuschen. Den SV Waldkirch trug Jogis Prophezeiung am Mittwochabend vor 3050 Zuschauern im Freiburger Möslestadion zu einem verdienten 4:0-Erfolg und damit mitten hinein in die erste Runde des DFB-Pokals.
Alex Fischinger ist ein Fuchs. Der 50-jährige Trainer besitzt die Gabe, seine Mannschaft auf einen großen Moment einzuschwören, ihr den besonderen Augenblick im Fußballerleben bewusst zu machen. Vor dem Halbfinale gegen den Freiburger FC hatte Fischinger seinen Spielern auf der Kastelburg Alfred Dufner vorgestellt. Der Elztäler gehörte zu den wenigen Eigengewächsen jener Waldkircher Mannschaft, die im Jahr 1972 den südbadischen Pokalsieg holte. Ehrenmitglied Dufner schwärmte von diesem einzigartigen Erlebnis für das Elztal. Dann gingen die Spieler der Klasse 2014 aufs Feld und zogen mit einem 3:2 gegen den favorisierten FFC ins Finale ein.

Der Verweis auf das historische Erbe war also ausgereizt. Ein anderer psychologischer Kniff sollte das Team so berühren, dass es zum Höhepunkt ihrer sportlichen Tuns als Feierabendkicker befreit und enthemmt auftritt. Wie könnte das besser gelingen, als wenn allerlei Fußballpromis dem SV Waldkirch den roten Teppich ausbreiten? Fischinger aktivierte seine vielfältigen Kontakte, die er als hauptberuflicher Fußballtrainer und früherer Coach der SC-Frauen über die Jahre geknüpft hatte. Und so drückten sie alle der Fischinger-Elf die Daumen: die Profis Daniel Schwaab (VfB Stuttgart) und Julian Schuster (SC Freiburg), die Nationalspielerinnen Melanie Behringer (1. FFC Frankfurt) und Verena Faißt (VfL Wolfsburg), der Schalker Aufsichtsrat-Chef Clemens Tönnies sowie der Kölner Trainer Peter Stöger. Und den Brokatrand dieser verfilmten Schmeichelei wob Jogi Löw mit seinen warmen Worten.

Man muss es aber auch effektvoll präsentieren können. Die Mannschaft hatte keine Ahnung von alldem, als sie am Mittwoch um zwölf in Waldkirch zusammenkam. Sie wusste nicht, dass sie bereits im Elztäler Hof in Winden erwartet wurde. Nach einem Willkommensgruß der Chefin und einem gediegenen Mittagessen im Fünf-Sterne-Hotel outeten sich hier die Profigrößen auf der Leinwand als kleine SVW-Fans. Benjamin Pfahler, der im Sommer vom Bahlinger SC zu den Waldkirchern wechseln wird, hatte die Videosequenzen der Stars zu einem 20-minütigen Video zusammengeschnippelt.

Benjamin Pfahler schneidet das Video zusammen

Die erhoffte Wirkung blieb nicht aus. „Die Mannschaft war zutiefst beeindruckt“, stellte Torhüter Lukas Lindl fest. „Alle haben gesagt, sie glauben an uns. Das war Gänsehaut pur für jeden Spieler.“ In diesem Hochgefühl schwebten die Waldkircher ins Möslestadion nach Freiburg. Der Himmel riss auf nach vielen bewölkten und verregneten Tagen, die Sonne blinzelte den blau gedressten Spielern ins Gesicht. Und als dann noch der Stadionsprecher die Fans der beiden Finalisten nacheinander zum Warmjubeln aufrief, „da waren wir richtig aufgeputscht“, so Lindl. Dem Bötzinger Mäuschenton folgte ein orkanartiger SVW-Gesang. „In der Kabine haben wir gedacht – Wahnsinn.“

Drei Sonderbusse mit Blau-weiß-Fans waren aus der Großen Kreisstadt ins Freiburger Mösle gefahren. Fischinger schätzte vorsichtig, „dass bei uns wohl kein einziger Jugendspieler gefehlt hat“. Die stimmliche Überlegenheit machte aus dem Finale ein Heimspiel für Waldkirch. Negativ fiel der Elztäler Anhang ausgerechnet bei der Freude zum 2:0 von Fabian Nopper auf (31.). Mitten im Pulk detonierte ein rauchender Knallkörper, der Polizeipräsenz erforderlich machte.

Der hirnlose Ausraster blieb aber nur die kurze Episode eines „perfekten Tags“ (Fischinger) für den neuen Pokalsieger, der zum Feiern – passend für den FC-Fan Fischinger – in die Freiburger Lokalität Kölner Botschaft weiterzog. Der Coach, der in Oberprechtal wohnt und aus Schonach stammt, suchte in der zweiten Halbzeit immer wieder Blickkontakt zu seiner Familie auf der Tribüne – und ballte siegesgewiss die Faust. Zurecht.

Dem FC Bötzingen fehlten an diesem Tag Leidenschaft und Glaube, das Spiel nach einem 0:2-Pausenstand noch drehen zu können. Kläglich verstolperten die Spieler von Trainer Jens Scheuer die Möglichkeiten zum Anschlusstreffer. Und hinten wurden die Anfälligkeiten vor und nach der Halbzeit jeweils zweimal durch die Waldkircher Josef Tohmaz (18.), Nopper (31.) und Gildas Asongwe (77., 93.) bestraft. „Der Sieg für Waldkirch geht voll in Ordnung“, gestand der Bötzinger Vorsitzende Andreas Messerschmidt. „Hinten standen wir nicht sicher genug und vorne fehlte uns die Durchschlagskraft.“
So entwickelte sich das Endspiel einseitiger, als es das Duell der beiden Tabellennachbarn aus der Verbandsliga vermuten ließ. Zumal der SVW oftmals ein dankbarer Gegner der Bötzinger gewesen war. Der Waldkircher Abteilungsleiter Karlheinz Hinn erinnerte daran, „dass wir in denen letzten zehn Jahren vielleicht einmal gegen Bötzingen gewonnen haben“.

Wo die Waldkircher im DFB-Pokal (15. bis 18. August) antreten werden, ist noch total offen. Vom heimischen Elztalstadion, dessen Kapazität auf 6000 Zuschauer erweitert werden kann, bis zum Freiburger Mage-Solar-Stadion ist vieles möglich. „Hängt alles vom Gegner ab“, so Hinn.

Auf jeden Fall sollten sich Fischingers Pokalhelden bei ihrem Fürsprecher Jogi Löw bedanken. Wie wäre es mit einem unterschriebenen Waldkircher Trikot und der Grußformel „dem Weltmeister Deutschland“? Dagegen hätte wohl selbst der FC Bötzingen nichts einzuwenden.
Aufrufe: 015.5.2014, 21:30 Uhr
Matthias Kaufhold (BZ)Autor