2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview
Marco Konrad: "Ich bin sehr stolz auf die gesamte Truppe – von der Nummer eins bis zur Nummer 23."
Marco Konrad: "Ich bin sehr stolz auf die gesamte Truppe – von der Nummer eins bis zur Nummer 23." – Foto: Sven Leifer

Marco Konrad: "Es geht darum, sich immer wieder die Wahrheit zu sagen"

Illertissens Trainer ist "sehr stolz auf die gesamte Truppe – von der Nummer eins bis zur Nummer 23"

Ob sie's selbst noch hören können? Die Bezeichnung "Mannschaft der Stunde" wurde in der bisherigen Regionalliga-Saison wohl bei keinem anderen Team häufiger verwendet als für den FV Illertissen. Doch der Titel ist durchaus gerechtfertigt. Nach zwölf Siegen, sechs Unentschieden und sechs Niederlagen rangiert die Truppe von Marco Konrad auf dem beeindruckenden vierten Tabellenplatz - unmittelbar hinter den Profi-Teams aus Schweinfurt, München und Bayreuth. Ein Ergebnis, mit dem wohl keiner der Beteiligten vor Saisonbeginn gerechnet hätte.

Der "Star" in Illertissen ist dabei ganz klar die Mannschaft, wie auch Übungsleiter Konrad im FuPa-Interview zur Winterpause klar verdeutlicht. Einzelspieler hebt er nicht hervor. "In ihrer persönlichen Entwicklung haben jedoch alle Schritte nach vorne machen können, was ich in der Form noch bei keinem Verein erlebt habe", ist der 47-Jährige voll des Lobes. Ein weiterer Teil unserer Serie "Fünf Fragen an..."

Wie blickst Du zurück auf die bisherige Saison? Sprich: Wie zufrieden bist Du mit dem Abschneiden Deiner Mannschaft? Was ist aus Deiner Sicht noch ausbaufähig?
Wenn man betrachtet, wo wir gestartet sind und wo wir jetzt stehen, liegt es auf der Hand, dass wir alle zufrieden und glücklich sein können. Wir hoffen natürlich, dass dieser Weg noch weitergeht und sind uns bewusst, dass es in dem ein oder anderen Bereich noch Luft nach oben gibt. Es geht darum, sich in diesem Team gegenseitig immer wieder die Wahrheit zu sagen, sich kritisch auseinander zu setzen und sich dennoch immer mit einer gewissen Wertschätzung gegenüber zu treten. Das ist uns bisher ganz gut gelungen.

Sportlich gesehen haben wir einen Schritt nach vorne gemacht: Mit beinahe derselben Mannschaft haben wir uns vom Abstiegskandidaten im hinteren Mittelfeld unter die ersten vier Teams der Liga gemischt. Insofern überwiegt absolut das Positive. Auch in ihrer persönlichen Entwicklung haben alle Schritte nach vorne machen können, was ich in der Form noch bei keinem Verein erlebt habe – weder als Spieler noch als Trainer. Ausgenommen vielleicht das Jahr bei Ralf Rangnick damals. Das ist - unabhängig vom Tabellenplatz – das Erstaunliche und Schöne.

Was sind Deine persönlichen Highlights? Was war weniger erinnerungswürdig bzw. ist sogar negativ haften geblieben?
Wir hatten unglaublich viele gute Spiele. Es waren keine fünf Halbzeiten in diesen sieben Monaten dabei, in denen die Mannschaft enttäuscht hatte. In allen Partien war das Team in der Lage seine Leistung abzurufen und sich zu fokussieren. Demzufolge bin ich sehr stolz auf die gesamte Truppe – von der Nummer eins bis zur Nummer 23. Der gegenseitige Respekt und das gegenseitige Vertrauen war das Wundervolle daran.

Der Last-Minute-Sieg gegen Buchbach, der Pokalsieg gegen Bayreuth, das Heimspiel gegen Bayern München – es gab so viele Begegnungen, in denen die Mannschaft überzeugt hatte. Dieses Team hat einen wunderbaren Charakter – insofern kann ich nichts Negatives finden. Und wenn uns trotzdem mal etwas Negatives passiert ist, hat die Mannschaft es geschafft, daraus wieder gestärkt hervor zu gehen.

Welches Regionalligateam hat Dich am meisten in der bisherigen Saison überrascht? Und: Welchen Regionalligaspieler hättest Du gerne in Deinem Team, wenn Du die freie Wahl hättest?
Es gab so einige Überraschungsteams in dieser Saison. Ich finde es beeindruckend, wie es Mannschaften, die unter Profi-Bedingungen antreten – Bayern, Bayreuth und Schweinfurt –, schaffen über eine so lange Zeitspanne dieses hohe Niveau abzurufen und ihren Standortvorteil sowie finanziellen Bonus auf den Platz zu bringen.
Mit Aubstadt, Buchbach und auch mit uns gibt es Mannschaften, die aufgrund ihres Amateur-Status' ganz andere Rahmenbedingungen vorfinden: Die Spieler sind tagsüber berufstätig, fahren abends zum Training, zum Spiel, auswärts über mehrere Stunden durch ganz Bayern. Das sind große Unterschiede – insofern kann man das gar nicht vergleichen. Der Respekt gebührt allen Spielern, die in dieser Liga im Amateur-Bereich unterwegs sind.

Es gibt ganz viele tolle Spieler in der Liga. Ich habe eine richtig gute Mannschaft beisammen. Wenn der ein oder andere Lust hat, sich dieser Truppe anzuschließen, ist er herzlich willkommen (schmunzelt). Die Jungs bei Bayern sind top-ausgebildet – und wenn ich da jetzt sage, den oder jenen hätte ich gerne bei mir im Team, dann lachen die sich tot, weil sie ja Ambitionen haben für die Champions League. Insofern bin ich mit meinen Leuten glücklich - aber wir halten schon auch die Augen offen nach Spielern, die uns charakterlich und sportlich weiterbringen können. Doch den Wunschkicker, den Messi, den hab ich nicht.

Stichwort Corona: Wie wurde aus Deiner Sicht von Seiten des Verbandes dieses Thema mit all seinen Konsequenzen behandelt? Sind im Umgang damit Deiner Meinung nach die richtigen Entscheidungen getroffen worden?
Ich denke, dass der Verband nach bestem Ermessen versucht hat, unter diesen Corona-Bedingungen diese Saison durchzuziehen. Die Vereine wurden immer wieder mit ins Boot genommen. Manchmal ist es nicht ganz verständlich, wenn man unter der Woche von Burghausen nach Aschaffenburg oder von Illertissen nach Kirchanschöring fahren muss. Doch das bringt die Sache mit sich – und dafür sind wir auf einem sportlichen Niveau angelangt, bei dem man sich dessen im Vorfeld bewusst sein sollte. Der Verband, der eine verantwortungsvolle Rolle trägt, hat einerseits das Beste versucht - andererseits muss er immer auch sehr viele verschiedene Interessen berücksichtigen. Recht viel mehr möchte ich dazu nicht sagen.

Der Last-Minute-Sieg seiner Mannschaft gegen Buchbach ist bei Illertissens Trainer Marco Konrad in besonderer Erinnerung geblieben.
Der Last-Minute-Sieg seiner Mannschaft gegen Buchbach ist bei Illertissens Trainer Marco Konrad in besonderer Erinnerung geblieben. – Foto: Michael Buchholz

Wie soll's nach der Winterpause weitergehen? Was ist das angepeilte Wunschziel von Dir und Deiner Mannschaft? Wohin geht die Reise noch in dieser Saison?
Die Jungs haben bis Weihnachten nun explizit die Anordnung sich zu erholen und wieder aufzutanken. Danach bekommen sie die ersten Lauf- und Trainingspläne, um sich auf die Vorbereitung, die Mitte Januar beginnt, einzustimmen. Dass der Punkt, an dem wir die Spieler für die weitere Saison dann abholen, ein anderer sein wird als noch vor eineinhalb Jahren, ist klar. Umso mehr steigern sich die Erwartungen und Ansprüche. Es gilt dabei jedoch stets mit beiden Beinen auf dem Boden zu bleiben – das wird eine wichtige Aufgabe von uns Trainern sein.

Den Rest lassen wir erst einmal auf uns zukommen. Wir wollen uns gut erholen, um dann mit all unserer Kraft wieder angreifen zu können und die ein oder andere Überraschung zu schaffen. Motto: Träumen ist erlaubt – doch stets in dem Bewusstsein, dass es immer um das Hier und Jetzt und die Realität geht.

Vielen Dank für Deine Zeit - und alles Gute weiterhin.

Aufrufe: 027.12.2021, 12:20 Uhr
Stephan HörhammerAutor