Die Diskussion ist in vollem Gange: Soll der TSV 1860 München im Olympiastadion spielen? Der Vorschlag von Dieter Reiter hakt allerdings an einigen Stellen.
München - Rundum zufrieden ist der TSV 1860 München trotz des sportlichen Erfolgs nicht. Die Stadionfrage ist schwierig und spaltet auch die Fanszene. Das Grünwalder Stadion ist eine Kultstätte, kostet die Löwen nach eigener Aussage aber unter dem Strich viel Geld.
Das Catering im Grünwalder vergibt die Stadt, 1860 München muss Akkus herankarren, um die Bandenwerbung zu betreiben und in den Ticketpreisen steckt ein Ticket für den MVV: die Geldfresser-Liste der Löwen zum Grünwalder Stadion ist lang. Marc-Nicolai Pfeiffer, kaufmännischer Geschäftsführer des TSV 1860, errechnet einen Wettbewerbsnachteil von 1,7 Millionen Euro. Immerhin bei der Vermarktung der Namensrechte will die Stadt München dem Verein auf jeden Fall entgegenkommen.
Während sich der Verein über Jahre hinweg mit der Stadt um Ausbau, Sanierung, Zweitligatauglichkeit und Profitmöglichkeiten zankt, steht am Oberwiesenfeld noch ein zweiter Kult-Ort.
Oberbürgermeister Dieter Reiter hat das Olympiastadion jüngst wieder in die Diskussion gebracht. Die Löwen würden bei ihm „Drehtüren einrennen“, sollten sie ihr Heimspiele wieder dort austragen wollen, sagte der SPD-Politiker am ersten Wiesn-Wochenende. Schließlich habe die Stadt viel Geld in die Hand genommen, um das Olympiastadion zu sanieren. Es sei „Irrsinn“, dass es niemand nutze. Die häufig spärlich besuchten Spiele von Türkgücü München lässt Reiter dabei außer acht.
„Die Löwen müssen sich erstmal intern entscheiden“, mahnt Reiter. Wo wollen sie denn nun hin? Herzens-Ort Grünwalder oder Kommerz im Olympiastadion? „Wenn es an einem anderen Standort wirtschaftlicher ist, ist nichts dagegen einzuwenden“, räumte 1860-Präsident Reisinger nun ein, der am liebsten in Giesing bleiben würde.
Aber wie realistisch sind die Gedankenspiele rund um das Olympiastadion eigentlich? Und wie viel Profit verspricht die Stätte im Oberwiesenfeld?
Fakt ist: Das Olympiastadion ist noch mindestens fünf Jahre lang eine Baustelle. Das Zeltdach wird für rund 84 Millionen Euro saniert. Und derweil wird auch im Stadion viel gemacht. 130 Millionen Euro fließen in Heizung, Sanitäranlagen und Brandschutz. Immerhin das Flutlicht wurde vor den European Championships bereits fertiggestellt.
Das Dach bleibt aber das größte Problem für Zweitligafußball im Olympiastadion. Denn auch nach der Sanierung wird es nicht über alle Sitzplätze gespannt. Die Auflagen der DFL schreiben in der 2. Bundesliga aber eine Komplettüberdachung vor. So schrumpft die maximale Zuschauerzahl bereits von 70.000 auf etwa 35.000. Und das im Idealfall.
Die Olympiapark GmbH bestätigte bereits der Münchner Abendzeitung, dass der überdachte Bereich in den kommenden zwei Jahren teils zur Hälfte gesperrt werden muss. Damit wäre die Kapazität im Olympiastadion plötzlich vergleichbar mit dem Grünwalder Stadion.
Aber bekommt das Olympiastadion überhaupt grünes Licht vom Verband? Die Zweitligatauglichkeit wurde nie ernsthaft geprüft, bestätigt die Stadt. Vermutlich sei der Zustand aber zu schlecht für eine Lizenz ohne Auflagen.
Ab 2025 verbieten sich aber alle Planspiele ohnehin wieder für 20 Monate. Dann wird das Olympiastadion gesperrt, Sanierungsarbeiten fallen an, die nicht im laufenden Betrieb bewerkstelligt werden können. Dieses Projekt wurde bereits 2015 beschlossen. Mindestens bis dahin hat auch die Olympiapark GmbH nicht mit dem TSV 1860 München gerechnet. Für das Jahr 2023 sind bereits etliche Konzerte und Events geplant, für Löwen-Spiele wäre nur vereinzelt Platz.
Ein Umzug des TSV 1860 könnte am Ende doch schwieriger werden als der Gang durch die Drehtür. Die Olympiastadion GmbH stellt klar, dass die uneingeschränkte Nutzung bis zum Ende der Bauarbeiten nicht möglich sei. Über Einzelspiele könne man sich aber, sollte alles passen, unterhalten. Wie es ist, zwischen Giesing und Oberwiesenfeld zu pendeln, da können sich die Löwen bei Türkgücü München umhören. (moe)