2024-04-25T14:35:39.956Z

Interview
Markus, Florian Thomas, Christian und Stefan de Prato. Markus Götzfried
Markus, Florian Thomas, Christian und Stefan de Prato. Markus Götzfried

Garchings Absturz, Türkgücüs Durchmarsch und der perfekte FC-Bayern-Trainer

Teil 2 des Mega-Interviews mit den De-Prato-Brüdern

München - Markus, Florian Thomas, Christian und Stefan de Prato sind eine Institution im Münchner Amateurfußball. Im zweiten Teil des großen Interviews sprechen die Brüder über die Entwicklung im Münchner Amateurfußball und den Verein ihres Herzens: den FC Bayern.

Wie seht ihr die aktuelle Entwicklung im Münchner Amateurfußball?

Florian:„Für mich ist es richtig schlimm, was mit dem VfR Garching passiert. Daniel Weber hat den Verein mit seinem Fachwissen aus der Bezirksliga in die Regionalliga geführt und dort etabliert. Und jetzt fährt der Verein gerade an die Wand. Mir geht es nicht um die Aussage: Das erste Jahr nach Daniel Weber wird schwer. Das war jedem klar. Aber mir gefällt die Art und Weise nicht, was dort gerade passiert. In einem Interview lese ich: Sie wollen unbedingt spielen. Keiner will in die Winterpause. Und dann sagen sie ein Spiel in Garching bei schönem Wetter ab. Als ich noch dort gekickt habe, hat es einmal zwei Wochen durchgeregnet. Aber wir haben gespielt. Das sind Kleinigkeiten. Aber ich kenne auch Hintergründe, über die ich nicht sprechen möchte. Das steht mir nicht zu. Aber ich bin dem Verein sehr verbunden. Deshalb tut es mir sehr weh zu sehen, was dort passiert. Vielleicht will das im Verein keiner hören: Aber sie müssen aufpassen, dass sich dort die Geschichte des FC Unterföhring nicht wiederholt.

Stefan: Ich habe aus persönlichen Gründen nicht lange für Türkgücü gespielt. Aber der Verein ist mega cool. Dort läuft es nicht so ab, wie es manche ehemalige Spieler hinstellen. In meinen fünf Monaten hatte ich eine richtig gute Zeit.

Christian: Viele beschweren sich, dass der Verein so viel Geld ausgibt. Aber das könnte man auch über Bayern sagen. Wenn mans hat, muss man es auch nutzen. Geld ist im Fußball eine Stärke. Warum sollte ich diese nicht einbringen, um den maximalen Erfolg zu erzielen. Den haben sie. Und dafür kann man den Verantwortlichen nur Respekt aussprechen.

Florian: Was die Türken (Türkgücü München) auf die Beine stellen, finde ich sensationell. Das ist mutig.

„Türkgücü hat gute Chancen, den Löwen sportlich den Rang abzulaufen“

Braucht es neben, Bayern, 1860 und Haching einen weiteren Profiverein in München?

Florian: 1860 hat sich über den neuen Trainer Michael Köllner wieder gefangen. Aber wenn die Mannschaft vor der Winterpause nicht diesen Turnaround hingelegt hätte, wären sie wieder hinten reingerutscht. Ein erneuter Abstieg in die Regionalliga wäre für 1860 eine Katastrophe. Diese Liga ist aus meiner Sicht nicht mehr interessant, nachdem 1860 und Bayern 2 aufgestiegen sind. Wer fährt als Fan gerne nach Seligenporten, wenn ich nach Dresden fahren könnte? Von der Fangemeinde ist 1860 der Wahnsinn. Keine Frage. Aber Türkgücü wird den Aufstieg sicher schaffen. Und sie haben aus meiner Sicht gute Chancen, den Löwen sportlich den Rang abzulaufen. Und dann kommt schnell die Frage auf: Wer ist in München die dritte Kraft? Haching ist kein Münchner Verein, sondern aus dem Landkreis.

Markus: 1860 zerfleischt sich zwar intern. Aber ohne Jugendarbeit wird Türkgücü niemals an den Löwen vorbeiziehen können. Vielleicht, was den Tabellenplatz in der 3. Liga angeht. Aber 1860 ist ein Mythos. Das hat man in der Regionalliga gesehen. Wenn Türkgücü keine Profi-Strukturen im Verein schafft - und damit meine ich nicht die 1. Mannschaft, sondern den Jugendbereich, wird es über die nächste drei, vier Jahre schwer. Aber so wie ich Hasan Kivran einschätze, denkt er nicht kurz-, sondern langfristig. Aber so langsam muss der Verein in der Jugend etwas aufbauen. Aus meiner Sicht wäre das einfach. Die Türken sind unglaublich stolz auf ihr Land. Es gibt so viele gute, junge türkische Kicker in München. Für die wäre es eine Ehre, für eine Jugendmannschaft von Türkgücü zu spielen.

„Rummenigge stand nie hinter Kovac“

Ihr seid tief rot. Wie sehr hat euch das Aus von Niko Kovac beim FC Bayern bewegt?

Stefan: Ich fand ihn richtig gut. Aber bei Bayern spielen viele Spieler, die so drauf sind, wie ich. Die wollen unterhalten werden. Für ihn war der Schritt einfach zu früh. In Frankfurt hat er sensationelle Arbeit geleistet. Aber dort stand der Verein hinter ihm. Die Verantwortlichen haben alles für ihn gegeben. Bei Bayern war das anders.

Florian: Ich habe ihn gemocht. Seine Art, Fußball spielen zu lassen, ist halt bieder. Das passt zu einer Mannschaft, die den Ball erobert und daraus etwas macht. Aber bei Bayern musst du ständig Ideen schaffen auf dem Platz. Das wurde ihm zum Verhängnis.

Stefan: Dortmund wäre ein Verein gewesen, der besser zu Kovac gepasst hätte. Die spielen den schnellen Umschaltfußball, wenn sie gegen bessere Mannschaften spielen. In Frankfurt hat sich die Mannschaft hinten reingestellt, dann wurde der Ball erobert und vorne ging mit Ante Rebic, Luka Jovic und Sebastien Haller die Post ab. Das geht bei Bayern nicht. Die müssen immer das Spiel machen.

Florian: Kovac hat auch viel erreicht. Wenn ich mir alleine die Wachablösung von Robben/Ribéry auf Coman/Gnabry anschaue, hat er das richtig gut gemacht. Andere Trainer hätten den jungen Spielern nicht so viel Spielzeit gegeben. Dann wären die auch niemals so explodiert. Dass Gnabry bei Löw Stammspieler ist, darf sich Niko Kovac auf die Fahne schreiben. Er hatte den Mut, die beiden Spieler in wichtigen Spielen aufzustellen. Das war nicht einfach für ihn. Bei Bayern habe ich eine klare Meinung: Solange nicht die endgültige Wachablösung in der Führung kommt, wird es bei Bayern jeder Trainer schwer haben. Solange Spieler weiterhin an den Tegernsee fahren können und sich dort über den Trainer ausheulen dürfen, hast du als Trainer keine Chance. Außer du heißt Jupp Heynckes oder Pep Guardiola.

Thomas: Die beiden haben Kovac auch nie geschützt. Rummenigge stand meiner Meinung nach nie hinter Kovac. Ich stand in Berlin beim Pokalfinale in der Kurve, als alle Fans seinen Namen geschrien haben. Du konntest es ihm ansehen, wie gut ihm das getan hat. Kovac hätte fast zum Heulen angefangen.

Thomas de Prato: „Bayern-Trainer? Sie sollen mich holen!“

Welchen Trainer würdet ihr euch beim FC Bayern wünschen?

Thomas: Sie sollen mich holen!

(Alle lachen)

Markus: Vielleicht als Zeugwart, Thomas. Ich schaue mir nach Bayern-Niederlagen oft die Kommentare unter Artikeln an. Wenn dann wieder einer schreibt: „Kovac raus. Der hat keine Ahnung vom Fußball!“, mache ich mir oft die Mühe, und schaue genauer hin, wer das ist. Dann denke ich mir: Du Semmel. Du hattest noch nie einen Ball am Fuß und urteilst über die Arbeit eines Fußball-Fachmanns. Die Fans sollten wieder lernen, Vertrauen in die Verantwortlichen zu haben. Dieser Verein hat über Jahrzehnte Erfolg. Aber in unserer heutigen Gesellschaft gibt es leider Leute, die im Leben keinen anderen Sinn haben, als auf Facebook nach einer Niederlage zu schreiben: Der kann nichts. Leider prägen genau diese Menschen das Meinungsbild.

Florian: Ich würde mir für unsere Bayern etwas wünschen: Schweinsteiger in einem offiziellen Amt, dazu Philipp Lahm. Rummenigge und Hoeneß müssen in beratender Funktion dabei bleiben. Aber die Wachablösung muss kommen. Olli Kahn haben wir schon. Dann haben wir Leute an der Spitze, denen die Südtribüne richtig vertraut. Wir haben unseren Fußballgott wieder. Und dann können wir mit jungen Verantwortlichen und frischen Ideen wieder richtig angreifen. Als Trainer würde ich mir Pep zurück wünschen.

Christian: Für mich ist aktuell Hansi Flick der beste Trainer. Auch in den Spielen, die sie verloren haben, haben sie nicht schlecht gespielt. Sie haben den Gegner hinten reingedrückt. Aber für die Chancenverwertung kann ein Trainer nichts.

Markus: Flick ist in der aktuellen Situation die ideale Besetzung. Bayern hat einen neuen Präsidenten. Wenn der Verein jetzt einen Startrainer holt, der nicht funktioniert, wird das der neuen Führung sofort angelastet. Flick ist zurückhaltend und bodenständig. Er kennt den Verein sehr gut. Flick hat im Moment eine große Chance, als der richtige Bayern-Trainer aufgebaut zu werden. Wenn der Erfolg ihm Recht gibt, muss die neue Führung diese Chance auch nutzen. Bayern hat einen geilen Kader. Wenn sie so weiter arbeiten, kann der Verein in fünf, sechs Jahren wieder gezielt den Champions-League-Titel angehen. Das müsste jeder Bayern-Fan auch mal realistisch sehen. Anhänger, die in jeder Saison den Champions-League-Sieg fordern, sind aus meiner Sicht Träumer.

Wie dürfen wir uns ein Bayernspiel vorstellen, wenn die de Pratos gemeinsam vor dem Fernseher sitzen?

Markus: Flo und ich sind sehr sachlich, wenn wir Fußball schauen. Lell sagt eh nie etwas. Und Stefan tickt bei Gegentoren immer aus. Da sind am Ende Löcher in der Wand.

Das Interview führte Christoph Seidl

Hier geht es zum ersten Teil des Interviews.

Aufrufe: 013.1.2020, 11:47 Uhr
Münchner Merkur / Christoph SeidlAutor