2024-05-02T16:12:49.858Z

Interview

Schmöller über Re-Start: "Wie soll das alles funktionieren?"

U23-Coach des TSV 1860 im Interview über die Regionalliga-Meister, seine Karriere als Trainer und Spieler, Co-Trainer Jacky Muriqi und Aufgaben, die der BFV lösen muss

Frank Schmöller spricht im großen Interview über den TSV 1860 II und die Top-Talente Noel Niemann und Niklas Lang. Außerdem nimmt er den Verband für den geplanten Re-Start in die Pflicht.
  • Frank Schmöller möchte auch bei den Löwen länger arbeiten
  • Der Coach der zweiten Mannschaft sieht die Beförderung von Noel Niemann und Niklas Lang als positives Zeichen für die NLZ-Spieler.
  • Für einen Re-Start der Amateure fordert der 53-Jährige klare Regeln vom Bayerischen Fußball-Verband.

München - Frank Schmöller war Profi, durfte unter dem legendären Ernst Happel sein Bundesliga-Debüt feiern und wurde 1987 mit dem HSV Pokalsieger. Nach dem Ende seiner aktiven Karriere bei der SpVgg Unterhaching stieg der heute 53-Jährige ins Trainergeschäft ein. Nach den Stationen beim FC Ismaning, SV Heimstetten und SV Pullach ist er seit Sommer 2019 für die zweite Mannschaft des TSV 1860 zuständig.

Im großen Video-Interview mit Fussball Vorort/FuPa Oberbayern spricht er ausführlich...

... über Training mit den Junglöwen:

„Wir trainieren nicht und halten uns klar an die Regelung der bayerischen Staatsregierung. Die Profis haben eine Sondergenehmigung. Die gilt für uns nicht.“

... über das individuelle Training der Talente:

„Die Spieler haben Trainingspläne bekommen, wir setzen ein Stück weit auf Eigenverantwortlichkeit. Für die Motivation der Spieler wird es - je länger es dauert - Woche für Woche schwieriger, sich zu Hause fit zu halten. Das ist menschlich und ganz normal. Sie haben Aufgaben bekommen. Wie sie diese umsetzen, werden wir irgendwann mal sehen. Bei allem Heimtraining – es wird nichts nützen, wenn die Saison losgeht. Wir Vereine brauchen dann mindestens drei bis vier Wochen Vorbereitung.“

... über den geplanten Start am 1. September und die Gefahren von Wettbewerbsverzerrung:

„Der 1. September steht, das ist jetzt ein Termin. Dafür müssen die Rahmenbedingungen geschaffen werden. Wie sieht es mit Wechselfristen aus? Wie sieht es mit Vertragslaufzeiten aus? Mannschaften, die im Abstiegskampf stecken und jetzt noch ab dem 30. Juni kräftig nachlegen, spielen dann mit einer komplett veränderten Mannschaft ab dem 1. September weiter. Wir würden möglicherweise erfahrene Spieler verlieren und junge nachbekommen, die sich erst an den Herrenfußball gewöhnen müssten. Die Gefahr der Wettbewerbsverzerrung ist ziemlich groß. Da muss es klare Regeln und klare Vorgaben vom Verband geben.“

Amateure helfen in der Krise

... über die unterschiedlichen Entscheidungen der einzelnen Landesverbände:

„Bayern macht ja immer etwas besonders (lacht). Aber im Ernst, in der Politik gibt es keine flächendeckende, einheitliche Regelung und Meinungen. Warum sollen es die Verbände hinbekommen? Es ist aber natürlich interessant für die Regionalliga bei der Aufstiegsregelung in die überregionalen Ligen. Das sind wahnsinnig schwierige Entscheidungen. Wie man das technisch hinbekommen soll, wenn die Regionalliga dann ab dem 1. September weiterspielt und der Meister steigt dann mitten in der Saison in der 3. Liga ein. Wie soll das alles funktionieren? Das sind viele Fragezeichen, aber man wird sehen.“

... über seine erste Saison mit den Junglöwen:

„Wir sind sehr zufrieden, wie wir uns entwickelt haben. Wir sind nach dem Winter gleich mit dem wichtigen Auswärtssieg in Schwabmünchen gestartet. Ich war mir sicher, dass wir noch stärker oder noch besser aus der Winterpause kommen, weil wir zwei Monate Zeit hatten, uns vorzubereiten.“

... über den Wechsel von Daniel Bierofka zu Michael Köllner:

„Für mich hat sich nichts geändert. Auch schon zu Bierofkas Zeiten war mein erster Ansprechpartner Oliver Beer (Co-Trainer der Profis, Anm. d. Red.). Ich habe ein super Verhältnis zu Oli. Positiv ist es natürlich schon, dass Spieler wie Noel Niemann, der bei uns nach seiner Verletzung Spielpraxis sammeln und die Härte für den Männerfußball holen konnte, hochgezogen und dann gleich so hoch geschätzt wurde. Ein tolles Zeichen für die anderen NLZ-Spieler.“

... über Verteidiger-Talent Niklas Lang (17):

„Die Entwicklung ist positiv, das war auch für mich so nicht absehbar. Ich finde es ein tolles Zeichen des Vereins, dass ein Spieler wie Niklas Lang gleich bei den Profis mittrainieren darf. Das ist der richtige Weg, um sich rechtzeitig an den Herrenfußball zu gewöhnen. Man kann sich nur verbessern, wenn man bei den Besten mittrainiert und etwas mitnehmen kann. Der Weg, der dort gerade gegangen wird, ist sehr gut für den Verein und die jungen Spieler. Er war schon im Kader und hatte eine kleine Verletzung im Winter-Trainingslager. Er hat bei uns in Schwabmünchen schon wieder gespielt. Er hat ein super Spiel gemacht. Das Training in der 1. Mannschaft tut ihm gut.“

... über die Aufgabe bei Sechzig:

„Mit jungen, talentierten Spielern arbeiten zu dürfen, ist die Kirsche auf dem Sahnehäubchen. Es wäre mein Wunsch, länger bei Sechzig im NLZ zu arbeiten. Es reizt mich, wenn wir dann hinterher sagen, wir haben etwas bewegen können.“

... über Höhepunkte der eigenen Karriere:

„Ich habe viele Höhepunkte als Sportler erleben dürfen. Als Spieler war ich 1989 Pokalsieger mit dem HSV gegen die Stuttgarter Kickers. Oder wenn man beim allerersten Mal im Bus ins Stadion fährt und dann in Köln gleich noch eingewechselt wird, das sind Momente, die Du nie vergessen wirst. Mein erstes UEFA-Cup-Spiel, ausgerechnet bei Celtic Glasgow mit einer unglaublichen Stimmung vor 60.000 Zuschauern. Auch jeden Aufstieg als Trainer vergisst du nicht. In Ismaning hatte ich damals für den Amateurbereich eine der besten Mannschaften, die man sich in Bayern vorstellen kann. In Pullach habe ich wahnsinnig tolle Leute kennengelernt, die trotz der Schwierigkeiten immer wieder positiv an die Sache herangegangen sind. Ich habe als Trainer in tollen Vereinen gearbeitet. Ich hatte wirklich Glück. Für mich als Trainer war es für mein Renommee nicht schlecht, dass ich überall erfolgreich gearbeitet habe.“

... über die Zusammenarbeit mit Co-Trainer Xhevat „Jacky“ Muriqi:

„Er hat einen ganz großen Anteil an der positiven Entwicklung. Jacky ist nicht nur Co-Trainer, sondern auch ein guter, persönlicher Freund. Wir verstehen uns blind. Er ist hoch angesehen und hoch respektiert bei der Mannschaft. Er hat einen etwas lockereren Umgang mit den Spielern als ich.“

... über eine mögliche Vertragsverlängerung:

„Aktuell gibt es keine Gespräche, die Zeichen vom Verein sind aber da, dass sie gerne weitermachen möchten. Ich und Jacky auch. Wir sind sehr entspannt. Es ist erstmal wichtig, dass der Verein in der Corona-Pandemie wieder in ruhige Bahnen kommt.“

... über die Zukunft als Trainer:

„Fußball stresst auch manchmal, wenn es nicht so gut läuft und neben dem Job viermal Training ist. Aber jetzt, nach sechs, acht Wochen merkt man erst, wie sehr einem Fußball und das ganze Drumherum fehlt. Das ist meine Leidenschaft, meine Liebe. Solange mich die Füße tragen, werde ich auf den Fußballplatz gehen, aber nicht mit dem Rollator auf die Trainerbank.“

... über Spiele, die man vielleicht gerne noch einmal spielen würde:

„Ich glaube, dass jedes Spiel das richtige Ergebnis hatte. Wenn ich noch einmal ein Spiel spielen könnte, dann das Pokal-Endspiel und den Pokal nochmal in der Hand halten.“

... über Auswirkungen der Corona-Krise auf den Fußballplatz

„Ich glaube, dass die Schere zwischen reich und arm noch größer wird. Es besteht auch die Gefahr, dass es einige Amateurvereine in dieser Form nicht überlegen werden. Das fängt mit Sponsoren-Verträgen an, die bis zum 30. Juni geschlossen werden. Wir wissen alle, dass es der Wirtschaft nicht gut geht. Ob die Amateure so leicht Sponsoren finden oder finden werden, die das finanzieren, wird man sehen. Ein positiver Effekt könnte sein, dass Vereine wieder verstärkt auf die eigene Jugend setzen müssen. Das kann dem Nachwuchs und der Förderung in Deutschland nur gut tun.“

Aufrufe: 05.5.2020, 14:07 Uhr
Jörg BullingerAutor