2024-05-02T16:12:49.858Z

Spielbericht
Debüt in der schwäbischen Provinz-Idylle: An Dennis Dressel, 20, lag’s nicht, dass die Löwen am Ende geschlagen nach Hause fuhren. Eibner
Debüt in der schwäbischen Provinz-Idylle: An Dennis Dressel, 20, lag’s nicht, dass die Löwen am Ende geschlagen nach Hause fuhren. Eibner

1860-Talent Dressel überzeugt bei Debüt - Bierofka: Verbleib „zu 99%“ sicher

Pauls später Patzer kostet Löwen Punkte

Die Saison nähert sich der Zielgeraden, in der Liga wird gezittert, gehofft, gerechnet. Tabellen-Apps haben Hochkonjunktur. Nicht so bei Daniel Bierofka, der vor der Abreise ins Ländle bekannte, kein Freund der Stochastik zu sein.

„Ich war noch nie ein großer Rechner“, sagte der 1860-Coach, der sich lieber auf sein Bauchgefühl verlässt: „Meines Wissens ist noch nie ein Club mit 46 Punkten abgestiegen, aber in dieser Liga weiß man ja nie.“ Bedeutete: Lieber einen Sieg mehr einfahren als nötig – und am besten schon in Großaspach damit beginnen.

Lange schienen die Löwen gestern auf einem guten Weg zu sein, zumindest den vorentscheidenden 45. Punkt einzufahren, doch ein spätes Missgeschick von Herbert Paul leitete eine vermeidbare 0:1 (0:0)-Niederlage ein. Der Rechtsverteidiger kam im eigenen Strafraum gegen den eingewechselten Marco Hingerl zu spät. Marco Hiller parierte zwar den Strafstoß von Shqiprim Binakaj (87.), doch beim Nachschuss von Kai Brünker war der 1860-Keeper machtlos. Schlusswort des geknickten Paul: „Ein Scheißgefühl. Zum Glück sind es noch genug Spiele, um die fehlenden Punkte zu holen.“Auch Bierofka machte keinen Hehl aus seiner Enttäuschung: „Normal darfst du das Spiel nicht verlieren. Entscheidend war, dass wir uns vorne nicht durchsetzen konnten.“

Schon logistisch ist die Reise nach Aspach eine kleine Herausforderung. Der selbst ernannte „Dorfklub“ hat ein schmuckes Stadion errichtet, das wahlweise über Allmersbach, Oppenweiler oder Kleinaspach zu erreichen ist. Schwäbische Provinz, die durchaus ihren Reiz hat, doch ohne Auto oder ausgeklügelte Zug/S-Bahn/Bus-Kombination ist es ein Wagnis. 2000 Löwen-Fans hielt das freilich nicht davon ab, den lauen Montagabend im Stuttgarter Hinterland zu verbringen. Und klar ist: Wenn man dann schon mal da ist, freut man sich – was der 1860-Anhang dadurch dokumentierte, dass er vom Anpfiff weg einen nie endenden Singsang anstimmte. Das Geburtsjahr („1-8-6-0“), die einzige Meisterschaft – das ganze weißblaue Repertoire.

Dressel bleibt „zu 99 Prozent“ bei den Löwen

Der fröhliche Begleittross der Münchner rückte auch deshalb in den Mittelpunkt, weil auf dem Rasen lange Zeit weitgehend Flaute herrschte. Philipp Hercher hatte früh an Hillers Tor vorbeigezielt (1.), bis zum nächsten „Höhepunkt“ verging eine gute halbe Stunde, in der sich Dennis Dressel genug warmtraben konnte. Der Debütant im Team der Löwen, neben Daniel Wein im zentralen Mittelfeld aufgeboten, fasste sich ein Herz und gab eine Kostprobe seiner exzellenten Schusstechnik ab. Dass Kevin Broll den Versuch aus 25 Metern parierte, schmälerte den Gesamteindruck kaum. Selbstbewusste Körpersprache, kluges Positionsspiel – all das hatte der Kapitän der U 21 bei seinem ersten Profieinsatz im Angebot.

„Wir sehen einen ordentlichen Auftritt unserer Mannschaft“, sagte Sportchef Günther Gorenzel im Halbzeit-Interview bei Magenta-TV: „Nur vorne ins letzte Drittel rein müssen wir konsequenter und präziser werden.“ Ein Sonderlob für Dressel gab’s auch: „Dennis hat einen Riesenschritt gemacht. Man hat ihm nicht angesehen, dass er sein Debüt gibt. Von ihm erwarten wir uns noch einiges.“ Schön für 1860: Trotz des angekündigten Sparkurses deutete Bierofka an, dass das Talent gehalten werden kann – „zu 99 Prozent“, wie der Coach präzisierte.“

Dressel hatte auch nach der Pause wenig Stress. Vor, hinter und neben ihm verlief die Partie in so geordneten Bahnen, dass er den Sprung von der Bayernliga als gar nicht so groß empfunden haben mag. Großaspach wirkte weiterhin gehemmt, die Abstiegsangst in den Köpfen ließ nur ein sehr gedrosseltes Tempo zu. Die Löwen ihrerseits taten auch nicht mehr als nötig – und wurden durch Pauls späten Aussetzer um den sicher geglaubten Punktgewinn gebracht.

Der Sünder gab sich reumütig. „Ich denke, den Elfer kann man geben“, sagte er. Am Samstag gegen Münster wollen die Löwen Versäumtes nachholen. Hoffnung macht, dass sich dann mit Nico Karger und Prince Osei Owusu zwei Offensivkräfte zurückmelden werden.

Aufrufe: 09.4.2019, 10:17 Uhr
Münchner Merkur / tz / Uli KellnerAutor