2024-04-25T14:35:39.956Z

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Nico Karger (l.) und Sascha Mölders (r.) stürmten einst gemeinsam beim TSV 1860 München. Jetzt schreiben sie ihre Erfolgsgeschichte mit dem TSV Landsberg.
Nico Karger (l.) und Sascha Mölders (r.) stürmten einst gemeinsam beim TSV 1860 München. Jetzt schreiben sie ihre Erfolgsgeschichte mit dem TSV Landsberg. – Foto: Brugger/IMAGO/MIS

Kita statt Regionalliga? Karger spricht über seine Ausbildung, Kumpel Mölders und den TSV 1860

Top-Torjäger im Interview

Im Interview spricht Nico Karger über seine persönliche Zukunft, die Aufstiegspläne des TSV Landsberg, Sascha Mölders, Daniel Bierofka und den TSV 1860 München.

München – 19 Tore in 19 Spielen. Nico Karger ist der erfolgreichste Torjäger der Bayernliga Süd und auf dem besten Weg, den TSV Landsberg in die Regionalliga zu schießen. Ob er diesen Schritt im Sommer mitgehen würde, weiß er noch nicht. Für den ehemaligen Profi des TSV 1860 München hat mittlerweile seine Ausbildung zum Kinderpfleger Vorrang. Ein Gespräch über Zukunftspläne und Freundschaften.

Servus Nico, du startest mit dem TSV Landsberg am 22. Januar in die Vorbereitung. Dein letztes Pflichtspiel liegt dann über zwei Monate zurück. Wie hast du dich seitdem fit gehalten?

Zum Anfang der Winterpause war ich echt froh, mal nichts machen zu müssen. Wir haben aber alle Laufpläne bekommen. Deswegen habe ich mich jetzt im Fitnessstudio angemeldet und gehe jeden zweiten Tag hin.

Du hast aber nicht nur gefaulenzt, oder?

Am 20. November habe ich meine Ausbildung zum Kinderpfleger begonnen. Zwar hatte ich jetzt auch Ferien, aber seit anderthalb Wochen drücke ich wieder die Schulbank. Das ist gar nicht mal so ohne. Da sind Fächer dabei, da haut es mir alle Schalter raus. In Musik zum Beispiel, wenn wir um acht Uhr morgens anfangen, Kinderlieder zu singen. Deshalb freue ich mich im Februar auf mein Praktikum in der Kinderkrippe.

Ist das ein Traum, den du schon länger verfolgst?

Eigentlich wollte ich immer in der Modebranche arbeiten. Das habe ich auch vier Monate gemacht, mir hat aber nicht gefallen, dass es jeden Tag das Gleiche war. Dann hatte ich ein berufsorientierendes Gespräch, bei dem mehrere Sachen herauskamen. Das erste war Brauer. (lacht) Das hätte schon irgendwie gepasst. Aber als mein Berater vom Kinderpfleger gesprochen hat, wusste ich direkt, dass ich das machen will.

Warum hast du Lust, mit Kindern zu arbeiten?

Die Antwort ist einfach: weil es schön ist. Kinder haben so viel Liebe zu geben. Kindern kannst du was beibringen. Jeden Tag erwartet dich irgendwas Neues. Das ist super spannend und genau das, was mir Spaß macht.

In Deisenhofen hast du die F-Jugend trainiert. Siehst du dich in Zukunft als Jugendtrainer?

Während meiner Ausbildung erst mal nicht. Dann hätte ich kaum noch Freizeit. Aber in ein paar Jahren will ich das auf jeden Fall noch mal machen.

Also ist dir die Ausbildung aktuell auch wichtiger als der Fußball?

Ja, die steht mittlerweile an erster Stelle. Fußball spiele ich just for fun.

19 Tore in 19 Spielen klingen nach jeder Menge Spaß.

Ich hatte in Deisenhofen schon viel Spaß, hätte aber nicht gedacht, dass es bei Landsberg noch ein bisschen lustiger ist. Wenn du Mannschaftskollegen wie Leugner, Cekic, Hutterer, Benede und Helmbrecht hast, dann herrscht eine Mordsgaudi in der Kabine und auf dem Platz.

Die Torjägerliste der Bayernliga Süd führst du mit sechs Toren Abstand souverän an. In deinen letzten fünf Spielen vor der Winterpause hast du acht Hütten gemacht. Warum lief die Hinserie so gut für dich?

Keine Ahnung, ob ich für die Antwort Ärger bekomme, aber weil sich Sascha (Mölders Anm. d. Red.) verletzt hat. (lacht) Als er noch fit war, habe ich gefühlt jedes Spiel auf einer anderen Position gespielt und bin nie in den Flow gekommen. Nach Saschas Verletzung war ich dann nur noch Stürmer und habe meine Tore gemacht. Natürlich hilft es, wenn jemand wie Leuges (Daniel Leugner Anm. der Red.) hinter dir spielt. Das ist schon krass. Der spielt Bälle, mit denen ich nicht rechne, auf denen aber einfach schon ‚Tor‘ draufsteht.

Reicht es dieses Jahr für den Aufstieg? Alles andere ist mit eurer Truppe ja eigentlich keine Option.

Das ist richtig. Ich gehe sehr stark davon aus, dass wir am Ende der Saison auf Platz eins stehen. Sollte es nicht reichen, breche ich mir damit aber auch keinen Fuß. Es wird auf jeden Fall noch eine knackige Rückrunde. In der Liga kann jeder jeden schlagen. Dafür sind wir das beste Beispiel.

Am 14. Spieltag verlor der TSV Landsberg trotz Treffer von Nico Karger mit 2:3 beim FC Ismaning.
Am 14. Spieltag verlor der TSV Landsberg trotz Treffer von Nico Karger mit 2:3 beim FC Ismaning. – Foto: Sven Leifer

Du sprichst die Niederlagen gegen Ismaning, Türk Augsburg und Kirchheim an. Die Mannschaften stehen in der Tabelle auf den Plätzen 15, 16 und 18. Hättet ihr diese vermeintlichen Pflichtsiege eingefahren, hättet ihr neun Punkte Vorsprung auf Platz zwei. Das würde die Kräfteverhältnisse ganz gut widerspiegeln. Traust du Landsberg, in der aktuellen Besetzung, die Regionalliga zu?

Ja und nein. Wenn man sich unsere Mannschaft anschaut, hat der Großteil natürlich Regionalliga-Potenzial. Ich denke also schon, dass wir mithalten könnten. In der Bayernliga sind wir aber hin und wieder bequem unterwegs und traben auch mal eher locker hinterher. Das geht in der Regionalliga nicht. Wenn du so gegen FC Bayern II spielst, hast du hinten gleich ein Ei im Tor.

Worin liegen denn die größten Unterschiede zwischen Bayernliga und Regionalliga?

Ganz klar im Spieltempo. In der Bayernliga kannst du dir noch öfter mal eine Auszeit nehmen. Natürlich hummeln auch in der Regionalliga noch ein paar Vollblinde rum, aber es sind weniger. In der Bayernliga geht es dafür körperlicher zur Sache. Bei manchen Spielern musst du vorsichtig sein, dass sie dir nicht den Fuß abschlagen.

Dann klingt die Regionalliga aber spaßiger. Hättest du nochmal Bock darauf?

Ja und nein. Irgendwie hätte ich schon nochmal Lust. Aber während meiner Ausbildung bin ich auch froh, wenn die Wege am Wochenende nicht so weit sind und ich nicht für ein Auswärtsspiel bis nach Aschaffenburg gurken muss.

Heißt das, du schießt Landsberg zum Aufstieg und packst dann im Sommer deine Sachen?

Ich würde mich erstmal mit den Jungs, mit denen ich dicker bin, austauschen und schauen, was deren Plan ist.

Ist das bei euch noch kein Gesprächsthema? So unrealistisch ist der Aufstieg ja nicht. Und bis zur neuen Saison ist es nur noch ein halbes Jahr.

Ich weiß, dass der Verein hoch will. Ich weiß, dass Sascha hoch will. Aber in der Mannschaft ist es bisher kaum ein Thema.

Wie ist denn die Arbeit mit Sascha Mölders? Ihr seid ja gut befreundet.

Es macht Spaß. Sascha war der Hauptgrund, warum ich zu Landsberg gekommen bin. Und das habe ich auch noch keine Sekunde bereut. Aber er verlangt schon viel von einem, er will ja auch jedes Spiel gewinnen.

Heißt, er nimmt euch im Training so richtig ran?

Nein, das ist eigentlich entspannt. Außer die Dienstagseinheiten. Die können schon mal sehr lang und echt anstrengend werden. Ich weiß nicht warum, aber dienstags vergisst Sascha meistens, dass die Leute am nächsten Tag früh aufstehen müssen. Insgesamt ist bei uns im Training aber auch sehr viel Lockerheit dabei. Und auch danach herrscht wirklich eine geile Stimmung.

Ist Sascha Mölders ein Taktik-Fuchs?

Wir analysieren neuerdings am Fernseher in der Kabine die gegnerische Mannschaft. Seitdem müssen wir uns ewige Minuten Saschas Analysen geben. (lacht) Die sind aber auch gut und hilfreich, deswegen passt das schon so.

Klingt professionell. Sascha Mölders macht ja keinen Hehl daraus, dass er als Trainer noch ein bisschen höher hinaus möchte. Traust du ihm das zu?

Wenn er das richtige Trainerteam an seiner Seite hat, kann ich mir das gut vorstellen.

Gibt es noch was, wo er besser werden muss?

Vielleicht doch noch öfter die anstrengenden Übungen mit ins Training einbauen. Die lässt er nämlich meistens weg, der Schlingel. (lacht)

Müsste er da als Spielertrainer selbst mitmachen? Ist das vielleicht der Grund?

Ich kann mich an eine Situation aus der Saisonvorbereitung erinnern, da stand ein Parkourlauf auf dem Programm. Davor hatte sich Sascha eigentlich noch ganz normal warm gemacht und Kreis gespielt. Beim Parkourlauf ist er dann aber raus und hat angefangen zu coachen. (lacht)

Das wäre während eurer gemeinsamen Zeit beim TSV 1860 München unter Daniel Bierofka nicht drin gewesen.

Nein. Wenn du dir beim Biero mal eine Auszeit nehmen wolltest, dann hast du aber direkt Feuer am Arsch gehabt. Mit ihm als Trainer hast du dir schon auch mal in die Hose geschissen.

Nur aus Angst oder auch mal vor Lachen?

Beides. (lacht) Die Zeit unter Biero war echt der Wahnsinn und insgesamt meine schönste Zeit im Fußball. Wir haben viele witzige Storys erlebt.

Von 2015 bis 2019 spielte Nico Karger unter Daniel Bierofka für die erste und die zweite Mannschaft des TSV 1860 München.
Von 2015 bis 2019 spielte Nico Karger unter Daniel Bierofka für die erste und die zweite Mannschaft des TSV 1860 München. – Foto: imago sportfotodienst

Fällt dir spontan eine Geschichte ein?

Ich lag einen Tag vorm Spiel im Physio-Raum und dann kommt Biero rein und sagt zu mir: ‘Karges, heute Abend kein Chappachuppi.’ Und dann hat der das immer und immer wieder gesagt. Aber auch nur zu mir: ‘Kein Chappachuppi vorm Spiel.’

Hat er mit ‘Chappachuppi’ das gemeint, was ich glaube, dass er gemeint hat?

Ja. (lacht) Eine andere Geschichte beginnt damit, dass ich mich an der Hand verletzt hatte. Ich möchte nicht sagen wobei, aber ich musste direkt unters Messer und habe vom Arzt ausdrückliches Fußballverbot bekommen. Aber ich musste erst noch zum Biero und beichten, was passiert ist. Ich hatte richtig Schiss und mir lief der Schweiß runter, als ich die Treppen zu ihm nach oben gelaufen bin, weil ich ihm sagen musste, dass ich über eine Woche nicht Fußball spielen darf. Ärger habe ich dann nicht bekommen. Im Gegenteil, ich musste sofort weiter zum Spezialisten. Der hat mir eine Schiene verpasst und zack, am nächsten Tag habe ich wieder trainiert.

Das deckt sich auf jeden Fall mit den Geschichten, die man über ihn hört. Du hast unter Daniel Bierofka sowohl in der ersten als auch in der zweiten Mannschaft von 1860 gespielt. Insgesamt warst du über elf Jahre bei den Löwen, bevor du 2020 zu Elversberg gewechselt bist. Verfolgst du den Verein noch?

Ich schaue keine Spiele. Das interessiert mich nicht, weil kaum noch einer da ist, den ich kenne. Und wenn ich dann lese, was so abgeht, vergeht mir ehrlich gesagt noch mehr die Lust. Da verbringe ich meine Zeit lieber mit netteren Dingen, wie zum Beispiel mit meinem Sohn.

Das Interview führte Simon Jacob

Aufrufe: 019.1.2024, 16:01 Uhr
Simon JacobAutor