2024-05-02T16:12:49.858Z

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Wacker-Trainer Tino Kandlbinder.  F: Bock
Wacker-Trainer Tino Kandlbinder. F: Bock

"Die Saison war eine gute Herausforderung für einen Trainer"

Tino Kandlbinder, Trainer vom SV Wacker Ströbitz, im FuPa Brandenburg-Interview

Nach mehreren Jahren in der Spitzengruppe der Landesliga Süd musste der SV Wacker Ströbitz in dieser Saison kleinere Brötchen backen. FuPa Brandenburg sprach darüber mit Trainer Tino Kandlbinder und über seinen möglichen Nachfolger.

Herr Kandlbinder, durch das Remis am vergangenen Wochenende gegen den 1. FC Guben haben sie drei Spieltage vor Saisonende den Klassenerhalt sicher.

Was den Spielaufbau und die Spielkontrolle angeht, haben wir ein ordentliches Spiel gemacht. Uns fehlt im Moment das Zwingende im letzten Drittel, da verpufft zu vieles. Daran müssen wir künftig arbeiten. Wenn man wie wir zurzeit dem Glück hinterherrennt, muss man auch mal mit ganz kleinen Brötchen zufrieden sein. Wir nehmen aber den Klassenerhalt gerne mit, auch wenn das nicht unser Anspruch sein sollte. Wir bauen auf der Mannschaft auf, aber haben auch noch eine Menge vor uns, wenn es wieder erfolgreich nach vorne gehen soll. Wir haben in den letzten fünf Partien zwei Tore aus dem Spiel heraus erzielt. Das sagt schon viel aus und ist unser Manko momentan. Wir wissen auch um die Situation, dass viele verletzt oder krank waren und auch noch verletzt sind. Deswegen ist alles gut und wir sind zufrieden.

Hätten Sie sich trotzdem gedacht, dass der im vergangenen Sommer durchgeführte Umbruch so verläuft?

Jein, wir wussten, dass wir vorne bzw. im vorderen Drittel nicht mitspielen werden. Wir hatten phasenweise den Anschluss ans Mittelfeld hergestellt und dachten, dass wir dran bleiben können. Aber wir haben eine Saison erlebt mit Verletzten, Ausfällen, beruflichen Absagen und was da noch alles dazu kommt. Ich schaffe es nicht mal, zwei Spiele den gleichen Kader auf den Platz zu stellen. Dann ist es natürlich auch so, dass wir verdammt viele junge Leute dabei haben, die auf wechselnden Positionen spielen müssen. Da fehlt dann bei uns hinter heraus einfach die Klasse, das muss man fairerweise sagen. In einigen Partien waren wir gut dabei, man bekommt auch viel Lob. Aber Klasse heißt auch, dass man es umsetzt. Für Lob kann man sich nichts kaufen. Beim Meister SC Eintracht wurde uns gesagt, dass wir die beste Leistung in der ganzen Saison von einer gegnerischen Mannschaft in Miersdorf gezeigt haben - aber wir gehen mit 0:1 vom Platz. Wir baden im Lob, aber haben keine Punkte. Das ist der Punkt. Wir haben zwar das eigentliche Abstiegsgespenst immer von uns fernhalten können, aber waren relativ dicht dran. Ein bisschen Qualität haben wir aber auch in der Mannschaft. Wir sehen auch, dass sich einige junge Spieler sehr gut bei uns entwickelt haben und auch weiter entwickeln werden. Mal sehen, was die nächste Saison bringt, wir sind auf jeden Fall bereit, mit den Jungs weiterzugehen. Aber wir werden sicherlich auch hier und da schauen, ob wir noch Verstärkungen dazu holen können. Dann wird man Wacker denke ich auch wieder da sehen, wo man es in den letzten Jahren gewohnt war.

War der große Umbruch aus heutiger Sicht richtig?

Man tut immer so, als wenn wir einen Schritt gemacht hätten. Die Jungs, die jetzt in der Zweiten Mannschaft spielen und bei uns vorzugsweise in der Ersten waren, machen es deswegen, weil sie zum Beispiel beruflich eingeschränkt oder weggezogen sind. Von denen, die damals unsere Erste Mannschaft gebildet haben, sind auch es nur noch zwei oder drei Leute, die fix bei der Zweiten spielen. Randy Gottwald hat sich in die Zweite zurückgezogen. Martin Handreg und Steven Semke haben es beruflich begründet. Sven Kubis hat irgendwann gesagt: 'Ich bin 42, was soll das noch.' So ist es ein ganz normaler Umbruch. Niemand ist von uns ausgeladen worden. Man muss es akzeptieren und muss dann auch den Weg mit jungen Leuten gehen und kann nicht mitten in der Saison sagen, wir schmeißen alles über den Haufen, setzen die Jungen auf die Bank und holen uns wieder die Alten in den Kader zurück. Das hätte uns kurzfristig geholfen, aber weder mittel- noch langfristig einen Plan dargestellt. Deswegen ist das völlig in Ordnung, was wir gemacht haben. Wir haben gesehen, dass einige wirklich die Qualität mitbringen und auch weiterhin umsetzen werden. Bei anderen ist die Landesliga vielleicht zu hoch, zumindest um den Ansprüchen bei Wacker gerecht zu werden. Wir sind auf einem guten Weg und werden auch nächstes Jahr wieder eine schlagkräftige Truppe auf den Platz schicken. Rostyslav Diakiv wird wieder dabei sein, Jacob Netzker kehrt zurück. Das sind mittlerweile wichtige Spieler bei uns und man merkt schon, dass ein bisschen Struktur fehlt, wenn sie nicht dabei sind. Grundsätzlich sind wir mit dem Weg zufrieden und müssen es auch sein. Der Weg ist mittelfristig ausgelegt - langfristig kann man im Fußball ohnehin nicht mehr planen - und da wäre es ohne unsere jungen Leute bei unserem nicht vorhandenen Nachwuchs gar nicht anders gegangen. Der Weg war also zwangsläufig vorgegeben.

Personelle Verstärkungen zu finden wird sicher nicht einfach, denn der Spielertopf ist in der Niederlausitz nicht gerade größer geworden in den vergangenen Jahren?

Richtig, aber wir wissen auch, dass Wacker noch immer einen gewissen Stellenwert hat. Und durch den Schritt wirken wir vor allem auch auf junge Leute sympathisch. Das ist schon mal ein gutes Zeichen. Und das ist auch unser Weg: Wir wollen junge Leute. Aber wir werden auch gestandenen und arrivierten Leuten, die unseren Weg begleiten wollen, nicht die Tür zuschlagen. Die werden wir versuchen mit einzubinden. Aus so einer Mischung kannst du etwas Gutes machen, vor allem wirklich mit Blickrichtung oben angreifen zu können. Unser Kader im letzten Jahr war einfach zu alt. Gut, aber zu alt, um mittelfristig planen zu können. Ich kann keinen Plan für drei bis fünf Jahre machen, wenn die Spieler 42 Jahre alt sind. Deswegen war es eine schwere Saison, aber auch eine gute Herausforderung für einen Trainer, mit einer ganz anderen Situation umgehen zu müssen. Wir als Trainerteam haben sehr viel lernen können in der Saison, was wir in den vorhergehenden Spielzeiten gar nicht so mitbekommen haben. Das war spannend genug und wir sind dabei, Wacker wieder stückchenweise nach vorne zu bringen.

Sie werden als auch kommende Saison bei Wacker auf der Bank sitzen?

Ja klar (lacht). Die Saison ist natürlich anders gewesen, aber wirklich spannend. Man musste sich auch mit Dingen beschäftigen, die man vielleicht so noch nicht kannte. Auch mal eine Niederlagenserie zum Beispiel. Das zehrt schon an einem. Man lernt es als Trainer erst kennen, wenn man es hat. Wenn man mal drei Spiele am Stück verliert und dann auch droht das vierte zu verlieren. Dann merkt man, dass es auch in unserem Verein viele "Trainer" gibt, die dann von draußen verbal Einfluss nehmen. Das haben wir ganz gut gemeistert und unsere Philosophie trägt der Vorstand mit. Wo auch immer, aber bei unserem Vorstand standen wir als Trainerteam nie zur Diskussion. Das hat nichts damit zu tun, dass sie zufrieden sind, wie es diese Saison gelaufen ist. Sie hätten sich auch gewünscht, dass man immer gewinnt. Aber wir, die wir realistisch mit der Sache umgehen müssen, haben das schon anders gesehen. Es ist alles gut, aber natürlich ist auch meine Zeit irgendwann zu Ende. Das wird wohl auch nicht mehr so lange dauern. Aber auch da arbeiten wir vor und schauen, ob wir nicht Leute finden, die diesen Weg weitergehen wollen und vielleicht irgendwann Wacker in die Brandenburgliga führen.

Sie ziehen sich also ihren Nachfolger schon heran?

Noch nicht (lacht). Aber wir sind dabei darüber nachzudenken, wer es denn sein könnte. Das ist doch logisch: Ich mache es jetzt die elfte Saison. Du kommst zwangsläufig irgendwann auch mal an den Punkt, dass du abgenutzt bist. Die kennen meine Ansprache, die wissen, wie ich mich verhalte und wie ich bin. Ich kann natürlich neue Spieler holen, die mich nicht kennen. Aber grundsätzlich gibt es bei uns auch vieles im Verein zu tun, wo man vielleicht anderweitig eingebunden sein könnte. Es gibt aber nichts Festes. Viele denken: Der macht jetzt seine elfte Saison, wie lange will er das denn noch machen? Man beschäftigt sich schon damit, irgendwann auch mal zu sagen: Es gibt ein ordentlich bestelltes Feld und wir übergeben das vielleicht an jemanden, der eine gewisse Philosophie mitträgt. Das wird uns in absehbarer Zeit hoffentlich gelingen. Dann stehe ich draußen und werde Trainer hinter der Barriere (lacht).

Mit Tino Kandlbinder sprach Sven Bock.

Aufrufe: 022.5.2019, 12:40 Uhr
Sven BockAutor