2024-05-10T08:19:16.237Z

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Ehrenrunde: Der 20-jährige Frank Schmöller stemmt 1987 im Berliner Olympiastadion den Pokal im Trikot des HSV; die Hamburger haben im Finale gegen die Stuttgarter Kickers gewonnen. Witters
Ehrenrunde: Der 20-jährige Frank Schmöller stemmt 1987 im Berliner Olympiastadion den Pokal im Trikot des HSV; die Hamburger haben im Finale gegen die Stuttgarter Kickers gewonnen. Witters

Schmöller, Akkurt, Matejka und Co. über ihre Jahrhundertspiele

Spieler, Trainer und Funktionäre erinnern sich an ihr persönliches Jahrhundertspiel 

Das Halbfinale der WM 1970 am 17. Juni in Mexiko ist wegen seiner Dramatik in die Fußballhistorie eingegangen. Wir haben zum 50-jährigen Jubiläum bekannte Trainer, Spieler und Funktionäre nach ihrem Jahrhundert-Spiel gefragt.

Kurz vor Abpfiff trifft Karl-Heinz Schnellinger zum 1:1, in der Verlängerung bringt Gerd Müller Deutschland erst in Führung und gleicht später nach zwei Italien-Toren auf 3:3 aus – doch dann folgt in der 111. Minute der 3:4-Knockout: Das Halbfinale der WM 1970 am 17. Juni in Mexiko ist wegen seiner Dramatik in die Fußballhistorie eingegangen. Zum 50. Jahrestag des „Jahrhundertspiels“ haben wir Spieler, Trainer und Funktionäre gefragt, welche Partien ihnen unvergesslich sind.

Xhevat Muriqi

langjähriger Spieler und Trainer beim FC Ismaning:

„Ein Highlight in meiner Karriere war natürlich das DFB-Pokal-Spiel mit dem FC Ismaning gegen Borussia Dortmund im Jahr 2000. Schon die Woche davor war der Sportsender DSF mit Kameras bei uns im Training, da kamen wir Amateure uns plötzlich ganz wichtig vor. Und dann das Spiel vor 7000 Zuschauern, das war einfach ein geiles Erlebnis. Mein persönliches Jahrhundertspiel ist aber eine Partie, die ich als 18-Jähriger in Jugoslawien gespielt habe. Wir waren damals eine Mannschaft mit lauter Albanern, sind in die 3. Liga aufgestiegen und mussten bei einem Klub in der Nähe von Belgrad antreten. Da waren 8000 Zuschauer im Stadion, die Halligalli gemacht, uns angeschrien und mit Flaschen beworfen haben. Das war ja die Zeit vor dem Krieg, und da stand der Fußball auch für politische Dinge. Für mich als jungen Spieler war das nicht einfach, aber im Nachhinein ein unvergessliches Erlebnis.“

Frank Schmöller

ehemaliger Bundesliga-Profi, Ex-Trainer bei SV Heimstetten und FC Ismaning und heute Coach des TSV 1860 München II.

„Unvergleichlich ist für mich das Pokalfinale gegen die Stuttgarter Kickers, ist ja klar. Ich war 20, es war mein erstes Profijahr, ich war gleich im Pokalfinale, wurde sogar eingewechselt und durfte dann sogar noch den Pokal in den Händen halten. So ein Erlebnis vergisst man nicht. Und so viele Titel habe ich ja auch nicht geholt (schmunzelt). Wir haben zwar 1987 auch das inoffizielle Hallenmasters gewonnen und ich war sogar Torschützenkönig, aber der Pokalsieg war mein einziger richtiger Titel. Das Finale war schon ein besonderes Spiel, denn wir waren als Vizemeister gegen einen Zweitligisten haushoher Favorit und dann lagen wir nach einer Viertelstunde 0:1 zurück. Das war nicht einfach. Nach dem Ausgleich stand es lange 1:1, wir brauchten noch einen Stürmer und da fiel die Wahl zum Glück auf mich (Schmöller kam in der 67. Minute - d.Red.). Ernst Happel hat mir damals selbst zu verstehen gegeben, dass ich mich bereit machen soll. Damals gab es ja noch nicht so viele Trainer wie heute, sondern nur den Chef- und den Co-Trainer. Die Feier ist mit den heutigen Verhältnissen nicht mehr vergleichbar: Wir sind nach dem Spiel gleich zurück nach Hamburg, hatten ein Bankett in unserem Stammhotel. Da waren 200 oder 300 Fans, die uns zugejubelt haben. Würde der HSV heute nochmal den Pokal holen, wären, natürlich nicht jetzt während Corona, aber in einer normalen Zeit, 100.000 Leute auf der Straße. Sie warten ja auch seit über 30 Jahren, denn das war damals der letzte Titel für den Verein.

Video: Frank Schmöller über den Pokal-Sieg mit dem HSV

Orhan Akkurt

Spieler u.a. in Heimstetten und Ismaning:

„Was mir sofort einfällt, ist mein Debüt für Wacker Burghausen, da war ich 24. Der Verein hat damals in der 3. Liga gespielt, ich war vielleicht einen Monat dort, und wir sind im DFB-Pokal daheim gegen Borussia Dortmund angetreten. Ich bin in der zweiten Halbzeit eingewechselt worden und werde nie vergessen, wie ich da aus dem Spielertunnel raus und auf eine gelbe Wand aus Dortmund-Fans zugelaufen bin. Es waren 10.000 Menschen im Stadion, Dortmund war damals das Maß aller Dinge und ist in dieser und der folgenden Saison Meister geworden. Für mich war das der Moment, in dem ich realisiert habe: Jetzt hast du‘s wirklich in den Profi-Fußball geschafft. Als ich eingewechselt wurde, stand es 0:3 gegen uns, und so war später auch der Endstand – ich habe also 0:0 gegen Dortmund gespielt (lacht). Eine weitere Partie, die mir in besonderer Erinnerung bleibt, ist das 1:2 im Relegations-Rückspiel mit dem SV Heimstetten in Würzburg 2012. Ich war davor acht Wochen verletzt gewesen, doch unser Trainer Rainer Elfinger hat mich aufgestellt. Auf dem Feld hatte ich irgendwann Krämpfe und war mausetot, doch dann habe ich noch das Tor geschossen, das uns am Ende in die Regionalliga gebracht hat.“

Bernd Rohrhirsch

langjähriger Spieler beim VfR Garching:

„Das Spiel, auf das ich am häufigsten angesprochen werde, ist unser Pokalsieg 1987 gegen die Löwen – Klaus Zettl hat damals das entscheidende 1:0 in der Verlängerung geschossen. Ich persönlich erinnere mich aber am häufigsten an die Saison 1990/91, unsere erste unter Willi Bierofka als Trainer. Damals hat es etwa ein Vierteljahr gedauert, bis wir verstanden haben, was er von uns will. Doch dann haben wir eine Serie gestartet und sind am Ende in die Bezirksoberliga aufgestiegen. Als Fußballfan war für mich das Champions-League-Finale 1999 zwischen Bayern und Manchester wahnsinnig prägend. Ich erinnere mich noch genau, dass ich mir das Spiel im Sportlerheim des VfR angeschaut habe, und wie viele Besucher nach dem 1:1 wutentbrannt rausgestürmt sind. Als sie danach wieder reinkamen, um sich die Verlängerung anzuschauen, war das Spiel schon aus – weil Manchester in der Nachspielzeit auch noch ein zweites Tor geschossen hatte. Dieses Spiel wird mir immer im Kopf bleiben.“

Wimpeltausch: Ismanings damaliger Kapitän Erik Becker (rechts) mit dem Dortmunder Jürgen Kohler vor dem DFB-Pokalspiel.
Wimpeltausch: Ismanings damaliger Kapitän Erik Becker (rechts) mit dem Dortmunder Jürgen Kohler vor dem DFB-Pokalspiel. – Foto: MM

Ewald Matejka

langjähriger Präsident des SV Heimstetten:

„Am intensivsten erinnere ich mich an das WM-Finale 1966, das ich als 14-Jähriger verfolgt habe. Ich war damals niedergeschlagen, weil ich mit meinen jungen Jahren schon gesehen habe, dass das Wembley-Tor ganz klar kein Tor war. Eine besondere Erinnerung verbinde ich auch mit dem ersten Sieg des FC Bayern im Europapokal der Landesmeister 1974, weil ich beim Finale in Brüssel live dabei war. Wir waren damals mit der Bundeswehr-Auswahl Deutscher Vizemeister geworden und durften deshalb mit einem Sonderzug nach Belgien fahren. Das Spiel ist 1:1 nach Verlängerung ausgegangen, schon am nächsten Tag mussten wir wieder nach Hause. Den Sieg der Bayern im Wiederholungsspiel habe ich daher nur im Fernsehen gesehen. Und als Präsident des SV Heimstetten war mein persönliches Jahrhundertspiel die Relegation nach der Saison 2011/12. Da haben wir zwar mit 1:2 in Würzburg verloren, sind aber wegen des Auswärtstors von Orhan Akkurt in die Regionalliga aufgestiegen, was uns davor niemand zugetraut hätte. An diesem Abend haben wir noch bis drei Uhr nachts gefeiert.“

Ewald Matejka war live beim ersten Bayern-Sieg im Europapokal dabei.
Ewald Matejka war live beim ersten Bayern-Sieg im Europapokal dabei. – Foto: MIC

Erik Becker

Spieler und Trainer in Lohhof, Ismaning und Unterföhring:

„Ich habe in all den Jahren viele schöne Spiele erlebt, aber zwei waren besonders prägend. Einmal, als wir mit dem FC Ismaning im DFB-Pokal gegen Dortmund gespielt haben. Da stand es ja bis zur zweiten Halbzeit nur 0:1 – es war spannend, viele Zuschauer waren da, das Wetter war schön, einfach ein top Erlebnis. Da andere Spiel war in meiner Trainerzeit beim FC Unterföhring – im Pokal gegen die Amateure des FC Bayern, die damals von Hermann Gerland trainiert wurden. Ich habe meine Jungs vor dem Spiel noch ein paar Sprints machen lassen, worauf Hermann zu mir gekommen ist und gesagt hat: Lass deine Spieler nicht so viel rennen, die brauchen ihre Kraft noch. Im Spiel habe ich dann eine ganz eigene Taktik gewählt, ein 3-3-3 mit einem Freigeist in der Mitte. Wir haben die Räume dadurch eng gemacht, ein tolles Spiel abgeliefert und am Ende im Elfmeterschießen gewonnen. Nachher bin ich dann zu Hermann Gerland hin und habe nur gesagt: Siehst du, Hermann, wir haben eigentlich doch genug Kraft gehabt.“

Bernd Rohrhirsch denkt an die Niederlage des FC Bayern gegen Manchester.
Bernd Rohrhirsch denkt an die Niederlage des FC Bayern gegen Manchester.

Aufrufe: 016.6.2020, 07:00 Uhr
Münchner Merkur (Nord) / Patrik StäblerAutor