2024-05-08T14:46:11.570Z

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Marcus Pöllner (li.) und David Pfeil (re.) konnten im Jahr 2020 nicht wie erhofft auf sich aufmerksam machen.
Marcus Pöllner (li.) und David Pfeil (re.) konnten im Jahr 2020 nicht wie erhofft auf sich aufmerksam machen. – Foto: Johannes Traub

Die Ausnahme-Kicker: Fußball-Azubis dürfen weiter trainieren

In der Regionalliga Bayern herrscht bedingt durch das verhängte Sportverbot Stillstand - das gilt nicht allerorten

Es ist ein Jahr zum Vergessen für den Amateurfußball. Von der untersten Klasse bis hoch in die Regionalliga war es vielen Teams 2020 nicht einmal möglich, ein halbes Dutzend Wettkampfspiele auszutragen. Besonders bitter ist das für die Nachwuchskicker an den Standorten Augsburg, Nürnberg und Fürth. Die vierte Liga als Sprungbrett in den Profibereich, das funktionierte in diesem Jahr nicht. Die Talente konnten sich kaum zeigen - und müssen nun tatenlos zusehen, wie sich Gleichaltrige ihre ersten Meriten in der 3. Liga oder noch höher verdienen. Denn der Profibereich ist weiterhin geöffnet. Wir haben uns mal auf Spurensuche begeben, wie beim FCA, beim Club und beim Kleeblatt mit der schwierigen Situation umgegangen wird.

FC Augsburg II

Ganze fünf Ligaspiele waren der Bundesliga-Reserve in diesem Jahr vergönnt. Eine mehr als bescheidene Situation, daraus macht auch Cheftrainer Josef Steinberger keinen Hehl. Was ihm und seinen Jungs zusätzlich sauer aufstößt: "Es gibt halt wieder keine einheitliche Regelung. Die Regionalliga West darf spielen, wir nicht." Freilich sei es für seine Schützlinge bitter, wenn das Schaufenster vierte Liga geschlossen sei. Wer nicht aktiv ist, kann auch nicht auf sich aufmerksam machen, das ist Fakt. Aber anders als die Amateurvereine dürfen die Nachwuchsprofis zumindest auf dem Platz stehen: "Wir konnten am gestrigen Montag den Trainingsbetrieb wieder aufnehmen. Weil die Spieler den Status als Berufsfußballer erhalten, sozusagen Azubis sind, und demnach auch ihrer Ausbildung nachgehen dürfen." Das mache die Situation erträglicher, meint Steinberger: "Ohne Mannschaftstraining wäre das für die Jungs schon extrem schwierig, damit klarzukommen und sich weiter zu motivieren."

Jammern gilt aber für den gebürtigen Niederbayern Steinberger ohnehin nicht: "Das war in der Dimension einfach nicht vorhersehbar. Wir dürfen nicht nur hadern, sondern müssen auch die Chancen und Möglichkeiten sehen, die uns so eine Ausnahmesituation bietet." Welche Chancen das sind? Steinberger erklärt, dass nun viel mehr Zeit bleibt, individuell mit den Spielern zu arbeiten. Vereinfacht gesagt: An den Stärken wird gefeilt, die Schwächen versucht abzustellen. "Natürlich fehlt der Wettkampf, darüber brauchen wir gar nicht diskutieren. Aber ich kann mit der Mannschaft Sachen machen, die im Alltag zu kurz kommen, wenn ich immer das nächste Wochenende im Blick haben muss." Zum Schluss macht Steinberger seinen Jungs Mut: "Wenn ich sehe, wie ein Leon Goretzka die Zeit des ersten Lockdowns genutzt hat und hart an sich gearbeitet, dann kann man aus so einer schwierigen Phase auch gestärkt hervorgehen."

Josef Steinberger (re.) muss seine Mannschaft bei Laune halten.
Josef Steinberger (re.) muss seine Mannschaft bei Laune halten. – Foto: Klaus Rainer Krieger

1. FC Nürnberg II

Beim Club in Nürnberg ist die Situation ähnlich wie in der Fuggerstadt. "Wir dürfen zum Glück trainieren. Vier Übungseinheiten pro Woche auf dem Platz plus Einheiten im Kraftraum und Athletiktraining stehen bis Mitte Dezember nun an. Das gilt sowohl für die U21 als auch für die U19 und U17. Alle Teams haben den Status einer Profimannschaft erhalten", lässt Co-Trainer Ahmet Koc wissen, der eigentlich am Wochenende den in der Slowakei weilenden Marek Mintal vertreten hätte. Doch die Partie gegen Wacker Burghausen findet bekanntlich nicht statt. "Für die Jungs ist das mental sehr belastend. Sie haben nach dem Jugendbereich extrem wenig Zeit, sich zu zeigen. Mit 21 sind - bzw. müssen - die meisten weg. Und dann wird ein Jahr kaum gespielt. Das ist natürlich ganz, ganz schlecht. Pflichtspiele sind durch nichts zu ersetzen." Aber auch Koc will keine hängenden Köpfe sehen. Es gelte, das Beste aus der Situation zu machen: "Wir stellen den Ausbildungsgedanken noch mehr in den Vordergrund und können nun ohne Ergebnisdruck arbeiten." Im Training weiter Gas zu geben, hat für die jungen Cluberer zudem einen Anreiz. In der zweiten Liga ist der Weg ins Profiteam nicht so weit wie beim Bundesligisten in Augsburg. "Die Jungs stehen auf Abruf bereit, weil wir nicht wissen, wer eventuell zu den Profis hochgezogen wird", bestätigt Koc, der auch mit dieser Aussicht seine Schützlinge bei Laune halten kann.

Marek Mintal (li.) und Ahmet Koc (re.) wollen die jungen Cluberer bestmöglich auf dem Trainingsplatz fordern.
Marek Mintal (li.) und Ahmet Koc (re.) wollen die jungen Cluberer bestmöglich auf dem Trainingsplatz fordern. – Foto: Johannes Traub


SpVgg Greuther Fürth II

Wenn in Fürth nicht gerade die Profis trainieren, ist es still geworden am Ronhof, wo das Kleeblatt zuhause ist. Im Gegensatz zu den beiden anderen Profivertretungen im benachbarten Nürnberg und in Augsburg hat die SpVgg Greuther Fürth II für den kompletten Monat November den Trainingsbetrieb eingestellt. "Natürlich ist das unzufriedenstellend, nicht am Ball sein zu dürfen. Vor allem junge Spieler brauchen jeden Ballkontakt, den sie kriegen können. Aber wir müssen das akzeptieren", versichert Trainer und Kleeblatt-Legende Petr Ruman. Ein Coronafall im Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) habe dafür gesorgt, dass der Ronhof derzeit nahezu verwaist ist.

Allerdings wäre ohnehin nicht angedacht gewesen, im November die Regionalliga-Mannschaft auf den Trainingsplatz zu bitten. "Wir hatten uns bewusst dazu entschieden, weil ja auch im Dezember kein Wettkampf stattfinden wird. Wir erachten es als sinnvoller, die Jungs im November mit Cyber-Training und Laufeinheiten fit zu halten. Ab Dezember wollen wir wieder dazu übergehen, in Gruppen auf dem Platz zu trainieren. Anfang Januar soll wieder normales Mannschaftstraining stattfinden", erklärt Ruman den Fahrplan bis nach Weihnachten. Dass die Stimmung innerhalb seiner Mannschaft gedrückt ist, will der Coach nicht abstreiten, betont aber: "Wir können es nicht ändern, aber das Beste daraus machen. Wir könnten jetzt auch drei, vier Wochen zuhause rumsitzen und uns ärgern, aber was bringt uns das? Die Situation ist eine Herausforderung, der müssen wir uns stellen. Jede Krise bietet auch eine Chance, wir müssen nur manchmal den Blickwinkel ändern."

Petr Ruman (li., mit Schweinfurts Trainer Tobias Strobl) und die Fürther lassen den Trainingsbetrieb im November ruhen.
Petr Ruman (li., mit Schweinfurts Trainer Tobias Strobl) und die Fürther lassen den Trainingsbetrieb im November ruhen. – Foto: Rebel

Aufrufe: 010.11.2020, 15:55 Uhr
Mathias WillmerdingerAutor