In letzter Zeit ist es ruhig geworden um Josef "Sepp" Steinberger. Seit dem Ende seines Engagements beim FC Augsburg II im Sommer 2022 hat der gebürtige Dingolfinger keine neue Aufgabe mehr in Angriff genommen. Ist der 50-Jährige etwa fußballmüde geworden? "Nein, nein", wiegelt er ab. Aktuell bilde er sich auf verschiedene Weisen weiter und warte auf das richtige Angebot, wie er schmunzelnd verrät. In seiner langen Trainerlaufbahn hat der Fußballlehrer viele Talente unter seinen Fittichen gehabt, unter anderem konnte er Spieler wie Florian Neuhaus (Borussia Mönchengladbach), Julian Weigl (Borussia Mönchengladbach), Marius Wolf (Borussia Dortmund), Maxi Wittek (VfL Bochum), Felix Uduokhai oder Maxi Bauer (beide FC Augsburg) auf ihrem Weg in die erste Bundesliga mitentwickeln. Was denkt eine Talente-Spürnase wie er über die Reform im Nachwuchsfußball, die ab der Saison 2024/25 greifen soll?
Im Moment prasselt viel auf den deutschen Fußball ein. Nach drei grandios verpatzten Turnieren ist die Stimmung kurz vor der Heim-EM 2024 im Keller. Auch die Nachwuchsarbeit steht in der Kritik. Haben wir in Deutschland die Entwicklung in den letzten Jahren verpennt? So weit will Steinberger nicht gehen: "Wir sollten jetzt nicht hergehen und alles verdammen, was in der jüngeren Vergangenheit passiert ist. Dass wir uns spielerisch und auch taktisch weiterentwickeln, ist im Grunde schon ein guter Ansatz."
Das Aber von Steinberger folgt im nächsten Atemzug: "Was mir allerdings auffällt: Es fehlt an den Basics und Details in Sachen Technik als Grundvoraussetzung. Ohne Technik keine Taktik! Und das Zweikampfverhalten in der Jugend ist ganz weit entfernt vom Herrenbereich. Darauf wird zu wenig Wert gelegt, aber das Zweikampfverhalten ist nun mal die Basis, die Keimzelle des Fußballs. Das hat uns Deutsche auch über Jahrzehnte ausgezeichnet, dass wir, ich sag`s mal so, eklig zu spielen waren. Technische Qualität, spielerische Finesse und Zweikampfhärte, diese Komponenten gilt es zusammenzuführen. Und wir müssen wieder Typen ausbilden, die vorangehen, wenn es nicht so läuft."
Nicht nur beim Elite-Nachwuchs sollen einschneidende Veränderungen her, auch in der Breite bei den Kleinsten wird es eine große Reform geben. Stichwort Funino! Kleinere Spielfelder, weniger Spieler, vier kleine Tore. Wie denkt Steinberger darüber? "Fakt ist: Weniger Spieler auf kleinerem Feld führen zu mehr Ballaktionen für jeden Einzelnen. Das ist prinzipiell ein guter Weg, wobei es viele Wege gibt, die Kids spielerisch zu schulen. Der Einwand, die Torhüter kämen dabei zu kurz, den sehe ich nicht unbedingt. Vielmehr sehe ich es als Vorteil, wenn bis zur U10 auch zukünftige Torhüter eine fußballerische Ausbildung erhalten und mit dem Ball umgehen können. Dass Torhüter mittlerweile gut Fußballspielen können sollten, ist kein Geheimnis."
Und dann bringt der Fußballlehrer noch einen Vorschlag ins Spiel: "Ich würde es sehr begrüßen, dass die Spieler in unteren Jahrgängen immer wieder auf verschiedene Positionen gestellt werden. Quasi ein Rotationsprinzip. Dabei treten beim ein oder anderen mit Sicherheit Qualitäten zu Tage, die bislang unbekannt waren."
Und was hat Steinberger selbst in Zukunft vor? "Ich habe die Zeit genutzt, um die letzten 15 bis 20 Jahre zu reflektieren. Beim HSV habe ich hospitiert und wirklich extrem viele Spiele beobachtet, um mich einfach weiterzuentwickeln und weiterzubilden. Ich fühle mich daher bestens gerüstet für die nächsten 10 bis 15 Jahre. Was ist tun möchte? Ganz einfach: Eine Aufgabe muss mich begeistern, das kann vielfältig sein. Fußball ist meine große Leidenschaft, ich muss das mit Herzblut tun. Dabei ist es dann auch nicht wichtig, ob das im Nachwuchs oder Herrenbereich ist. Ich würde beispielsweise auch als Co-Trainer oder Richtung Sportliche Leitung im Jugend- oder Herrenbereich machen."