2024-05-10T08:19:16.237Z

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Lautstark: Bemerkenswert wie Finn Dahmen bereits in jungen Jahren versteht, die Abwehr zu dirigieren.	Foto: imago
Lautstark: Bemerkenswert wie Finn Dahmen bereits in jungen Jahren versteht, die Abwehr zu dirigieren. Foto: imago

"Er ist kein Weichei"

FINN DAHMEN: U 23-Keeper der 05er bereits fester Bestandteil des Regionalliga-Teams +++ Paradebeispiel einer besonderen Torwartschmiede

Mainz. In einer insgesamt ordentlichen Saison des FSV Mainz 05 II war der 3. September ein äußerst schmerzlicher Tag – für Finn Dahmen im doppelten Sinn. Beim 0:3 gegen den 1. FC Saarbrücken kugelte sich der Torhüter zu allem Überfluss einen Finger aus. „Das tut schon weh, da spielt nicht jeder weiter“, sagt sein Trainer Dirk Kunert. Der 19-Jährige ließ sich kurz behandeln, der Finger wurde wieder eingerenkt, und weiter ging’s. „Er ist sehr ehrgeizig, und er ist kein Weichei“, lobt Kunert den 19-Jährigen, „er haut sich voll rein. Normalerweise denkt man, dass Spieler, die aus der Jugend kommen, erst einmal stabiler werden müssen. Er nicht.“

Beförderung auch durch Verletzungsmisere

Elf der bisherigen 13 Regionalligaspiele hat Dahmen absolviert – auch der Verletztenmisere bei den Keepern, die zum Kader der ersten Mannschaft zählen, geschuldet. Robin Zentner (22) war bislang als Bundesliga-Reservist gefragt, da der eigentlich vorgesehene Jannik Huth (23) verletzt war. Florian Müller (19) kamen Hüft-OP und Schulterprobleme in die Quere. „Für Finn ist es schön, dass er spielt. Er hat eine sehr gute Entwicklung genommen“, sagt Kunert. „Von der Körperlichkeit und der Abgezocktheit der Gegenspieler her ist es ein großer Sprung“, gibt Dahmen zu, „wie die Gegenspieler in die Kopfbälle fliegen, wie die Stürmer dich ausgucken – damit hatte ich die ersten zwei, drei Testspiele zu kämpfen. Und meine Lehrzeit ist natürlich noch lange nicht abgeschlossen.“

Man kann allmählich den Überblick verlieren bei all den talentierten Torhütern, die aus dem Mainzer Nachwuchsleistungszentrum – und damit auch aus den Händen von Torwarttrainer Sven Hoffmeister – kommen. Vor drei Jahren teilten sich, damals in der U 17, in Dahmen, Lennart Grill und Jan-Christoph Bartels gleich drei Jugend-Nationalkeeper den Platz zwischen den Pfosten. Inzwischen ist Bartels zum 1. FC Köln und Grill zum 1. FC Kaiserslautern gewechselt. Dahmen, Müller, Zentner, Huth – alles, was in der klubinternen Keeper-Hierarchie auf René Adler folgt, stammt aus der eigenen Talentschmiede und trug schon den Bundesadler auf der Brust. Als Jüngster in diesem Kreis weiß Dahmen, dass es ein weiter Weg bis in die Eliteklasse ist.

„Ich will versuchen, es in den Profifußball zu schaffen, und so hoch spielen, wie es geht. Ich will einfach jeden Tag besser werden. Wenn es nur für die zweite oder dritte Liga reicht, ist es auch nicht schlimm.“ Neuer, ter Stegen – die Protagonisten des modernen Torwartspiels nennt der Wiesbadener als seine Vorbilder. Beim Heimatverein FC 1934 Bierstadt war er einst im jüngeren Jahrgang Feldspieler und im älteren Keeper. „Er ist ein sehr guter Fußballer“, betont Kunert, der außerdem die Stärken Dahmens auf der Linie hervorhebt. „Er ist ein sehr leistungsmotivierter Spieler. Sein Wille erlaubt es ihm nicht mal, ein Trainingsspiel zu verlieren. Seine große Stärke ist die Torwart-Technik“, hält Junioren-Cheftrainer Thomas Krücken, der Dahmen in der U 17 und U 19 unter seinen Fittichen hatte, fest.

Im Derby bei Schott Mainz hielt Dahmen in der Schlussphase den 1:0-Sieg fest, beim 3:1-Erfolg in Mannheim vereitelte er das womöglich vorentscheidende 0:2. Zwei der sechs Saison-Dreier wären ohne seine Paraden wohl nicht zustande gekommen. „Ich bin auf jeden Fall zufrieden“, sagt der Schlussmann über seinen ganz persönlichen Saisonverlauf – und nimmt das 0:5 in Steinbach, wo ein Freistoß im Torwarteck einschlug, aus. Bemerkenswert ist, mit welcher Bestimmtheit und Selbstverständlichkeit er die Abwehr dirigiert. „Ich war auf dem Fußballplatz schon immer relativ laut“, schmunzelt er, „das Alter sollte da ja keine Rolle spielen.“

Dahmen kam über Eintracht Frankfurt in der U 11 zum FSV, spielte schon damals mit seinen aktuellen Teamkollegen Ridle Baku und Justin Petermann zusammen. Am Saisonende läuft sein Vertrag aus. „Ich würde mich freuen, wenn der Verein auf mich zukommt“, sagt er. Krücken betont, dass Dahmen nebenher auch noch „ein wirklich gutes Abi“ gemacht hat. Die schulische Ausbildung ihrer Talente ist den 05ern wichtig, der 19-Jährige könne als „Vorzeige-Beispiel“ dienen. „Ich werde auf jeden Fall irgendwann studieren und nicht nur Fußball spielen, da bin ich mir sicher“, betont Dahmen. Doch im Moment steht die Keeper-Karriere im Mittelpunkt. Da kann auch ein ausgekugelter Finger ihm nicht in die Quere kommen.



Aufrufe: 012.10.2017, 10:00 Uhr
Torben SchröderAutor