2024-05-02T16:12:49.858Z

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„Dann schieß ich ihn halt rein“: Andreas Faber, hier gegen den FC Bayern II, ist Föhrings Top-Torschütze.  Foto: Michalek
„Dann schieß ich ihn halt rein“: Andreas Faber, hier gegen den FC Bayern II, ist Föhrings Top-Torschütze. Foto: Michalek

Andreas Faber kämpft für sein Lebenswerk

Alles raushauen, dann war es okay

Der FC Unterföhring ist ein Underdog in der Regionalliga Bayern. Dass man überhaupt in solche Sphären aufsteigen konnte, hat viel mit den Fabers zu tun: Vater Franz ist Präsident, Sohn Andreas Führungsspieler und Torschütze. Daneben assistiert er als Co-Trainer nun auch Peter Faber, seinem Onkel.

Wie krass die Unterschiede in dieser Liga sind, wurde Andreas Faber so richtig bewusst, als er an jenem Dienstag Anfang September zum Pokalspiel seiner Mannschaft Richtung Grünwalder Stadion fuhr. Noch unterwegs, in seinem Privat-PKW, führte der junge Unternehmensberater Gespräche mit Kunden, das Büro musste er ja früher als sonst verlassen. Kurz vor dem Stadion kam er am Mannschaftsbus des TSV 1860 vorbei, ein komfortables Gefährt, Hell- und Dunkelblau lackiert, mit dicker Aufschrift „Sechzig“. Von denen, dachte er sich, „hat heute bestimmt keiner gearbeitet“.

Alles Vollprofis, der Kader ist, laut transfermarkt.de, knappe drei Millionen wert. Beim FC Unterföhring dagegen gehen alle einem Beruf nach oder studieren, der Etat ist so niedrig, dass man sich, als nach dem Aufstieg zehn Mann den Verein verließen, gerade mal ein paar Landesligaspieler als Ersatz leisten konnte. „Die anderen haben erst mal nach Kohle gefragt. Und dann gleich abgewunken“, Faber weiß das aus erster Hand, sein Vater Franz ist Präsident des Vereins und verwaltet den Mangel. Trotzdem hat man es geschafft, neben den sportlichen auch die organisatorischen Hürden für die Regionalliga zu nehmen.

Und das hat vor allem mit den Fabers zu tun. Der FC Unterföhring ist ein Familienbetrieb, es sind ja nicht nur Franz und Andreas, mit seiner Präsenz auf dem Platz und den vielen, oft entscheidenden Toren am Föhringer Höhenflug maßgeblich beteiligt, da ist auch Michael Kain, Andis Cousin, und Pascal Putta, der auch zur erweiterten Familie gehört. Und nach der Trennung von Trainer Seethaler soll nun Peter Faber, Bruder des Präsidenten, den direkten Abstieg verhindern. Zumindest hat er mal geschafft, worauf man in Unterföhring 16 Spieltage warten musste, den ersten Sieg.

"Man verliert den Glauben, wenn man nie gewinnt"

Das 2:1 in Fürth war so etwas wie eine Erlösung, „zum ersten Mal seit ewigen Zeiten habe ich mal wieder auf die Tabelle geschaut“, sagt Andreas, der mit seinem Treffer zum 2:0 zwanzig Minuten vor Schluss wieder mal die Weichen gestellt hatte. Man ist zwar noch immer Letzter, „die Sache schaut aber nicht mehr ganz so unerfreulich aus“, Andreas Faber blickt kurz zurück auf harte Wochen mit manchmal deutlichen, oft aber auch knappen Niederlagen: „Man verliert einfach den Glauben, wenn man nie gewinnt.“

Nun ist der Glaube zurück, der Teamgeist habe ohnehin nie gelitten. „Wir wussten ja, dass es schwierig wird“, in einer Liga mit den Löwen, den Bayern Amateuren, den vielen zweiten Mannschaften, die, wie auch Schweinfurt, professionell trainieren. Zumal man ja zu Saisonbeginn so viele Spieler verloren hatte, allein fünf sind mit Trainer Andi Pummer zu Türkgücü-Ataspor gewechselt. Andreas Faber zuckt die Achseln, „bei uns kann man halt nicht reich werden“, er zeigt Verständnis, aber nicht für alle. „Im Winter, als mein Vater die Mannschaft fragte, wollte jeder in die Regionalliga.“ Dass manche Zusagen bald darauf zu Makulatur geworden waren, war „schon frustrierend, für Papa und mich ist der Verein ja so etwas wie ein Lebenswerk.“

Andreas Faber, neben Mats Hummels in der Jugend des FC Bayern groß geworden, ist vor zwölf Jahre nach Unterföhring gekommen. Nach ersten Erfahrungen mit einem Spielerberater, der ihn zum VfB Stuttgart vermitteln wollte, „hatte ich genug von Großvereinen“, Faber sieht sich fußballerisch als Traditionalist, dem Werte wie Teamgeist und Zusammenhalt wichtiger sind als Geld. Seine Qualitäten hätten sicherlich gereicht für höhere Aufgaben, nur einmal aber hat er es versucht, für ein halbes Jahr in Buchbach. „Ich war früher ein recht bunter Vogel, führte einen lockeren Lebenswandel.“ Während seines Engagements in Buchbach verdiente er sich sein Studium als Barkeeper, nicht die ideale Voraussetzung für ambitionierten Sport.

Aus Nervosität um sechs Uhr Laufen im Englischen Garten

In Unterföhring hatte er sich vor fünf Jahre derart mit dem Trainer Dirk Teschke angelegt, dass dieser während der Relegation zur Bayernliga hinwarf. „Das war eine Scheißsituation“, sagt er heute darüber, er sei aber inzwischen „älter, anständiger und reifer“ geworden. Und absolut unverzichtbar für die Mannschaft. Seit gut zwei Jahren ist er, obwohl kein gelernter Stürmer, ein Top-Torjäger geworden, 33-mal hat er in den letzten beiden Bayernliga-Jahren getroffen, meist waren es entscheidende Tore. Als der Trainer Andi Pummer mal keine Stürmer mehr hatte, hat sich der defensive Mittelfeldmann angeboten, vorne auszuhelfen. Und es hat funktioniert. „Dass es so gut läuft, hätte ich nicht gedacht“, als Erfolgsgeheimnis nennt er, dass „ich ihn halt reinschieße, wenn er mir aufgelegt wird“ und wünscht sich das auch von einigen seiner Mitspieler, „die den Ball immer noch mal querlegen.“

Das will er ihnen jetzt auch vermitteln, unter seinem Onkel Peter ist Andreas zum Co-Trainer aufgestiegen, musste anfangs sogar mal als Chefcoach einspringen. „Da war ich so nervös, dass ich schon um sechs wach geworden und zum Laufen in den Englischen Garten gegangen bin.“ Zehn Stunden habe er das Spiel akribisch vorbereitet, „blöd, wenn es dann derart schief geht.“ 1:5 verlor Faber sein Trainerdebüt in Ingolstadt, kann sich aber durchaus vorstellen, dass der Job „eine Option“ wäre, wenn er mal nicht mehr aktiv ist.

Nur mit Sponsor dauerhaft Regionalliga

Ob in Unterföhring, seinem Lebenswerk? Andreas Faber ist zwar überzeugt, dass man trotz der langen sieglosen Wochen die Klasse halten kann, zur Not über die Relegation („das wäre absolut geil“). Aber ob das auf Dauer gehen wird mit höherklassigem Fußball in Unterföhring? „Ohne Sponsor wohl kaum.“ Dieses Jahr in der Regionalliga ist ein Highlight, ein tolles Erlebnis für den Ort, den Verein, für die Spieler. „Und wenn wir dann wirklich alles rausgehauen haben, um den Klassenerhalt zu schaffen, dann war es auch okay.“

Das Jahr nur mitnehmen und genießen, das entspräche aber nicht der Mentalität von Andreas Faber. „Ich will immer gewinnen.“ Als er damals, Anfang September, nach dem Spiel gegen 1860 gefragt wurde, wie beeindruckend dieser Auftritt vor dieser Kulisse in diesem Stadion für ihn gewesen sei, meinte er nur: „Ich ärgere mich. Wenn ich 0:4 verloren habe, kann ich mich nicht hinstellen und sagen: Das war großartig.“ Auch wenn die Unterschiede zwischen diesen beiden Regionalligisten krasser nicht sein könnten.

Die Amateurfußballseite erscheint jeden Mittwoch, wegen des Feiertags Allerheiligen diesmal am Donnerstag. Autor ist Reinhard Hübner, erreichbar unter komsport@t-online.de

Aufrufe: 02.11.2017, 09:00 Uhr
Reinhard Hübner - Münchner MerkurAutor