2024-05-02T16:12:49.858Z

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Der Kampf für das perfekte Bild: Marian Knecht ist einer der besten Torjäger der Regionalliga Bayern. Seine zweite Leidenschaft ist die Fotografie. „Ein Foto zu schießen ist ein künstlerischer Akt“, sagt Knecht. Marian Knecht
Der Kampf für das perfekte Bild: Marian Knecht ist einer der besten Torjäger der Regionalliga Bayern. Seine zweite Leidenschaft ist die Fotografie. „Ein Foto zu schießen ist ein künstlerischer Akt“, sagt Knecht. Marian Knecht

Stürmer Marian Knecht hat auf Instagram mehr Fans als viele Profis

45.000 Menschen folgen dem Pipinsried-Stürmer auf Instagram

Der Personen-Kult hat die Regionalliga noch nicht erreicht. Marian Knecht ist die Ausnahme. Er hat in den sozialen Netzwerken tausende Anhänger. Weil er eine Seite von sich zeigt, die auf den ersten Blick nicht zu einem Fußballer passt.

Die Geschichte des Fußballers Marian Knecht liefert genügend Stoff für ein Bolzplatz-Märchen: Ein Stürmer, der in seiner Jugend nie bei einem großen Klub, sondern lieber mit den Freunden gekickt hat, kämpft sich nach oben. Marian Knecht hat sich in wenigen Jahren von der Bezirksliga bis in die Regionalliga hochgeschossen. Nach jedem Wechsel dachte er: „Jetzt stoße ich an meine Grenzen. Jetzt treffe ich nicht mehr.“ Doch Knecht traf. In jeder Liga. Mit dem BCF Wolfratshausen stieg er aus der Bayernliga ab. Als bester Torjäger der Liga. Mit dem FC Pipinsried spielt er gegen den Abstieg. Doch auch in der Regionalliga gehört er mit neun Toren in fünfzehn Spielen zu den besten Schützen. Bei dieser Quote beginnt ein Amateurspieler zu träumen – auch wenn er schon 26 ist: Geht nach oben vielleicht doch noch was? Marian Knecht hat diesen Traum. Doch er lebt noch einen weiteren. Neben dem Fußballplatz hat er ein zweites Spielfeld: die Foto-App Instagram.

Marian Knecht postet Bilder von sich selbst. Tausenden Menschen gefällt das. Sie sehen einen Mann mit perfekt getrimmten Bart, mit einem Nasenpiercing und mit dunklen Tattoos. Er wirkt wie eine Kunstfigur, wenn er in einem Bildausschnitt seinen Oberkörper zeigt . Die teure Kleidung, die dunklen Farben – auf den Bildern ist alles perfekt abgestimmt. Wie bei einer Komposition. Indem er sich inszeniert, zieht Marian Knecht Massen an, mit denen er Geld verdient. 45.000 Menschen folgen seinem Profil. Die Anzahl an Followern auf dem Instagram-Account ist die neue Währung unter Jugendlichen. Es ist der Kampf um Anerkennung, der mit Bildern geführt wird. Marian Knecht beherrscht ihn perfekt. Auch weil er eine Seite von sich zeigt, die auf den ersten Blick nicht zu einem Fußballer passt. „Keiner würde mir folgen, weil ich ein Regionalliga-Spieler bin. Aber ein Mann, der Mode präsentiert, ist etwas besonderes. Keiner hätte vor zehn Jahren gedacht, dass sich Männer einmal so zeigen“, sagt Marian Knecht.

„Ich mache das nicht aus dem Bedürfnis heraus, wahrgenommen zu werden.“

Marian Knecht, Stürmer des FC Pipinsried

Begonnen hat der 26-Jährige, weil er Menschen inspirieren wollte. Knecht arbeitet oft Stunden an einem perfekten Bildmotiv. Er entwickelt dafür Konzepte. Die Stimmung, das Licht, die Farben – alles muss perfekt sein. Wie bei einem Maler, dessen Werke sich so zusammenfügen, dass diese wie aus einem Guss wirken. „Manche belächeln vielleicht, was ich tue. Aber ein Foto zu schießen ist ein künstlerischer Akt, in den ich sehr viel Energie investiere“, sagt Knecht. Fotografie ist neben Fußball seine zweite Leidenschaft. Für seine Bilder benutzt er eine Spiegelreflex-Kamera. Ein Handy könnte den Ansprüchen, die er an Bilder hat, nicht gerecht werden. „Ich bin auf den Instagram-Zug erst spät aufgesprungen. Ich habe zu Beginn nicht hinterfragt, was ich tue. Aber ich hatte von Anfang an den Anspruch, Qualität zu liefern“, sagt Knecht.


Ehre für den Kanonier (v. li.): Sportredakteur Wolfgang Stauner, Torschützenkönig Marian Knecht und Trophäenstifter Thomas Linke vom „Arzbacher Hof“. In der vergangenen Saison wurde er Torschützenkönig. Foto: Hans Demmel


Ein Bundesliga-Profi muss wenig dafür tun, um Millionen Anhänger in den sozialen Netzwerken an sich zu binden. Private Einblicke suggerieren eine Nähe zu den Idolen. Die Fans können am Leben ihrer Stars teilhaben. Selbst ein Talent wie Christian Früchtl vom FC Bayern II hat bereits 85.000 Abonnenten. Dabei hatte er noch keinen Profi-Einsatz. Diesen Personen-Kult gibt es bei den Amateurklubs in der Regionalliga nicht. „Viele stellen sich das einfach vor. Aber ich musste mir jeden Fan hart erarbeiten“, sagt Marian Knecht. Vier bis fünf Stunden hat der 26-Jährige zu Beginn pro Tag am Handy verbracht, um bei jungen Männern und Frauen mit seinen Bildern Interesse zu wecken. Er tritt gezielt mit Personen in Kontakt, die seinem Profil entsprechen und sich für Männermode interessieren. Knecht beherrscht den Wettlauf um Anerkennung inzwischen. „Ich mache das nicht aus dem Bedürfnis heraus, wahrgenommen zu werden. Ich habe eine Leidenschaft für Mode und Fotografie, die ich ausleben kann. Dass ich damit auch noch mein Leben finanzieren kann, ist für mich wie ein Traum“, sagt Knecht.

Marian Knecht: „Meinen sportlichen Ehrgeiz habe ich erst mit 25 entwickelt.“

Mit seinen Bildern weckt er so viel Interesse, dass Mode-lables mit ihm arbeiten wollen. Für sie ist Knecht ein Marketing-Instrument, um einer jungen Zielgruppe neue Kleidung zu präsentieren. Als Model erhält er die neuesten Outfits. „Ich habe mir zuletzt vor zweieinhalb Jahren Klamotten gekauft“, sagt Knecht. Dass die Selbstdarstellung einen Preis hat, ist ihm bewusst. Er stellt sein komplettes Leben zur Schau. Selbst sein Schlafzimmer und sein Klo sind in einem Video zu sehen. „Ich zeige nur das Gute aus meinem Leben. Ohne diese privaten Einblicke würde es nicht gehen. Ich ziehe aber eine klare Grenze: Ich würde nie über intime Gefühle sprechen oder meine Familie zeigen“, sagt Marian Knecht.

Sobald er den Fußball-Platz betritt, steht die Instagram-Welt hinten an. Dann lebt er für eine Leidenschaft, die er schon als Kind empfunden hat. Der Ball, der Rasen, die Endorphine und der Kampf – Knecht liebt dieses Spiel. Und er beherrscht es inzwischen besser, als er es sich jemals zugetraut hätte. Im Alter von elf Jahren war er einmal bei einem DFB-Stützpunkt-Training. Als die Trainer seinen Kumpel nicht genommen haben, schmiss auch er hin. „Ich hatte Angst. Aber ich wollte auch immer lieber mit meinen Freunden spielen“, sagt Knecht. Statt in einem Nachwuchsleistungszentrum lernt er das Kicken bei der JFG Schwarzachtal. Mit Laufwegen und Taktik setzt er sich erstmals im Herrenfußball ernsthaft auseinander. „Meinen sportlichen Ehrgeiz habe ich erst mit 25 entwickelt. Ich beiße mir dafür heute in den Hintern, dass ich nicht früher angegriffen habe“, sagt Knecht. Denn der Stürmer hat etwas, was ein Fußballer nicht lernen kann: Instinkt.

Pro Spiel braucht er oft nur ein, zwei Chance für sein Tor. „Ich habe oft gegen den Abstieg gespielt. Beim BCF Wolfratshausen oder beim FC Pipinsried bekomme ich die Bälle nicht auf dem Silbertablett. Ich weiß, dass ich nur wenige Möglichkeiten im Spiel habe. Die muss ich eiskalt nutzen“, sagt Knecht. Der Stürmer hofft, dass diese Kaltschnäuzigkeit den Scouts nicht verborgen bleibt. „Jeder Fußballer hat doch den Traum, vielleicht mal in der 3. Liga spielen zu dürfen.“ Doch dieser Traum dominiert nicht sein Leben. Für Marian Knecht gibt es eine Welt abseits des Fußballplatzes. Hier lebt er seine zweite Leidenschaft – und hat sie zum Beruf gemacht.

Text: Christoph Seidl

Aufrufe: 014.11.2018, 13:03 Uhr
Dachauer Nachrichten / Christoph SeidlAutor