2024-04-25T14:35:39.956Z

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Radikaler Umbruch: Vom Kader der vergangenen Saison bleiben derzeit nur noch sieben Akteure übrig. Zwölf Mann haben dem SC bereits den Rücken gekehrt, womöglich werden noch weitere folgen. Foto: Fotomontage: kk
Radikaler Umbruch: Vom Kader der vergangenen Saison bleiben derzeit nur noch sieben Akteure übrig. Zwölf Mann haben dem SC bereits den Rücken gekehrt, womöglich werden noch weitere folgen. Foto: Fotomontage: kk

SC Feucht: Oder wenn sich eine Mannschaft selbst auflöst

Trotz einer starken Saison in der Bayernliga steht der Sportclub vor einem radikalem Umbruch +++ Mindestens 16 Spieler verlassen den Verein: Auch Schulik auf der Kippe +++ Tiefel nach Seligenporten - Klier nach Neumarkt

Beim 1. SC Feucht geht es gerade drunter und drüber. Stand Dienstag ha­ben – pünktlich zum Trai­ningsauftakt – 16 Spieler den Verein verlassen oder wurden gegangen. Bei dieser Zahl wird es aber kaum bleiben, denn in den letzten Tagen hat sich im Waldstadion etwas ver­selbstständigt, was man eigentlich nur als negative Kettenreaktion be­zeichnen kann. Im Mittelpunkt die­ser Abwanderungsbewegung ste­hen unterschiedliche Aussagen und Auffassungen zu getroffenen und/ oder vermeintlich unerfüllten Zusa­gen. Kurzum: Die Lage ist ziemlich verworren und kurios.
Am Sonntagabend hat der SC Feucht auf seiner eigenen Facebook-Seite für den kommenden Samstag um 11.30 Uhr eine Veranstaltung angekündigt: „Mannschaftsvorstellung der 1. Mannschaft“. Das ist in Zeiten sozialer Medien und digitaler Freundeskreise für einen ambitionierten Amateurverein nichts Ungewöhnliches. Höchst ungewöhnlich ist allerdings, dass bislang überhaupt nicht klar ist, welche Mannschaft der SC Feucht dort im heimischen Waldstadion vorstellen will. Denn von der Stammelf der letzten Bayernliga-Saison sind aktuell nur noch zwei Spieler an Bord – und selbst hinter diesen steht im Moment noch ein großes Fragezeichen!

Alles begann – so scheint es zumindest im Moment – mit dem unerwarteten Abschied von Mario Swierkot zum Regionalliga-Aufsteiger SV Seligenporten. Der 26-Jährige Flügelflitzer war über zwei Jahre lang einer der Schlüsselspieler beim Sportclub, wollte sich nun aber in der höchsten bayerischen Amateurliga etablieren. Swierkot ehrlich: „Diese Chance auf die Regionalliga musste ich einfach wahrnehmen.“ So weit, so nachvollziehbar. Dummerweise hatte er zuvor schon den Feuchtern seine Zusage für die kommende Spielzeit gegeben und so mit seinem plötzlichen Wechsel ins „Kloster“ auf einen Schlag ein ziemliches Loch in den Kader gerissen und vor allem die Planung von Trainer Klaus Mösle durcheinander gewirbelt, der sein Spielsystem auch ein wenig auf die Qualitäten seines Ausnahmekünstlers ausgerichtet hatte.

Wechsel nach Domino-Prinzip

Was danach folgte, war eine für die SC-Bosse wohl unvorhersehbare Abwandersungsbewegung nach dem Dominio-Prinzip. Fast täglich fiel nun ein anderer Spieler um. Zuerst Noah Tiefel, der mit Swierkot die brandgefährliche Flügelzange des SC bildete (20 Vorlagen, zehn Tore), dann auch noch Abwehrchef Christoph Klier. Beide entstammen der eigenen Jugend, waren Leistungsträger in der Mannschaft und Identifikationsfiguren für die Fans.

Ein herber Schlag für den SC

Zusammen mit den zwölf anderen Spielern, die bereits zuvor den Verein verlassen haben oder mussten, weil man sich nicht finanziell einigen konnte, bricht SC-Trainer Klaus Mösle also fast die komplette Stammelf weg. Denn von dieser sind im Moment nur noch Torjäger Sebastian Schulik und Verteidiger Daniel Gömmel an Bord. Den Rest des Kaders (22 Mann inklusive einiger A-Jugendlicher) bilden derzeit die aktuell acht Neuzugänge und die verbliebenen Spieler aus der zweiten Reihe.

Die zentrale Frage, wie es eigentlich so weit kommen konnte, lässt sich nicht so einfach beantworten. Denn die Meinungen beider Seiten sind dazu höchst unterschiedlich. Tiefel und Klier argumentieren mit angeblichen Zusagen von Seiten des Vereins, die nicht eingehalten worden wären. „Bei einem Gespräch hat man uns versichert, dass die Mannschaft zusammenbleibt und nur drei Spieler den Verein verlassen werden“, erklären sie unisono.

Nun nach dem Exodus sah das Duo jedoch seine sportlichen Ziele in höchster Gefahr und entschloss sich, die Zelte in der Zeidlergemeinde abzubrechen. Ebenso betonen beide: „Wenn wir diese Entwicklung geahnt hätten, hätten wir nie unsere Zusage gegeben.“ Für Manager Manfred Kreuzer dreht sich die Diskussion an diesem Punkt im Kreis, denn „wir haben diese Zusage ja nur getätigt, weil uns die Spieler ihre Zusagen gegeben haben“.

Tiefel wird nun doch zum SV Seligenporten wechseln, die ihn schon länger auf dem Zettel haben und Klier zieht es ebenfalls nach Neumarkt zum Bayernliga-Aufsteiger ASV.

Die SC-Verantwortlichen haben für diese Wechsel, die fast schon einer Flucht gleichkommen, natürlich kein Verständnis. So spricht Trainer Klaus Mösle angesichts dieser Abgänge von einem „Schlag ins Gesicht“ und findet: „Eigentlich müsste man dagegen vorgehen.“ Das sieht SC-Boss Manfred Kreuzer – auch wenn er den Ärger seines Trainer natürlich teilt – nicht so. „Das bringt doch nichts“, betont der Manager, der die Geschichte nun möglichst schnell abhaken und wieder zum Tagesgeschäft übergehen möchte. Für ihn spiegelt dieses Verhalten eben nur die aktuelle Entwicklung im Amateurfußball wider: „Die Spieler sind doch heutzutage alle kleine Ich-AGs. Vereinstreue? Das ist vorbei. Da darf man sich keiner Illusion hingeben. Und je höher die Liga, desto schlimmer ist es.“ Die Ursachen für die mangelnde Identifikation mit dem Verein sieht er schon in der Jugend angelegt: „ Wir haben im Nachwuchsbereich mittlerweile 60 bis 80 Wechsel pro Saison. Das ist doch Wahnsinn.“ Allerdings gibt auch er zu: „So etwas wie jetzt bei uns habe ich noch nicht erlebt.“

Das wiederum stimmt so nicht ganz. Denn vor nicht allzu langer Zeit ereignete sich im Waldstadion schon mal ein ähnliches Szenario, das dann als „Hochzeits-Affäre“ in die Annalen des mittelfränkischen Amateurfußballs einging. In der Saison 2013/2014 hatte Kreuzer eine Woche vor Rundenstart zwei Spieler, die wegen der Hochzeit eines Mitspielers ein Vorbereitungsspiel geschwänzt hatten, gefeuert, woraufhin sich vier weitere Akteure aus der Mannschaft solidarisch mit den Verbannten erklärten und von sich aus die Brocken hinwarfen. „Die Hochzeits-Affäre war damals eine größere Herausforderung, weil sie sich so kurz vor dem Saisonstart ereignet hatte“, betont Kreuzer und fügt selbstbewusst hinzu: „Dagegen bin ich mir jetzt sicher, dass wir noch den ein oder anderen Guten dazubekommen. Und ich bleibe dabei, dass die Qualität aktuell besser ist als letzte Saison.“

Auch Schulik auf der Kippe

Ob sich diese These bestätigt, wird sich wiederum wohl erst zeigen, wenn endlich einmal Ruhe in den Kader gekommen ist. Und danach sieht es derzeit noch nicht aus. Denn auch das Aushängeschild des SC Feucht, Topstürmer Sebastian Schulik (62 Liga-Tore in zwei Spielzeiten), denkt derzeit ganz offen über seinen Abschied nach. „Aktuell bin ich noch beim SC. Aber das ist jetzt natürlich eine neue Situation, da macht man sich klar Gedanken, wie es weitergeht.“

Egal, ob mit Schulik oder ohne, für Trainer Mösle gilt es nun aus dem vorhandenen Spielermaterial eine neue Mannschaft zu basteln. Dass ihm dies sehr wohl gelingen kann, zeigt schon ein Rückblick in die jüngere SC-Geschichte. Denn nach der „Hochzeits-Affäre“ benötigten die neuformierten Feuchter zwar eine Spielzeit, um sich zu finden. Danach hatte sich dann aber eine geschlossene Einheit zusammengerauft, der in der Folgesaison mit überragenden Leistungen der Aufstieg aus der Landesliga in die Bayernliga gelang.

Aufrufe: 014.6.2016, 09:31 Uhr
Kirschan Kaufmann (Der Bote)Autor