2024-05-16T14:13:28.083Z

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Merkur-Mitarbeiter Robert M. Frank (li.) im Gespräch mit Türkgücü-Präsident Taskin Akkay.
Merkur-Mitarbeiter Robert M. Frank (li.) im Gespräch mit Türkgücü-Präsident Taskin Akkay. – Foto: Robert M. Frank

Türkgücü-Präsident Akkay: „Ich würde heute immer noch das Gespräch mit einem Investor suchen“

1. Teil des großen Interviews

Hinter Türkgücü München liegen turbulente Wochen. Präsident Taskin Akkay steht nach den finanziellen Problemen im Interview Rede und Antwort.

München – Am Samstagnachmittag startet Türkgücü München gegen den TSV Aubstadt mit dem ersten Pflichtspiel im Jahr 2024 gegen den TSV Aubstadt (wir berichten live aus dem Grünwalder Stadion). Präsident Taskin Akkay spricht vor dem Auftakt der Regionalliga-Restrunde im ersten Teil des exklusiven Interviews mit dem Münchner Merkur über die vergangenen Wochen, die finanziellen Probleme an der Heinrich-Wieland-Straße und über die Möglichkeit, auch nach zwei gescheiterten Anläufen erneut auf einen Investor zu setzen.

Wie sehr haben Sie die letzten Wochen mit vielen Schlagzeilen zu Türkgücü mitgenommen?

Taskin Akkay: Es war eine intensive Zeit und die Herausforderung war sehr stark. Wir haben versucht, die Themen nach Prioritäten und einer Zeitscheine nacheinander abzuarbeiten. Das nimmt einen auf jeden Fall mit.

Warum haben sich zuletzt so viele Themen auf einmal aufgestaut?

Akkay: Anfang Dezember haben uns mit Beginn der Winterpause die erwarteten Schwierigkeiten erreicht. Diese haben sich davor schon angedeutet und waren intern schon bekannt. Wir haben versucht, in einer ruhigen Zeit die Themen abzuwickeln. Dazu gehörten Gespräche mit Spielern und die Auflösung von Arbeitsverträgen von Spielern und Mitarbeitern. Das kann man in einer spielfreien Periode leichter umsetzen als während der Saison.

„Ein Abdriften in die C-Klasse hat das Herzblut nicht zugelassen.“

Taskin Akkay über die Insolvenz im Jahr 2022.

Wann war sich der Verein über das Ausmaß der finanziellen Probleme bewusst?

Akkay: Zu Saisonbeginn hatten wir eine klare Richtlinie. Nach Vorgaben sowie Absprachen mit dem damaligen Investor hatten wir einen Liquiditäts-Zeitplan aufgestellt, der eigentlich bis Ende der Saison durchgetaktet war. Ab Mitte September kamen dann die notwendigen und geplanten Zusagen nicht und wir sind stückweise in Zahlungsverzug geraten. Danach hat es zunächst noch positive Reaktionen seitens des Investors gegeben, dass es doch weitergehe. Leider kam es dann auf unsere Nachfrage ein paar Tage später rückwirkend wieder zu einem Dementi. Ende Oktober lagen uns somit endgültige Erkenntnisse vor, dass es doch nicht weitergeht und dass wir einen anderen Plan verfolgen müssen.

Der Verein ist nach der Insolvenz der Fussball GmbH in der 3. Liga im Jahr 2022 gebrandmarkt. Warum hat sich der Verein in der Regionalliga erneut auf ein Investorenmodell eingelassen?

Akkay: Nach dem Zwangsabstieg aus der 3. Liga haben wir uns damals Gedanken über die Regionalliga gemacht und uns die Fragen gestellt: Können wir das? Sollen wir das? Wie sollen wir das machen? Und wollen wir das überhaupt? Sollen wir die Regionalliga-Mammutaufgabe angehen oder lieber in die C-Klasse zurück?

Und wie lauteten die Antworten?

Akkay: Ein Abdriften in die C-Klasse hat das Herzblut nicht zugelassen, sowohl bei mir als auch bei vielen anderen in der damals neu gegründeten Führungsrunde.

„München braucht ein regionalligataugliches Stadion, wenn man die Lücke zur 3. Liga schließen will.“

Taskin Akkay

Wo hakt es am meisten?

Akkay: Knapp die Hälfte unseres Regionalliga-Budgets verschlingt die Stadionmiete. Das macht unsere ganze Budgetplanung zunichte. München ist aus Sicht der Infrastruktur kein guter Regionalliga-Standort, obwohl aus sportlicher Sicht ein Sprung eines Münchner Vereins in die 3. Liga hingegen sehr wohl möglich wäre. München braucht ein regionalligataugliches Stadion, wenn man die Lücke zur 3. Liga schließen will.

Ist die Regionalliga für einen Münchner Verein derzeit überhaupt machbar?

Akkay: Ich sage, dass München als Sportstadt mit weltbekannten Vereinen eine Regionalliga-Mannschaft braucht. Wir wollen diese Lücke füllen. Es gibt in dieser Stadt Potenzial an Spielern. Ein solches Interesse können wir mit unserem Verein auch bedienen. Wenn das Thema der Sportstätte nicht da wäre, dann würde ich die finanzielle Machbarkeit positiv sehen. Aber aktuell müssen wir uns immer stärkere Partner suchen. Da kämpft man jedes Jahr um eine finanzielle Machbarkeit.

„Wenn diese Umstände mit der Sportstätte nicht behoben werden können, dann bleibt uns nichts anderes übrig, als mit dem Regionalliga-Gedanken abzuschließen.“

Taskin Akkay

Gab es Momente, in denen Sie die Hoffnung aufgegeben haben?

Akkay: Anfang Februar war ich kurz mal an so einem Punkt angelangt. Nämlich nach einem Gespräch mit der Sportpolitik München. Wenn diese Umstände mit der Sportstätte nicht behoben werden können, dann bleibt uns nichts anderes übrig, als mit dem Regionalliga-Gedanken abzuschließen. Gott sei Dank war der Gedanke dann bald wieder weg.

Warum?

Akkay: Weil ich eine Kämpfernatur bin und ich dann kurzfristig nach Lösungen suche. Kurz darauf habe ich wieder Gespräche geführt. Wir sind mit Sportstätten-Verwaltungen in Gesprächen und wir suchen finanzielle Mittel von Sponsoren und Gönnern, um ein Überleben in der Regionalliga zu ermöglichen.

„Uns war die Tragweite bis Ende September nicht bekannt.“

Taskin Akkay über die finanziellen Schwierigkeiten im Herbst 2023.

Wie darf man die vielen personellen Veränderungen bei Mitarbeitern und Spielern verstehen?

Akkay: Oktay Kaya war der einzige festangestellte Vollzeit-Mitarbeiter des Vereins neben den Spielern, den der Verein zum Jahresende finanziell auch nicht mehr tragen konnte. Wir haben ihn aus betriebsbedingten Gründen gekündigt, so wie auch bei Spielern. An die Spieler haben wir sofort nach Ende des letzten Spieltages im letzten Jahr Vertragsauflösungen und deutliche Verzichte auf bestehende vertragliche Situation kommuniziert. Einige sind zuvor in den Urlaub gefahren und kamen nach zwei Wochen wieder. Für frühere Verbindlichkeiten haben wir einen Weg gefunden und uns geeinigt. Diese Abmachungen halten wir jetzt sukzessive ein.

Warum wurde das nicht früher kommuniziert?

Akkay: Uns war die Tragweite bis Ende September nicht bekannt. Nach dem persönlichen Gespräch mit dem Investor haben wir offiziell verkündet, dass wir finanzielle Probleme haben. Vor Ende Oktober gab es keine Klarheit.

Würden Sie sich das nächste Mal wieder für einen Investor entscheiden?

Akkay: Solange der Verein aus eigenen Kräften und Budgetplanungen aufrechterhalten wird, gibt es nur wenig Bedarf zu einem Investor. Aus den genannten Gründen mit vielen Belastungen in Verein würde ich heute immer noch das Gespräch mit einem Investor suchen, aber ganz vorsichtig und mit klaren Vorsichtsmaßnahmen, was die Liquiditäts-Zuflüsse angeht. (Interview: Robert M. Frank)

Am Donnerstag folgt der zweite Teil des Interviews mit Taskin Akkay. Dort spricht das Türkgücü-Oberhaupt über das Konzept mit türkischstämmigen Spielern, die mittel- und langfristige Zukunft des Klubs und die Ziele bis Saisonende.

Aufrufe: 021.2.2024, 13:11 Uhr
Robert M. FrankAutor