2024-05-10T08:19:16.237Z

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Karim Adeyemi treibt den Ball im Spiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Ungarn.
Karim Adeyemi treibt den Ball im Spiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Ungarn. – Foto: Eibner-Pressefoto/imago-images

„Ich möchte so sein wie Müller“: Adeyemi packt im tz-Interview über Vorbilder und Ziele aus

Er wartet auf seine Chance in Katar

Wird er noch zu einem wichtigen Joker im Turnierverlauf? Karim Adeyemis Nominierung überraschte viele, auch ihn selbst. Der BVB-Youngster spricht im Interview über seine Zeit in Katar.

Doha - Karim Adeyemi hat zwar noch keine Spielminute bei der WM 2022 absolviert, könnte mit zunehmendem Turnierverlauf aber zu einer Art Edeljoker für die deutsche Nationalelf werden. Im tz-Interview erklärt der Münchner, wie er die Tage in Katar erlebt, von welchen Spielern er am meisten lernt und welche Ziele er sich auch bei Borussia Dortmund vorgenommen hat.

„Schwabl hat einen sehr großen Anteil an meiner Nominierung“

Herr Adeyemi, welchen Anteil hat Manfred Schwabl an Ihrer Nominierung für die Weltmeisterschaft? Er war in Unterhachinger Zeiten bekanntlich ihr Ziehvater.
Adeyemi: Er hat einen sehr großen Anteil daran. Als erstes möchte ich aber meine Familie nennen, die mich am stärksten unterstützt hat, aber Herr Schwabl war immer mit ihnen im Austausch. Ihn werde ich auf keinen Fall vergessen. Er hat mich vor allem zu Unterhachinger und Salzburger Zeiten geprägt, war immer für mich da und hatte stets ein offenes Ohr. Egal ob es sich um Fußball, private Dinge oder die Schule handelte. Es ist ja bekannt, dass die Schulzeit nicht immer ganz einfach für mich war (grinst)…
Er hat bei Ihnen deswegen sogar einmal ein Trainingsverbot ausgesprochen. Was war da los?
Adeyemi: Ich hatte ein Notizbuch, in das die Lehrer geschrieben haben, welche Aufgaben ich erledigt hatte und welche nicht. Ehrlicherweise habe ich damals manchmal Sachen vergessen – allen voran mein Geodreieck. Wenn ich das zu Hause habe liegen lassen, durfte ich am Nachmittag nicht trainieren. So häufig, wie man vielleicht denkt, ist es aber nicht vorgekommen, weil ich eben unbedingt trainieren wollte. Statt zu trainieren musste ich dann zu Hause lernen oder Arbeiten im Sportpark Unterhaching erledigen. Der Herr Schwabl war da schon sehr konsequent.
Sie siezen ihn immer noch?
Adeyemi: Ja, das wird auch so bleiben. Er hat mir schon oft das Du angeboten, aber das passt nicht, weil er für mich eine absolute Respektsperson ist.

„Habe bei Dortmund nicht das gezeigt, was ich kann“

Der Lausbub aus Unterhaching spielt als Nationalspieler jetzt seine erste Weltmeisterschaft. Mit gerade einmal 20 Jahren. Können Sie das überhaupt schon realisieren?
Adeyemi: Muss ich ja! Sonst sähe ich auf dem Platz ja doof aus, wenn ich nicht bereit wäre. Ich bin überglücklich hier zu sein. Seine erste WM wird man nie vergessen. Ich kann mich jeden Tag im Training mit den besten Spielern Deutschlands messen – und dabei lerne ich so unglaublich viel. (Spielplan der WM 2022 in Katar)
Wie sehr waren Sie von Ihrer Nominierung überrascht?
Adeyemi: Ich habe nicht damit gerechnet, das gebe ich zu. Weil ich die letzten Monate bei Borussia Dortmund schlichtweg nicht gezeigt habe, was ich kann. Das habe ich dem Bundestrainer auch so gesagt. Ich bin sehr selbstkritisch.
Inwiefern?
Adeyemi: Mit meiner Leistung, die ich bisher in Dortmund gezeigt habe, bin ich auf keinen Fall zufrieden! Jetzt liegt mein Fokus voll auf der Weltmeisterschaft. Aber für die Zeit danach habe ich mir fest vorgenommen, endlich beim BVB durchzustarten und der Mannschaft mit meinen Qualitäten zu helfen. Das ist mir wichtig.
Was haben Sie sich für das Turnier vorgenommen? Mit Spielzeit hat es bisher nicht geklappt.
Adeyemi: Immer 100 Prozent zu geben, egal ob auf dem Platz oder auf der Bank. Wenn du nicht spielst, fieberst du mit, dass deine Mannschaft gewinnt. Welche Namen letztendlich auf dem Platz stehen, ist nicht entscheidend – Hauptsache, die Mannschaft gewinnt. Klar wäre es super, wenn ich Spielminuten erhalte. Dann will ich alles geben und mich idealerweise mit einem Assist oder einem Tor am Mannschaftserfolg beteiligen.
Die nötige Schlitzohrigkeit bringen Sie und Ihre Youngster-Kollegen laut Kapitän Manuel Neuer dafür mit. Wie frech sind Sie wirklich?
Adeyemi (lacht): Das hat nicht unbedingt etwas mit frech sein zu tun. Wenn du beispielsweise in einer Situation die offenen Beine des Gegenspielers siehst, versuchst du halt da durchzuspielen. Aber nicht, um denjenigen zu ärgern, sondern weil es situationsbedingt in dem Moment die einzige Lösung ist. Aber klar: Als junger Spieler musst du schon ein bisschen frech sein, um weiterzukommen. Du darfst dir auch nicht alles gefallen lassen und musst alles geben.
Wer ist der Führungsspieler, an den Sie sich halten?
Adeyemi: Thomas Müller! Er ist eine absolute Legende. Thomas redet viel auf und neben dem Platz und ist allein schon deswegen so wertvoll für unser Team. Ebenso wie Manuel Neuer. Für einen jungen Spieler ist es das Beste, sich an die erfahrenen zu halten. Darf ich Ihnen ehrlich etwas sagen?

„Krass, mit dem habe ich früher bei FIFA auf der Konsole gespielt“

Bitte!
Adeyemi: Ich habe mich jetzt schon beinahe daran gewöhnt, aber am Anfang war es krass. Der erste große Fußballer, den ich richtig kennengelernt habe, war Zlatko Junuzovic in Salzburg. Damals dachte ich mir: Krass, mit dem habe ich früher bei FIFA auf der Konsole gespielt oder ihn in der Bundesliga am Fernseher verfolgt. Und jetzt spiele ich mit ihm zusammen. Genauso ist es mir mit Thomas und Manu ergangen. Das ist manchmal immer noch surreal: Manuel Neuer ist der beste Torwart der Welt – und ich darf ihm im Training die Bälle aufs Tor hauen. Und Thomas Müller? Der hat als Feldspieler schon eine Weltmeisterschaft und zweimal die Champions League gewonnen – und der haut sich im Training so rein, als hätte er noch nie einen Titel errungen. Das ist mein Ansporn: Im „Herbst“ meiner Karriere möchte ich so sein wie Thomas Müller.
Jamal Musiala zählt im Vergleich zu Thomas Müller eher zur ruhigeren Fraktion oder?
Adeyemi: Ja, auch das zeichnet ihn aus. Er ist brutal ruhig und macht immer den Anschein, als wäre er 24 Stunden am Tag lässig. Seine Spielweise ist aber eher laut: Für mich unglaublich, wie er dribbelt und mit was für einem Selbstverständnis er in diese Spielsituationen geht. Er ist einer der besten Spieler momentan, nicht nur in Deutschland.
Für die jungen Wilden im Team wurde extra Hermann Gerland ins Trainerteam berufen. Wie ist die Zusammenarbeit mit dem „Tiger“?
Adeyemi: Er ist im ständigen Austausch mit uns, sowohl abseits als auch auf dem Trainingsplatz. Wenn du eine Aktion nicht optimal durchführst, drückt er dir schon mal einen Spruch, erklärt dir aber gleichzeitig, was du besser machen kannst. Dabei ist er sehr ehrlich – und das ist genau das, was wir junge Spieler brauchen. Wenn man beispielsweise einen Schuss verzieht, sagt er: Triff das Tor, sonst kann der Torwart ja keinen Fehler machen. Peter Hermann hat in Dortmund eine ähnliche Rolle: Der schüttelt auch immer den Kopf, wenn man das Tor nicht trifft und sagt dir, dass dein Schuss oder das Timing unterirdisch waren. Diese Ehrlichkeit weiß ich zu schätzen.

Bei der WM 2022 in Katar kämpfen 32 Mannschaften um den Titel - der Überblick.

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Aufrufe: 01.12.2022, 11:50 Uhr
Manuel BonkeAutor