2024-04-29T14:34:45.518Z

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Und ab geht's: Timo Kohler (schwarzes Trikot) geht bei der DJK Gebenbach voran - nicht nur im sprichwörtlichen Sinne.
Und ab geht's: Timo Kohler (schwarzes Trikot) geht bei der DJK Gebenbach voran - nicht nur im sprichwörtlichen Sinne. – Foto: Thomas Schneider

Gebenbach auf Rang 2 - in der Zeitmaschine mit Timo Kohler

Der 32-Jährige war schon in der Vizemeister-Saison 18/19 der DJK Gebenbach einer der prägenden Spieler. Wiederholt sich die Geschichte auch in diesem Falle? Hoffentlich nicht...

Eine richtig, richtig schmerzliche Niederlage aus dem Kopf zu bekommen dauert lange. Sehr lange sogar. Im Falle der DJK Gebenbach sage und schreibe drei Jahre. Im Sommer 2019 spielten die Oberpfälzer als Vizemeister in der Relegation um einen Platz in der Regionalliga – und scheiterten auf dramatische Art und Weise am TSV Rain/Lech. Die psychischen und körperlichen Folgen dieses verpassten Aufstieges wirkten lange nach. "Dass es so lange dauert – damit hätte keiner gerechnet", stellt Timo Kohler desillusioniert fest.

Der heute 32-Jährige war damals Kapitän einer Mannschaft, die ohne Wenn und Aber als solche agierte und über sich hinaus wuchs. Selbst kleinere Wehwehchen konnte die DJK in der Saison 2018/19 nicht aus der Bahn werfen. "Wir sind an unsere Grenzen und darüber hinaus gegangen", blickt Kohler zurück. Nach der Relegations-Pleite brachen dann jedoch alle Dämme. Die psychischen, weil sich Gebenbach nicht belohnen konnte und im letzten Momente scheiterte. Die physischen, weil alle auf dem Zahnfleisch dahergekommen sind, um das scheinbar Unmögliche möglich zu machen.

"Wir mussten uns danach erst einmal erholen, uns wieder sammeln, wieder neu motivieren", erklärt Timo Kohler und liefert sogleich den Grund, warum die Oberpfälzer zwei Spielzeiten brauchten, um an alte Erfolge anzuknüpfen. Und schon sind wir beim aktuellen Bezug dieser Geschichte. Die DJK Gebenbach ist aktuell Rangzweiter der Bayernliga Nord – wieder einmal. Und ähnlich wie vor drei Jahren haben Ceesay, Haller & Co. eine Serie gestartet. Ähnlich wie 18/19 ist trotz hoher individueller Qualität im Kader die Mannschaft der Star. Ähnlich wie damals setzt man aber mit Nachdruck auf Understatement.

Obwohl hinten oft die Null steht, und die Offensive immer für Tore gut ist, will Timo Kohler zunächst nichts von einem eventuellen Aufstieg wissen. Regionalliga – scheinbar ein Fremdort im Landkreis Amberg-Sulzbach "Ich möchte nichts ausschließen", sagt er dann doch - schiebt aber sogleich hinterher: "Aber die Saison ist noch sehr lange. Bisher sind wir von Verletzungen verschont geblieben. Das kann sich schnell ändern." Die üblichen, auch im Amateurfußball inzwischen gerne verwendeten Floskeln.

Die Fakten allerdings sprechen eine eindeutige Sprache. Gebenbach, schon vor der Saison als Geheimfavorit gehandelt, hat zuletzt acht Mal in Folge gewonnen. Der Vorsprung auf Rang 3 beträgt bereits sechs Zähler. Es scheint, als könnte das Team nichts so schnell erschüttern. Das liegt vor allem daran, dass der Kern der Mannschaft seit Jahren zusammenspielt. Niko Becker, Dominik Haller, Julian Ceesay, Timo Kohler – all diese Leistungsträger von heute waren schon 18/19 dabei. "Und dann ist es halt einfach so, dass Domi genau weiß, wie Niko läuft und ihm deshalb viele Tore auflegt."

Und, wenn er es auch nur ungern selber zugibt, Timo Kohler ist nach wie vor der Kopf der Truppe - obwohl er inzwischen nicht mehr Kapitän ist. "Timo ist für die historische Gesamtentwicklung seiner Mannschaft der entscheidende Spieler", schwärmt Faruk Maloku, inzwischen beim ASV Cham an der Linie, noch heute über seine Nummer 10. "Wenn er gemerkt hat, dass die Gesamtentwicklung der Mannschaft oder der Saison auf der Kippe stand, dann war er immer zuverlässig da und hat mit seiner hohen individuellen Qualität unseren Weg wieder stabilisiert. Diese Fähigkeit besitzen nicht viele Spieler. Und ich werde ihm für seine Zuverlässigkeit und die Zusammenarbeit für immer dankbar sein."

In der Saison 18/19 führte Kohler die DJK als Kapitän aufs Feld. Inzwischen ist Julian Ceesay sein Nachfolger. "Er ist eine stärkere Persönlichkeit und hat das Spiel vor sich." Dieses Bild entsand beim Relegationsspiel gegen den TSV Rain am 5. Juni 19.
In der Saison 18/19 führte Kohler die DJK als Kapitän aufs Feld. Inzwischen ist Julian Ceesay sein Nachfolger. "Er ist eine stärkere Persönlichkeit und hat das Spiel vor sich." Dieses Bild entsand beim Relegationsspiel gegen den TSV Rain am 5. Juni 19. – Foto: Gerd Jung

Worte, die runtergehen wie Öl. Die aber nicht zu hoch gegriffen sind, weil sie auch Kohlers aktueller Trainer, Kai Hempel ausspricht. Der Ex-Profi war übrigens in jener Vize-Saison noch Mitspieler des Linksaußen. "Ich schätze Timo sehr, als Menschen und als Spieler. Er ist unheimlich wichtig für die Mannschaft. An guten Tagen kann er allein den Unterschied machen. Ob als Spieler oder als Trainer, ist es super, ihn in der Truppe zu haben. Auch außerhalb des Platzes übernimmt er viele Aufgaben", beschreibt der 35-Jährige, der bei der DJK gemeinsam mit Markus Kipry (Kohler: "Beide haben großen Anteil am aktuellen Aufschwung") das Sagen hat, das Urgestein

Doch wer ist eigentlich dieser Timo Kohler? Wer ist dieser Mann, der seit Jahren mit Toren und Vorlagen im zweistelligen Bereich glänzt? In erster Linie ist der Betriebsmittelkonstukteur aus Prohof Gebenbacher durch und durch. Seit inzwischen 13 Jahren läuft er für den Dorfverein auf. Dass er überhaupt für die DJK spielt, ist einer glücklichen Fügung, eigentlich einer persönlichen Niederlage zu verdanken.

Als 19-Jährige probierte sich der Mittelfeldspieler bei der DJK Ammerthal in der Landesliga, fand sich dort allerdings nicht zurecht - und deshalb öfter als ihm lieb war auf der Bank ein. Über seine Freundin, die er damals kennenlernte und noch heute hat, wurde er auf den Verein ihres Heimatdorfes aufmerksam - die DJK Gebenbach. Dass die Oberpfälzer damals „nur“ Kreisliga spielten - egal. "Ich wollte einfach nur wieder spielen und Spaß haben." Das tat er in der Schulstraße - und das sogar überaus erfolgreich. Das Märchen begann und endete erst (vorläufig) in der Bayernliga.

"Die DJK ist kein Geldverein", räumt Kohler was die sensationelle Entwicklung des Teams betrifft mit einem geläufigen Vorurteil aus. "Vielmehr haben sich die Spieler, die hier waren, enorm gemacht. Und über Kontakte konnten wir weitere gute Kicker hinzugewinnen." Der 32-Jährige selbst traute sich zunächst „nur“ Bezirksliga zu, ehe er in der Landesliga Fuß fasste und nun sogar in der Bayernliga zu den prägenden Spielern der Liga gehört. Kohler kennt im fußballerischen, wie viele seiner Mitspieler auch, offensichtlich kein Limit. Das Potenzial scheint unendlich.

Erst Faruk Maloku (Kohler: "Ohne ihn würden wir nicht Bayernliga spielen. Er ist sportlich und menschlich 1a") und nun Kai Hempel bzw. Markus Kipry schafften es zudem, die fußballerische Wucht in Bahnen zu lenken, das Körperliche den Anforderungen entsprechend auszubauen und ein Team zu formen. "Gemeinsamkeiten sind der Zusammenhalt, Siegeswille und Kameradschaft“, versucht Hempel die Saison 18/19 und die aktuelle Spielzeit zu vergleichen. "Die waren als Vizemeister schon enorm. Unterschied ist, dass wir einen anderen Fussball spielen, d.h. wir versuchen über andere Trainingsinhalte den Fokus auf ein klar strukturiertes Angriffsspiel zu bringen"

Die DJK Gebenbach des Vizemeister-Jahres hat sich also ihre Grundtugenden bewahrt und um neue Errungenschaften ergänzt. Klappt es mit dieser Mischung mit dem großen Erfolg? Aus Fehlern lernt man, heißt es. Und nur wer das Verlieren gelernt hat, kann erfolgreich sein...

Aufrufe: 019.10.2022, 18:15 Uhr
Helmut WeigerstorferAutor