2024-05-16T14:13:28.083Z

Interview
Niklas Reutelhuber gab seinen Einstand am vergangenen Samstag in Fürth-Burgfarrnbach.
Niklas Reutelhuber gab seinen Einstand am vergangenen Samstag in Fürth-Burgfarrnbach. – Foto: Sportfoto Zink / A. Schlirf

Deutschlands jüngster Regionalliga-Trainer im großen Interview

Der 24-jährige Niklas Reutelhuber ist seit vergangener Woche Chefcoach der SpVgg Ansbach +++ FuPa stand er ausführlich Rede und Antwort

Da staunten viele nicht schlecht - und das weit über die Grenzen Ansbachs hinaus: Nicht nur, dass Christoph Hasselmeier sein Cheftrainer-Amt bei den 09ern unter der Saison zur Verfügung stellte. Nein, bei der Verkündung seines Nachfolgers runzelten noch einige mehr die Stirn: Was? Ein 24-jähriger Trainernovize, der bislang "nur" als Spielertrainer in der Kreisliga aktiv war, soll die Mittelfranken zum Klassenerhalt in der Regionalliga Bayern führen. Kann das gut gehen? FuPa hat nach dem turbulenten Einstand mit Niklas Reutelhuber ausführlich sprechen können.

FuPa: Niklas, Hand aufs Herz: Wie nervös warst du am Samstag bei deiner Feuertaufe?
Niklas Reutelhuber (24): Es wäre schlecht, wenn ich nicht nervös gewesen wäre. (lacht) Natürlich war ich sehr aufgeregt, aber auch nicht übermäßig. Ich habe mich einfach total auf meine Aufgabe konzentriert.

Dein Debüt glückte, am Ende sprang ein turbulenter 4:3-Erfolg bei der SpVgg Greuther Fürth II heraus. Mehr Drama zum Auftakt geht fast nicht...
Absolut. Da war gleich mal die ganze Bandbreite an Emotionen dabei. Früher Rückstand, dann konnten wir die Partie drehen, und am Ende nochmal zittern...

Angenommen es wäre in die Hose gegangen. Profireserven sind meist unberechenbar, kommen sie ins Rollen, kann`s schnell mal eine Klatsche geben. Hattest du Angst, dass nach einer Niederlage gleich die Kritiker aus der Deckung gekommen wären und gesagt hätten: Haben wir gleich gewusst, dass es mit dem blutjungen Trainer nicht funktionieren kann?
Darüber habe ich mir ehrlich gesagt nicht viele Gedanken gemacht. Ich bin prinzipiell ein Mensch, der nicht allzu viel darüber grübelt, was andere Menschen über mich denken oder sagen. Ich konzentriere mich darauf, was ich beeinflußen kann.

In der Saison 2021/22 war Niklas Reutelhuber (li.) Teil der Ansbacher Aufstiegsmannschaft.
In der Saison 2021/22 war Niklas Reutelhuber (li.) Teil der Ansbacher Aufstiegsmannschaft. – Foto: Wolfgang Zink


Deine Beförderung vom Assistent zum Chef sorgte überregional für Schlagzeilen. Mit 24 bist du der jüngste Regionalliga-Trainer in Deutschland.
Ja, das konnte ich in der vergangenen Woche einige Male lesen. Jetzt habe ich es auch mitbekommen. (lacht)

Zwangsläufig kommt die Frage: Wie ernst nimmt eine Mannschaft einen 24-jährigen Cheftrainer?
Zunächst einmal muss ich sagen: Die Jungs sind charakterlich einwandfrei, das ist einfach eine tolle Gruppe. Ich wusste, dass es kein Problem sein würde. Und dann möchte ich grundsätzlich was anmerken: In meiner gesamten Laufbahn kann ich mich an kein einziges Alter eines Trainers erinnern, die ich gehabt habe. Für mich zählte oder zählt nur: Bringt er mich persönlich weiter bzw. kann er die Mannschaft entwickeln.

Für viele Außenstehende kam der Trainerwechsel in Ansbach überraschend. Dabei war das Szenario von langer Hand geplant. Wie hast du dich auf diese Herausforderung vorbereitet?
Prinzipiell bin ich einer, der sich schon immer intensiv mit Fußball beschäftigt, intensiver als andere. Schon im Jugendalter habe ich den Kicker oder die Sportbild verschlungen. Ich habe mich akribisch auf die Aufgabe vorbereitet, habe mir viele Gedanken gemacht, wie kann ich spielen lassen? Zudem habe ich alle Gegner genau beobachtet. Natürlich war das halbe Jahr an der Seite von Christoph sehr wichtig und hilfreich, dadurch konnte ich die Mannschaft kennenlernen. Und sie mich.

Ein Trainer muss seinen Spielstil immer an das vorhandene Personal anpassen, das ist klar. Aber für welchen Fußball steht Niklas Reutelhuber prinzipiell?
Die Jungs sollen mutig sein. Ich selber würde mich auch als mutigen Menschen bezeichnen. Das wollen wir auch auf dem Platz zeigen. Die Mannschaft soll ruhig Fehler machen, die gehören ganz einfach dazu und sind auch nicht schlimm. Ich verlange von den Jungs, dass sie alles geben, was sie haben. Die Zuschauer können ruhig auch mal nach Hause gehen und sagen, dass wir heute einfach schlecht gespielt haben. Was ich aber nicht hören möchte, ist, dass die Fans heimgehen und enttäuscht sind, weil wir nicht alles gegeben hätten.

Insgesamt 9 Einsätze absolvierte Niklas Reutelhuber (re.) für den VfB Eichstätt in der Regionalliga Bayern in der Saison 2019/21.
Insgesamt 9 Einsätze absolvierte Niklas Reutelhuber (re.) für den VfB Eichstätt in der Regionalliga Bayern in der Saison 2019/21. – Foto: Johannes Traub


Im Alter von 24 haben die meisten die besten Jahre als Spieler noch vor sich. Warum hast du deine aktive Laufbahn so früh beendet? Das ist doch sehr ungewöhnlich.
Mit zwei linken Füßen macht das einfach keinen Sinn mehr. (lacht) Nein im Ernst: Ich durfte schon früh in einer Fußballschule bzw. auch bei meinem Heimatverein SV Eintracht Alesheim als Trainer arbeiten. Ich habe gemerkt, dass mir das einfach unglaublich viel Spaß macht. Im Zuge meines Sportwissenschafts-Studium hat sich dann ein halbjähriges Praktikum beim 1. FC Nürnberg aufgetan als Videoanalyst und Individualtrainer. Diese Chance wollte ich unbedingt ergreifen. Klar war aber auch: Mit Regionalliga-Fußball lässt sich das kaum vereinbaren. Deshalb musste ich kürzertreten. Ich habe aber weiterhin vor, bei meinem Heimatverein - immer wenn es geht - in der Kreisliga zu kicken. Ganz ohne geht einfach nicht, dafür spiele ich einfach auch viel zu gerne Fußball.

Mitte 20 schon Trainer in der Regionalliga. Da stellt sich unweigerlich die Frage: Wo geht die Reise hin?
Das ist eine Riesenchance für mich. Ich bin aber auch ein Mensch, der in der Gegenwart lebt. Ich bin einfach froh, hier in Ansbach sein zu dürfen. Was später mal ist, das spielt im Moment keine große Rolle für mich. Freilich wäre es mal schön, damit seinen Lebensunterhalt bestreiten zu können. Ich liebe Fußball. Es würde mir definitiv leichter fallen, viel zu investieren, weil sich das nicht wie Arbeit anfühlen würde. (schmunzelt)

Abschließende Frage: Wenn du mal nicht gerade auf dem Fußballplatz stehst, was machst du in deiner Freizeit?
Jetzt dann im Winter gehe ich gerne mal Skifahren oder spiele selbst hobbymäßig im Freien Eishockey. Leider wird das immer schwieriger, weil es die klimatischen Gegebenheiten oftmals nicht mehr hergeben. Zudem bin ich ein sehr geselliger Mensch. Ich verbringe gern Zeit mit meinen Freunden. Deshalb ist es mir auch wichtig, weiterhin mit meinen Kumpels in der Kreisliga kicken zu können.

Vielen Dank fürs Gespräch. Das Interview führte Mathias Willmerdinger.

Zur Person: Niklas Reutelhuber wurde am 20. Februar 1999 geboren und stammt aus Alesheim im mittelfränkischen Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen. Das Fußballspielen lernte er bei seinem Heimatverein SV Eintracht Alesheim. Später ging es ins NLZ des 1. FC Nürnberg, im B-Jugendalter wechselte Reutelhuber zur SpVgg Ansbach. 2019 wagte er den Sprung zum VfB Eichstätt, der damals in der Regionalliga Bayern um Punkte und Tore kämpfte. Ein Jahr später kehrte er allerdings wieder nach Ansbach zurück. Reutelhuber war in der Spielzeit 2021/22 Teil der Bayernligatruppe der 09er, die über die Relegation den Sprung in die Regionalliga packte. Den Schritt in die vierte Liga ging Reutelhuber aber nicht mit, sondern verabschiedete sich zu seinem Heimatverein SV Eintracht Alesheim, wo er in der Kreisliga als Spielertrainer fungierte. Im vergangenen Sommer kehrte er abermals nach Ansbach zurück, um als Co-Trainer von Christoph Hasselmeier zu arbeiten.

Niklas Reutelhuber studiert an der Fern-Uni in Ismaning Sportwissenschaften. Er ist im Besitz der Trainer B-Lizenz und möchte so schnell wie möglich die A-Lizenz in Angriff nehmen.

Aufrufe: 08.11.2023, 11:00 Uhr
Mathias WillmerdingerAutor