2024-05-14T11:23:26.213Z

Interview

"Missgunst gegen den Verein spiegelt das Bild der Gesellschaft"

Andreas Schild über seine neue Aufgabe als Trainer bei Delay Sports, die Missgunst gegenüber dem Verein und falsche Gerüchte, sowie seine vergangenen 12 Jahre beim 1.FC Schöneberg

Interview von Marcel Peters - https://www.facebook.com/AmateurberichterstattungMarcelPeters/- regelmäßig Berichte über Berliner und Brandenburger Amateurfußballer oder Vereine. Gesprächspartner: Andreas Schild, #496

Andreas, du wirst neuer Trainer bei Delay Sports, wie kam es dazu?
Ein größerer Teil meiner Truppe bei Schöneberg ist bereits seit Jahren mit Elias befreundet. Die feiern zusammen Geburtstage, Silvester usw. und er hat seine Kumpels nun angesprochen, ob sie Teil seines neuen Vereins sein wollen. Da es jedoch noch keinen Trainer gab und die Jungs mit meiner Arbeit zufrieden scheinen, haben sie mich gefragt, ob ich das machen würde. Die Entscheidung fiel mir sehr schwer, da ich 12 erfolgreiche Spielzeiten mit meinem Team bei Schöneberg hatte und ich eher Wert auf Konstanz und Beständigkeit setze. Auch war ich immer sehr loyal Schöneberg gegenüber und bin ihnen für die gute Zusammenarbeit dankbar. Jetzt blicke ich nach vorne und freue mich auf die neue, spannende und sehr herausfordernde Aufgabe bei Delay Sports.

Delay Sport hat bereits vor dem ersten Spiel eine große Aufmerksamkeit erhalten. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Die Gründer, die neuen Spieler, die Sondergenehmigung für den Spielbetrieb. Wie gehst du mit dem medialen Rummel um?
Bisher gehe ich damit sehr entspannt um. Auch weil es immer viele Gerüchte gibt, die am Ende nicht der Wahrheit entsprechen. So wurde z.B. durch Gerüchte unnötig Unruhe bei unserem Gastgeber verursacht. Hier sind wir nur Gast und auf das Wohlwollen von Preussen angewiesen. Da bringen Gerüchte über Stadionausbau gar nichts. Entspricht auch nicht der Realität. Hier sind wir sehr dankbar über die Möglichkeit bei Preussen auf dem Gelände zu starten. Und unabhängig vom medialen Rummel, man darf nicht vergessen, dass wir in der Kreisliga C starten werden. Wie alle Teams, die neu anfangen. Da wird auch kein Geld an Spieler fließen, das wäre völlig absurd. Auch bezüglich der Sondergenehmigung verstehe ich die Missgunst nicht. Denn wozu gibt es diese Möglichkeit? Auch sind wir einer der wenigen Verbände in Deutschland, in dem neue Vereine in der Freizeitliga anfangen müssen. In anderen Verbänden fängt man direkt in der untersten Klasse an. Darüber sollte eventuell mal nachgedacht werden, das zu ändern.

Also kannst du dich voll und ganz auf dein Trainerdasein konzentrieren?
Das hört sich entspannt an. Aber es gibt grade am Anfang ja viele Dinge, die geklärt und organisiert werden müssen und bei einigen bin auch ich dann involviert. Natürlich ist jedoch meine wichtigste Aufgabe, eine große Einheit zu bilden. Auch die Vorbereitungsplanung läuft auf Hochtouren, nächste Woche soll es mit den ersten Einheiten losgehen.

Ein Großteil der Mannschaft kennt sich, spielt seit Jahren zusammen, der andere Teil sind gute Freude, zum Teil auch sehr gute Fußballer. Wie lang kann die „Eingewöhnungsphase“ da schon dauern?
Also wir haben viele Testspiele vereinbart, deutlich mehr als in den letzten Jahren. Da war auch recht großes Interesse und viele Gegner freuen sich auf das Spiel. Anders als sonst die Stimmung gegenüber dem Verein wahrzunehmen ist. Aber ich denke, die Vorbereitung sollte für die Eingewöhnung reichen, um in der Kreisliga C zu bestehen.

Und welche Rolle spielst du als Trainer dabei?
Meine Rolle als Trainer sehe ich grade jetzt am Anfang nicht nur auf das sportliche reduziert, ich muss es jetzt schaffen aus einer großen Gruppe eine eingeschworene Mannschaft zu bilden, in der die Stimmung gut ist, alle mit Spaß bei der Sache sind und auch alle die ausreichenden Spielzeiten bekommen. Das Sportliche sollte kein Problem sein.

Denkst du, dass es auch zu Schwierigkeiten kommen kann und einige schnell die Lust verlieren?
Das kann sicher passieren. Es möchte ja jeder spielen, möglichst oft. Da wird es eventuell auch Schwierigkeiten geben. Aber ich denke, damit muss sich ja fast jeder Trainer auseinandersetzen, wenn er einen vollen Kader hat. Ich gehe da einfach positiv ran. Das konnte ich in den letzten 22 Jahren als Trainer immer lösen.

Das Ziel dürfte klar definiert sein. Weniger als der Aufstieg dürfte nicht zählen, oder?
Absolut. Der Aufstieg ist definitiv das Ziel. Natürlich wollen wir auch im Pokal möglichst weit kommen, aber da muss man auch einfach realistisch sein. Wir werden zwar ein paar Spieler haben, die auch in höheren Klassen gespielt haben, jedoch müssen wir uns erst finden. Und man darf halt nicht vergessen, wir spielen in der Kreisliga C und nicht in der Bezirksliga oder Landesliga.

Wie hat der 1.FC Schöneberg auf deinen Abgang, beziehungsweise den Abgang mehrere Spieler reagiert? Haben Sie Verständnis gezeigt, für das neue Projekt, oder bist du trotz der guten Arbeit der letzten Jahre jetzt ein nicht mehr gern gesehener Gast?
Natürlich hätte uns Schöneberg gern behalten. Nach 12 Jahren erfolgreicher Zusammenarbeit hat Schöneberg uns keine Steine in den Weg gelegt und auch allen Spielern die Freigabe gegeben. Dafür bin ich Schöneberg sehr dankbar und das ist in der heutigen Zeit leider nicht selbstverständlich. Wir sind in einem freundschaftlichen Verhältnis auseinander gegangen. Aber auch mir ist es nicht leicht gefallen. Nach dem Aufstieg hätte ich natürlich auch gern in der Kreisliga B überzeugt. Jetzt geht es bei Delay Sports weiter und darauf fokussiere ich mich voll.

Dass man über Jahre bei einem Verein etwas als Mannschaft aufbaut und zusammenbleibt ist heutzutage nicht mehr selbstverständlich - was hat euch dazu gebracht, ein Kapitel bei Schöneberg zu prägen?
Bei Schöneberg sind wir anfangs „zwangsweise“ gelandet. Unser alter Verein hat uns nach zehn Jahren zum Start der Vorbereitung vor die Tür gesetzt und eine neue Mannschaft geholt. Ohne vorher mit uns darüber zu sprechen, ohne Beweggründe, als wir auf den Platz kamen, meinte der Platzwart, die Mannschaft ist doch schon da. Auch dort waren wir zuvor erfolgreich unterwegs gewesen. So mussten wir uns dann einen neuen Verein suchen und Schöneberg brauchte ein Team, welches ihre Dritte Herren übernimmt. So begann alles und da ich loyal und verlässlich bin, sind wir beide Schöneberg geblieben und hatten eine tolle Zeit.

Hat man nie den Anreiz gehabt, eine Zweite oder Erste zu trainieren, beziehungsweise mit der Mannschaft dorthin überzugehen?
Die Überlegung gab es. Jedoch war das Schöneberg nicht darstellbar. Dort hat Ayhan in der Ersten und Markus in der zweiten über die letzten Jahre gute Arbeit geleistet. Da hätte es keinen Grund für eine Veränderung gegeben. Als die unteren Mannschaften in die Kreisliga C integriert wurden, hatten wir auch eine Anzeige draußen, jedoch hatte sich niemand gemeldet und so haben wir dann einfach in der Kreisliga C weitergemacht.

Es gibt viel Missgunst und Neid im Amateurfußball, dagegen anzukommen wird nicht einfach. Kann das dich oder den Jungs, die viel Kraft, Zeit und Energie in den Verein stecken auch mürbe machen?
Wir sind alle lange genug im Fußball unterwegs. In vielen Vereinen bekommen Spieler Geld, sei es verpackt als „Aufwandsentschädigung“ oder anders. Bei uns wird es das die nächsten Jahre nicht geben. Die Missgunst gegenüber den Verein spiegelt leider das aktuelle Bild der Gesellschaft. So ist es bedauerlicherweise, damit werden wir umgehen müssen und es auch können. Wir haben nichts falsch gemacht, sondern wollen einfach nur kicken. Ob der ein oder andere Spieler auch höherklassig spielen könnte, mag sein. Aber mit dem Großteil des Teams haben wir letzte Saison auch in der Kreisliga C gespielt.

Was dürfen die Jungs von der Vorbereitung erwarten, neben vielen Testspielen?
Die Jungs dürfen sich darauf freuen, fit gemacht zu werden. Ich bin auch schon in der Kreisliga C oder davor in der Kreisklasse mit den Jungs in der Vorbereitung zweimal die Woche über den Insulaner gelaufen, sowas wird es sicher auch wieder geben. Dazu sehr viele Testspiele. Als für alle wird etwas dabei sein.

Worauf freust du dich bei deiner neuen Aufgabe am meisten?
Auf gute Spieler, gute Laune und viel Spaß und hoffentlich ein baldiges Ende von Gerüchten, Unwahrheiten und einer Offenheit gegenüber dem Verein.

Wohin soll die Reise gehen, welche Vorstellungen hast du?
In den nächsten Jahren sollen ordentliche Strukturen im Verein aufgebaut werden. Weitere Teams gemeldet werden und natürlich der Durchmarsch bis in die Bezirksliga erstmal. Danach kann man dann Ziele neu definieren und schauen, was noch möglich sein wird.

Aufrufe: 02.7.2022, 09:57 Uhr
Marcel PetersAutor