2024-06-03T07:54:05.519Z

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"Wichtig, dass die Regel nicht ausgenutzt wird."
"Wichtig, dass die Regel nicht ausgenutzt wird." – Foto: André Nückel

Zeitstrafe: Das sagen Tino Häuser, Markus Rehbein und Ferdi Özcan

Häuser erlebte Regel noch selbst +++ Rehbein will spielen, nicht strafen +++ Özcan sieht Für und Wider

BAD KREUZNACH. Sein letztes A-Jugend-Jahr hat Tino Häuser noch sehr gut in Erinnerung. Aber nicht, weil der durchschlagende Erfolg von damals sich bis heute im Gedächtnis des 52-Jährigen eingebrannt hat. Nein, der Anlass dafür ist viel aktueller: Denn beim digitalen Verbandstag am vergangenen Samstag stimmten mehr als 60 Prozent der teilnehmenden Vereine aus dem Südwesten für einen Antrag des TuS Rötsweiler-Nockenthal. Der Klub aus dem Kreis Birkenfeld hatte das Präsidium des Südwestdeutschen Fußballbverbands (SWFV) darin dazu aufgefordert, beim DFB darauf hinzuwirken, die Zeitstrafe wieder im Spielbetrieb der Männer und Frauen einzuführen.

„Hätte nie gedacht, dass das Thema nochmal aufkommt“

„Und ich bin in der glücklichen Lage, dass ich die zehn Minuten damals in der A-Jugend noch selbst genießen konnte“, kann Tino Häuser sich bei der Erinnerung das Lächeln nicht verkneifen. „Ich weiß nicht, wie sie jetzt wieder darauf kommen, aber ich hätte nie gedacht, dass das Thema nochmal aufkommt“, sagt der Trainer der SG Pfaffen-Schwabenheim/Bosenheim.

In den Landesverbänden Hessen und Brandenburg wird eine einmalige Auszeit von zehn Minuten im Aktivenbereich bereits als Pilotprojekt umgesetzt, der SWFV könnte nun folgen. Bislang wird das hierzulande nur im Jugendbereich praktiziert. Seit der Saison 2017/18 müssen die Nachwuchskicker dann für fünf Minuten vom Feld. „Das Einzige, wofür das auch bei uns gut sein könnte, ist, um einen richtigen Heißsporn mal eine Auszeit zu geben, damit er draußen wieder etwas runterfahren kann“, hält sich Häusers Euphorie diesbezüglich doch eher in Grenzen.

Alle Fragen und Antworten zur Zeitstrafe gibt es hier.

„Für die Schiedsrichter wird es nicht einfach“

„Ich denke, vor allem für die Schiedsrichter wird es dadurch nicht einfach. Wir alle kennen die Leute draußen an der Linie und die Zuschauer, wie kritisch sie sind“, sagt der 52-Jährige. Markus Rehbein versteht die Welt nicht mehr. Da erdreistet sich der Reporter doch, ihn mitten im Restart auf das Thema Zeitstrafe anzusprechen. „Ganz ehrlich: Ich habe keine Lust mich über Strafen zu unterhalten“, sagt der Trainer der SG Monzingen/Meddersheim.

Viel wichtiger sei doch die Wiedersehensfreude, die auf allen Sportanlagen in den vergangenen Wochen überwog: „Das ist mein hundertprozentiger Ernst. Wir waren doch alle richtig ausgehungert, sich zu sehen, zu kicken und Spaß zu haben. Da verbietet es sich für mich, jetzt über so etwas nachzudenken“, schüttelt der 56-Jährige mit einem verschmitzten Lächeln den Kopf. Die wahre Gefahr sei doch, dass durch die lange Zwangspause der Kontakt verloren geht. „Deshalb sollte doch ganz klar im Vordergrund stehen, dass wir endlich wieder trainieren dürfen“, formuliert Rehbein einen Wunsch: „Dass wir uns einfach nur über Fußball unterhalten und nicht über Strafen.“ Befasst habe er sich mit den angedachten Regelungen daher noch überhaupt nicht. „10 Minuten können zur Abkühlung beitragen, sicherlich. Aber wer so manchen engen Sportplatz kennt, wo die Zuschauer nah dran sind, da kann es auch durchaus noch emotionaler werden“, lässt sich Rehbein dann doch zu einer kurzen Einschätzung hinreißen.

„Wichtig, dass diese Regel nicht ausgenutzt wird“

Deutlich mehr ins Detail geht Ferdi Özcan, mittlerweile Trainer des TSV Langenlonsheim-Laubenheim. Er sieht vor allem ein Risiko: „Ganz wichtig wird es sein, dass diese Regel nicht ausgenutzt wird und man eine Verletzung eines Gegenspielers in Kauf nimmt, weil man ja nur maximal zehn Minuten zuschauen muss. Das muss man klar regeln.“ Ansonsten werde es sehr schwer, eine einheitliche Beurteilung vorzunehmen. „Letztlich kommt es ganz darauf an, wie die Schiedsrichter damit umgehen und ob sich die Regel mit entsprechendem Fingerspitzengefühl gewinnbringend anwenden lässt“, ergänzt Özcan.

Das sei genau dann gefragt, wenn den Regelhütern eine Verwarnung nicht ausreichend erscheint, ein Feldverweis aber ebenso unangemessen wäre. Ein schmaler Grat, da sind sich alle Beteiligten einig. Für eine mögliche Einführung der Zeitstrafe als Zwischenstufe spreche dagegen die personell angespannte Situation bei vielen Klubs in den unteren Ligen. „Da tut jede Sperre weh, wenn du ohnehin kaum Spieler zur Verfügung hast“, erklärt Ferdi Özcan. Argumente gibt es wie sooft für und wider, doch mindestens für einen Testlauf wird das Pilotprojekt wohl den Zuschlag bekommen. Hernach wird sich zeigen, ob die zehn Minuten Zeitstrafe im Aktiven-Fußball eine Zukunft hat oder nicht.

Aufrufe: 013.7.2021, 12:30 Uhr
Martin ImruckAutor