Am Ende war dann doch wieder alles wie immer. Michael Hofmann zog seine Handschuhe aus, holte seine Trinkflasche aus dem Tor und verabschiedete sich höflich vom Schiedsrichter, mit dem er wenige Minuten zuvor noch so sehr geschimpft hatte. In der 70. Minute war Hofmann davon überzeugt gewesen, dass der Schiedsrichter das Spiel hätte unterbrechen müssen. Ein Altenfurter Spieler war bei einem Freistoß vom Ball am Kopf getroffen worden und blieb liegen, trotzdem ließ der Schiedsrichter weiterspielen, die Gäste von Tuspo Nürnberg nutzten die Konfusion und erzielten das 2:1, den späteren Siegtreffer. Die zweite Mannschaft des TSV Altenfurt musste sich wieder einmal geschlagen geben. Wie in jedem Spiel in dieser Saison.
Bis auf einige Nachholspiele ist die Hinrunde in der A-Klasse 6 vorbei und der Altenfurter Reserve ist es gelungen, alle zwölf Saisonspiele zu verlieren. Dagegen verblassen sogar die veritablen Negativrekorde des prominenteren Fußballvereins, der nur wenige Kilometer entfernt am Valznerweiher residiert. Bei der Mehrzahl dieser zwölf Spiele stand Michael Hofmann im Tor, manchmal sein Vertreter, „aber eigentlich“, sagt Hofmann und lächelt, „war es ja fast egal, wer im Tor stand“.
Hofmann, 35 Jahre alt, nimmt die miserable Halbzeit-Bilanz locker. Seit fast 30 Jahren steht er nun bei Altenfurt im Tor, da bringt einen nicht mehr viel aus der Fassung. In manchen Spielzeiten ist er für die erste Mannschaft aufgelaufen, jetzt versucht er mal wieder die zweite „vor noch höheren Niederlagen zu bewahren“.
Wer sicher sein will, dass er in der A-Klasse 6 gut unterhalten wird, der stellt sich in dieser Saison nicht an irgendeinen Bratwurststand oder hinter die Trainerbänke, man stellt sich hinter das Altenfurter Tor. Da ist erfahrungsgemäß immer etwas los. Das 1:2 gegen Tuspo Nürnberg war eine der engeren Partien, sie haben in dieser Saison aber auch schon einmal 0:5 oder 0:7 verloren. Insgesamt haben sie mit 49 Treffern die meisten Gegentore kassiert, sie stehen auf dem vorletzten Tabellenplatz — allerdings nur, weil der ASV Buchenbühl II erst gar nicht angetreten ist und die Mannschaft vor dem Saisonstart zurückgezogen wurde.
Warum sich Hofmann das trotzdem noch antut? „Das frage ich mich auch immer öfter“, sagt er, aber man spürt natürlich trotzdem, dass der Fußball neben der Familie immer noch seine große Leidenschaft ist. „Wenn Gianluigi Buffon aufhört, mache ich auch Schluss“, sagt Hofmann. „Das habe ich meiner Frau versprochen.“ Italiens Torwartlegende steht mit 36 Jahren immer noch im Tor, ein Ende ist nicht abzusehen. Aufgrund seiner Erfahrung ist Hofmann natürlich der Lautsprecher des Teams. Ständig versucht er seine Vorderleute zu sortieren, sie zu motivieren oder wenn nötig, ihnen auch einmal den Kopf zu waschen. „Raus, raus!“ brüllt er nach einem Befreiungsschlag, „Hinter den Ball!“ nachdem sie das Spielgerät wieder einmal allzu leichtfertig dem Gegner überlassen haben. Manchmal hören seine Vorderleute sogar auf ihn.
Es ist eben nicht einfach, wenn man immer die besten Leute an die erste Mannschaft abtreten muss, sagt Hofmann. Er freut sich trotzdem über die frische Luft und über die Bewegung; „zum Joggen bin ich zu faul“, erzählt er. Das ist auch ein Grund, warum er im Tor steht. Der andere heißt Andreas Köpke. Ein Vorbild aus besseren Zeiten, als der Club noch in der Bundesliga spielte und Altenfurt mit Hofmann im Tor, nun ja, ab und zu auch Spiele gewinnen konnte. Dass dies spätestens nach der Winterpause wieder einmal vorkommt, davon ist Michael Hofmann überzeugt: „Wichtig ist, dass alle positiv bleiben und nicht den Spaß am Spiel verlieren“, sagt er. „Man hofft ja immer, dass es nächsten Sonntag besser wird.“