2024-05-29T06:38:12.186Z

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Zu oft fliegt er vergebens: Michael Hofmann hütet die Schießbude der A-Klasse 6. F: Hippel
Zu oft fliegt er vergebens: Michael Hofmann hütet die Schießbude der A-Klasse 6. F: Hippel

"Wenn Buffon aufhört, mache ich auch Schluss"

Alltag in der A-Klasse - Folge 13: Michael Hofmann spielt seit 30 Jahren für Altenfurt, inzwischen hütet er die Schießbude der Liga - weitermachen will er dennoch

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Ein holpriger Sandplatz, in der Kabine eine Kiste Bier, das Trikot riecht nach Zigaretten — ja, man erzählt viel über die A-Klasse. Aber auch, dass man dort den Fußball noch so erleben kann, wie er ursprünglich einmal war. Wir wollen herausfinden, wie es wirk­lich ist in den Niederungen des Ama­teurfußballs. Deshalb begleiten wir die A-Klasse Nürnberg 6 — eine ganze Saison lang.

Am Ende war dann doch wieder alles wie immer. Michael Hofmann zog seine Handschuhe aus, holte seine Trinkflasche aus dem Tor und verab­schiedete sich höflich vom Schieds­richter, mit dem er wenige Minuten zuvor noch so sehr geschimpft hatte. In der 70. Minute war Hofmann davon überzeugt gewesen, dass der Schieds­richter das Spiel hätte unterbrechen müssen. Ein Altenfurter Spieler war bei einem Freistoß vom Ball am Kopf getroffen worden und blieb liegen, trotzdem ließ der Schiedsrichter wei­terspielen, die Gäste von Tuspo Nürn­berg nutzten die Konfusion und erziel­ten das 2:1, den späteren Siegtreffer. Die zweite Mannschaft des TSV Alten­furt musste sich wieder einmal ge­schlagen geben. Wie in jedem Spiel in dieser Saison.

Bis auf einige Nachholspiele ist die Hinrunde in der A-Klasse 6 vorbei und der Altenfurter Reserve ist es ge­lungen, alle zwölf Saisonspiele zu ver­lieren. Dagegen verblassen sogar die veritablen Negativrekorde des promi­nenteren Fußballvereins, der nur weni­ge Kilometer entfernt am Valznerwei­her residiert. Bei der Mehrzahl dieser zwölf Spie­le stand Michael Hofmann im Tor, manchmal sein Vertreter, „aber eigent­lich“, sagt Hofmann und lächelt, „war es ja fast egal, wer im Tor stand“.

Hof­mann, 35 Jahre alt, nimmt die misera­ble Halbzeit-Bilanz locker. Seit fast 30 Jahren steht er nun bei Altenfurt im Tor, da bringt einen nicht mehr viel aus der Fassung. In manchen Spielzeiten ist er für die erste Mannschaft aufgelaufen, jetzt versucht er mal wieder die zweite „vor noch höheren Niederlagen zu bewah­ren“.

Wer sicher sein will, dass er in der A-Klasse 6 gut unterhalten wird, der stellt sich in dieser Saison nicht an irgendeinen Bratwurststand oder hin­ter die Trainerbänke, man stellt sich hinter das Altenfurter Tor. Da ist er­fahrungsgemäß immer etwas los. Das 1:2 gegen Tuspo Nürnberg war eine der engeren Partien, sie haben in die­ser Saison aber auch schon einmal 0:5 oder 0:7 verloren. Insgesamt haben sie mit 49 Treffern die meisten Gegentore kassiert, sie ste­hen auf dem vorletzten Tabellenplatz — allerdings nur, weil der ASV Buchenbühl II erst gar nicht angetre­ten ist und die Mannschaft vor dem Saisonstart zurückgezogen wurde.

Warum sich Hofmann das trotzdem noch antut? „Das frage ich mich auch immer öfter“, sagt er, aber man spürt natürlich trotzdem, dass der Fußball neben der Familie immer noch seine große Leidenschaft ist. „Wenn Gianlu­igi Buffon aufhört, mache ich auch Schluss“, sagt Hofmann. „Das habe ich meiner Frau versprochen.“ Itali­ens Torwartlegende steht mit 36 Jah­ren immer noch im Tor, ein Ende ist nicht abzusehen. Aufgrund seiner Erfahrung ist Hof­mann natürlich der Lautsprecher des Teams. Ständig versucht er seine Vor­derleute zu sortieren, sie zu motivie­ren oder wenn nötig, ihnen auch ein­mal den Kopf zu waschen. „Raus, raus!“ brüllt er nach einem Befrei­ungsschlag, „Hinter den Ball!“ nach­dem sie das Spielgerät wieder einmal allzu leichtfertig dem Gegner überlas­sen haben. Manchmal hören seine Vor­derleute sogar auf ihn.

Es ist eben nicht einfach, wenn man immer die besten Leute an die erste Mannschaft abtreten muss, sagt Hof­mann. Er freut sich trotzdem über die frische Luft und über die Bewegung; „zum Joggen bin ich zu faul“, erzählt er. Das ist auch ein Grund, warum er im Tor steht. Der andere heißt Andre­as Köpke. Ein Vorbild aus besseren Zeiten, als der Club noch in der Bun­desliga spielte und Altenfurt mit Hof­mann im Tor, nun ja, ab und zu auch Spiele gewinnen konnte. Dass dies spätestens nach der Win­terpause wieder einmal vorkommt, davon ist Michael Hofmann über­zeugt: „Wichtig ist, dass alle positiv bleiben und nicht den Spaß am Spiel verlieren“, sagt er. „Man hofft ja immer, dass es nächsten Sonntag bes­ser wird.“

Aufrufe: 012.11.2014, 09:26 Uhr
Sebastian GloserAutor