Man kann sich die beiden sehr gut vorstellen, wie sie da am Wochenende vor dem Vereinsheim von Zabo Eintracht sitzen, bei einem Bier und vielleicht auch einer Zigarette, und spöttisch das Treiben auf dem Rasen kommentieren. „Wir lästern schon ganz gerne“, erzählen Friedbert Nitsche (58) und Jürgen Preißler (60) mit einem breiten Grinsen im Gesicht und es drängt sich unweigerlich der Vergleich mit Charles Waldorf und Herbert Statler, den beiden Opas aus der „Muppet Show“, auf. Die saßen dort in jeder Folge hoch oben in der Loge und schimpften über die Darbietungen auf der Bühne.
Verdenken kann man ihnen das nicht, die beiden haben ja selbst lange Fußball gespielt und noch wichtiger: Es ist ja ihre Bühne. Zumindest müssen das die beiden so empfinden, wenn die A-Klassen-Kicker ihren gut gepflegten Rasen misshandeln. Nitsche und Preißler waren oder sind bei Zabo immer noch: Vorstand, Spielleiter, F-Jugendtrainer, Betreuer der Altherren- Mannschaft und seitdem die ehemaligen Beamten von Bahn und Telekom in den Ruhestand gegangen sind, kümmern sie sich als Platzwarte auch noch um das äußere Erscheinungsbild des Vereins, der im kommenden Jahr sein hundertjähriges Bestehen feiert.
Viel höherklassiger haben sie in dieser Zeit nie gespielt, zumindest kann sich Nitsche nicht daran erinnern und er müsste es ja wissen. Mit sieben Jahren hat er hier mit dem Fußballspielen begonnen, später ist er einem Trainer auch mal zu Pfeil und zu Tuspo gefolgt, „aber eigentlich“, sagt Nitsche, „war ich jeden Sonntag hier“. Inzwischen steht sein Sohn, den er anfangs noch selbst trainiert hat, bei der ersten Mannschaft im Tor. „Das hier“, sagt Nitsche, „das ist einfach meine Heimat.“ Auch seitdem er Platzwart ist, hat er nie darüber nachgedacht, aus Zabo wegzuziehen.
Nitsche und Preißler wohnen direkt beim Sportgelände, mit dem Amt haben auch die „Kannst du nicht mal schnell ...“-Anrufe deutlich zugenommen, pro Woche verbringen die beiden jeweils gut 20 Stunden auf der Anlage, mit der Pflege der beiden Fußballplätze ist es ja nicht getan. Nach dem Wochenende liegengebliebene Flaschen aufsammeln, fast täglich müssen sie die Kabinen reinigen, auf das Schild am Eingang „Sportschuhe nach Training und Spiel bitte außen abwaschen“ achten die wenigsten – obwohl sich die Fußballer inzwischen sogar eine kleine Waschanlage zusammengespart haben.
Die meiste Zeit veranschlagen sie aber natürlich für ihr Kerngeschäft: den Rasen. Im Sommer müssen sie ihn fast täglich sprengen, vor den Spielen die Linien nachziehen und mindestens zweimal pro Woche wird er gemäht. Früher haben sie alleine dafür drei Stunden gebraucht, weil beim Rasenmäher ständig der Keilriemen rausgesprungen ist. „Wir haben dann beim Vorstand einen neuen beantragt“, erzählt Nitsche – und haben ihn bekommen, auch wenn es für den kleinen Verein einen sehr großen finanziellen Aufwand bedeutet hat. 11000 Euro hat das moderne Gerät gekostet, jetzt brauchen sie nur noch eineinhalb Stunden, um die Grashalme so zu kürzen, damit auch die besten Fußballer des Vereins zufrieden sind.
Wobei die natürlich nie wirklich zufrieden sind. „Schuld ist immer der Platzwart“, weiß Nitsche aus Erfahrung, das gehört auch zum Alltag in der A-Klasse. Vor zwei Wochen hat sich die Mannschaft im Training mal wieder über den Rasen beschwert. Die Platzwarte waren ausnahmsweise nur einmal zum Mähen gekommen, für den Geschmack der Fußballer war er deshalb unbespielbar. Ein paar Tage später haben sie dann in Maiach 1:0 gewonnen, wo die Grashalme noch ein wenig höher waren. „Schaut her, habe ich gesagt“, erzählt Nitsche triumphierend, „da haben wir euch doch perfekt vorbereitet.“
Aktuell steht Zabo Eintracht auf dem achten Platz, mit dem Aufstieg haben sie nichts mehr zu tun, aber – und das ist für Nitsche und Preißler noch viel wichtiger – absteigen können sie auch nicht mehr. Der eigenen Mannschaft schauen sie inzwischen sogar recht gerne zu, insgesamt finden sie aber, dass das Niveau spielerisch deutlich schlechter geworden ist.
Waldorf und Statler werden trotzdem wiederkommen und über die Darbietungen lästern — jeden Sonntag. Und wenn es irgendwann eine zu große Beleidigung für ihre Augen wird? „Dann machen wir aus dem Gelände einen Golfplatz“, sagen sie und lachen ihr Platzwart-Lachen.