2024-05-22T11:15:19.621Z

Interview
Jens Fischer.
Jens Fischer.

»Vom Profifußball emanzipieren«

JENS FISCHER Der Torhüter von der SG Wiesbachtal fordert längere Winterpause und mehr Spiele bei Sonne

Wallertheim. Die Amateure sollen sich bei der Terminplanung vom Profifußball emanzipieren. Dies fordert Jens Fischer, Torwarttrainer und Ersatztorwart beim B-Ligisten SG Wiesbachtal. Und er hat gute Gründe dafür.

Herr Fischer, was halten Sie von Amateurfußball im Winter?

Für mich ist es hart, in diesen Monaten und bei Temperaturen um null Grad herum zu spielen. Das macht wenig Spaß, was auch an der Trainingsbeteiligung zu sehen ist. Die nimmt bei den Vereinen im Winter ab.

Diese Meinung haben Sie auch klar auf dem Portal FuPa.net geäußert. Wieso?

Weil die Schlechtwetterphasen im Winter immer länger werden und es in dieser Saison extrem war. Damit haben die Amateure zu kämpfen. Wir, die SG Wiesbachtal, haben beispielsweise die letzten fünf Wochen vor der Winterpause witterungsbedingt kein Spiel mehr gemacht. Das Risiko der Wettbewerbsverzerrung ist jetzt hoch, weil wir nun viele englische Wochen haben werden und bei Amateuren, die arbeiten, ist das nicht optimal.

Könnten Sie das bitte konkretisieren?

Zunächst einmal ist es nie so einfach, die Spiele zu verlegen, da jeder Verein die bestmögliche Mannschaft stellen möchte. Da ist es schwierig, einen Konsens zu finden. Außerdem sollten englische Wochen oder Spiele an Feiertagen auf den Pokal beschränkt sein und alles andere im Regelbetrieb bleiben. In der aktuellen Situation wird Druck auf die Spieler aufgebaut. So ist es schwieriger, das soziale sowie berufliche Umfeld und den Fußball in Einklang zu bringen.

Ihr Lösungsvorschlag lautet: Der Rahmenterminspielplan muss geändert werden. Was konkret schwebt Ihnen da vor?

Meiner Meinung nach sollte die Winterpause spätestens Ende November starten. Das Saisonende sollte dann auf den letzten Sonntag vor Sommerferienbeginn gelegt werden. Im August könnte dann die Vorbereitung durchgeführt werden.

Mit welchen Argumenten begründen Sie dies?

Hauptsächlich geht es mir dabei um den Spaßfaktor. Mehr Spiele im Sommer würden allen Beteiligten mehr Spaß machen. Zudem ist es mir auch wichtig, dass der Anreiz für den Sportplatzbesuch bei den Zuschauern erhöht wird. Wenn die Sonne scheint, dann kommen die lieber, als bei frostigen Temperaturen. Auch sind mehr sind mehr Frauen und Kinder zu sehen. Das stärkt das Gemeinschaftsgefühl. Des Weiteren sind die Zuschauer eine zusätzliche Einnahmequelle für die Vereine.

Weiter sagen Sie, dass die Platzsituation für den aktuellen Spielplan nicht gemacht ist.

Ja, alleine deswegen sollte man die Spiele im Winter schon auf ein Minimum reduzieren. Hier bei uns im Kreis Alzey-Worms gibt es noch nicht so viele gute Kunstrasenplätze, da fällt deshalb viel aus. Bei solchen Gegebenheiten kann es eigentlich keine Option sein, in den Wintermonaten zu spielen. Wenn dann dennoch ein Spiel ausgetragen wird, um in der Folge nicht unter Termindruck zu geraten, dann ist das oft grenzwertig. Da ist es schwer für die Fußballer, den Halt auf dem rutschigen Platz zu haben. Das sorgt somit auch für eine erhöhte Verletzungsgefahr.

Der Spielplan der Amateure orientiert sich am Profifußball. Nachvollziehbar?

Nein, das verstehe ich nicht. Klar, wegen der Weltmeisterschaft muss der Liga-Spielbetrieb in den obersten Klassen ruhen. Schließlich müssen viele Spieler aus der Bundesliga ja dahin. Doch im Amateurfußball ist das kein Argument. Wenn es überhaupt einen Nationalspieler im Amateurfußball gibt, dann sind das Einzelschicksale und betrifft nicht die große Masse. Sicher gibt es auch noch den einen oder anderen Punkt, der für die Orientierung am Rahmenterminspielplan des Profifußballs verantwortlich ist, doch letzten Endes dürfen diese Punkte nicht überwiegen.

Inwieweit ist der Profisport überhaupt noch in der Nähe der Basis?

Naja, die Ablösesummen kannst du normal arbeitenden Menschen jedenfalls nicht mehr erklären. Der Profifußball ist komplett durchkommerzialisiert. Bei uns im Amateurfußball gibt es ja aber auch schon die ersten Anfänge mit Streaming-Diensten, die Spiele der unteren Klassen zeigen. Auch hier beginnt folglich die Kommerzialisierung. In Sachen Professionalisierung kann der Amateurbereich von den Profis auch viel lernen. Das ist ein Riesenmarkt und das wird noch mehr kommen. Ich sehe das positiv, weil der Amateurbereich dadurch insgesamt aufgewertet wird.


Zur Person

Jens Fischer ist beruflich im kaufmännischen Bereich tätig- Bei der SG Wiesbachtal spielt der Torwart seit 2014. Nach seinem Umzug von Wiesbaden nach Nieder-Olm lotste ihn der sportliche Leiter Sascha Hessinger zur SG. Aktuell ist der 34-Jährige als Torwarttrainer beim B-Ligisten tätig und wenn Not am Mann ist, spielt er auch selbst gelegentlich noch.

Aufrufe: 017.2.2018, 16:00 Uhr
Nico BrunettiAutor