2024-05-16T14:13:28.083Z

Allgemeines
Der neue Mann beim TSV Aßling: Gökhan Caran absolvierte in der Pandemie-Pause die Ausbildung zum Schiedsrichter und pfeift nun für die Büchsenberger.
Der neue Mann beim TSV Aßling: Gökhan Caran absolvierte in der Pandemie-Pause die Ausbildung zum Schiedsrichter und pfeift nun für die Büchsenberger. – Foto: Privat

TSV Aßling: Mit Gökhan Caran gewinnen die Büchsenberger an Möglichkeiten

TSV Aßling übertrifft sein Schiri-Soll

Der TSV Aßling kann sich mit Gökhan Caran verstärken. Der 45-jährige hat während der Corona-Zwangspause die Schiedsrichter-Ausbildung absolviert.

Aßling – Während der DFB aktuell Schiedsrichter Manuel Gräfe eine weitere Saison als Schiedsrichter verwehrt, weil er das Alter von 47 Jahren erreicht hat, würde sich jeder Amateurverein darüber freuen, einen Mann wie Gräfe in seinem Team zu haben.

Bei den Bayrischen Amateurvereinen gibt es immer weniger Schiedsrichter, die Tausende von Spielen leiten sollen. Daher rief der BFV im Herbst 2019 unter dem Motto #wirregelndas einen Runden Tische für Schiedsrichter ins Leben.

BFV schickt aus Personalmangel keine Schiedsrichter mehr in die C-Klasse

Die TSV-Funktionäre Wolfgang Beck und Felix Zeibe reisten ins 40 Kilometer entfernte Pittenhart, um sich an der Diskussionsrunde zu beteiligen. Im Vorfeld hatte der BFV bereits mitgeteilt, keine BFV-Schiedsrichter mehr zu C-Klassen-Spielen zu senden. Grund: Personalmangel. Ziel in Pittenhart sollte es sein, wie Verband und Vereine gemeinsam wieder mehr Schiedsrichter für den Sport begeistern können. Vereine berichteten über Ihre Erfahrungen und wie sie es geschafft haben, quasi eine eigene Schiedsrichterabteilung aufzubauen.

Der TSV Aßling arbeitet seitdem stark daran, sich für Schiedsrichter einzusetzen (Presseberichte – eigener Bereich auf der Homepage, Videos etc.) und unterstützt seine Mitglieder darin, auch den Weg als Schiedsrichter zu gehen. Neben Wolfgang Beck hat auch die erst 14-Jährige Stina Fleischmann des TSV die Schiedsrichterprüfung im Frühjahr 2020 abgelegt. Beide konnten im Jahr 2020 ihre ersten Spiele für den Verband leiten und sammelten erste Erfahrungen.

„Was mir total gefällt, ist das gesellschaftliche Miteinander.“

Gökhan Caran über den TSV Aßling.

„Wir wollen Leute dafür begeistern und dann aber nicht allein lassen, sondern sie auch während der Schiedsrichterkarriere weiter als Verein begleiten“, skizziert Aßlings zweiter Vorsitzender Felix Zeibe den Weg vor.

Ein Weg, auf dem es auch Rückschläge gibt. So beendete Jonas Hanslmayer in der Zwischenzeit seine Schiedsrichterkarriere. Aber wie das Fußballleben so will, schließt sich eine Türe und woanders geht eine auf. So klopfte im Herbst 2020 ein neues Mitglied an die Türen des TSV Aßling: Gökhan Caran. Caran war im Mai 2020 nach Aßling gezogen und wollte sich über den Verein im Ort einbringen und engagieren. Erste Telefonate mit der Vorstandschaft brachten den 45-jährigen zu den Alten Herren des TSV. „Ich wurde super aufgenommen. Was mir total gefällt, ist das gesellschaftliche Miteinander. Hier hilft jeder jedem“, zeigt sich Caran angetan von seiner neuen Heimat Aßling.

Pflichtveranstaltungen in der Ausbildung fanden alle coronabedingt online statt

Der gebürtige Hamburger reicht aber das Kicken bei den „Attraktiven Herren“ nicht aus. „Er möchte gerne Schiedsrichter werden“, berichtete Felix Zeibe aus einem Telefonat mit Caran. Zeibe zögerte keine Sekunde und schrieb nach dem Telefonat sofort eine Email an Schiedsrichterobmann Josef Kurzmeier (SRG Chiem). Zeibe weiter: „Danke auch an Sepp an dieser Stelle, er hat sich umgehend zurückgemeldet und arrangiert, das Caran die Schiedsrichterausbildung in einer anderen Gruppe starten kann.“ Der Neulingskurs der Gruppe Chiem war kurz zuvor beendet worden, der neue würde erst im Herbst 2021 starten.

Caran absolvierte die Pflichtveranstaltungen, die alle online stattfanden. Anschließend büffelte Caran abends vor dem Schlafen gehen fleißig die Fußballfragen. „Dafür habe ich mir sogar eine App gekauft, aber die schwierigsten Fragen waren, ob direkter oder indirekter Freistoß gegeben werden muss“, berichtet Caran. Dabei ist das Schiedsrichterwesen kein Neuland für Ihn. Bereits als Jugendlicher machte er eine Schiedsrichterausbildung bei seinem Heimatverein Viktoria Hamburg, wo einst Stefan Effenberg seine Fußballkarriere startete und schaffte es dort auch höherklassig, als Linienrichter sein Können zu zeigen.

Gökhan Caran beendet Ausbildung mit 50 von 60 Punkten

Bevor die Onlineprüfung los geht, hat man nach dem Login vier Minuten Zeit. Wenn man will, so etwas wie das Einlaufen auf dem Spielfeld. Was folgt ist der Anpfiff–- 30 Fragen: Man muss sich schnell festlegen, kann später nicht mehr zu einer Frage zurückkehren und seine Antwort ändern. Schnelle und richtige Entscheidungen sind gefragt, so wie es später auf dem Spielfeld erforderlich sein wird. Es gibt zwei Punkte pro Frage. Einen Punkt für die richtige Antwort und den Zweiten für die richtige Begründung. Nach 45 Minuten der Abpfiff. 50 von 60 Punkten sind erforderlich, um die Prüfung zu bestehen. Caran erfüllte die Punktzahl von 50 und schloss damit erfolgreich seine Ausbildung ab.

Leistungstest steht noch aus

Aber ganz offiziell ist es noch nicht. Aufgrund von Corona steht noch der Leistungstest für den sportlichen Nachweis aus. „Da sehe ich aber überhaupt keine Probleme, warum Gökhan die eine Kilometer Laufstrecke nicht in der geforderten Zeit schaffen sollte“, freute sich Zeibe sehr über die Mitteilung von Caran, dass er den schriftlichen Test bestanden habe. „Ich liebe Fußball. Wenn ich bei Spielen zuschaue. Warum nicht mitmachen? Warum nicht Schiedsrichter sein?“, sagt Caran, was ihn antreibt. Leidenschaft beim Fußball und der Spaß mit anderen. Ja Schiedsrichter kann auch Spaß machen. „Mir geht es total ab, dass wegen Corona kein AH Training war und ich nicht schon ein paar Spiele pfeifen konnte“, hofft auch Caran wie so viele, dass bald komplette Normalität einkehrt.

Wenn die Saison 2021/22 losgeht, übertrifft der TSV Aßling sogar sein Soll an Schiedsrichtern. Mit nunmehr vier Schiedsrichtern, die für den TSV Aßling unterwegs sind. Dabei zeigt Aßlings Kassier Zeibe auch in Zahlen, was es bedeutet. „Am Runden Tisch in Pittenhart war ich davon begeistert, wie es ein Verein aus dem Kreis Traunstein schaffte, bei eigenen Turnieren Mitglieder für das Schiedsrichterwesen zu begeistern. Die jeweils Jahrgang höheren Spieler/innen pfiffen die Turniere der Jahrgang jüngeren. Dazu ein Verbandsobmann, der für diese Abendveranstaltung eine zweistündige Autofahrt einfach auf sich genommen hat“.

Für jede Herrenmannschaft im Spielbetrieb muss der Verein einen Schiedsrichter pro Saison stellen

Welche finanzielle Einsparungen mit „eigenen“ Referees möglich sind, zeigt Zeibe am Hallenturnier in Ebersberg auf, das der TSV Aßling jährlich veranstaltet. „Da geben wir als Verein ca. 250 Euro an Verbandsschiedsrichter aus.“ Geld, das man sich zukünftig sparen wird, weil man intern selbst über vereinseigene offizielle Schiedsrichter verfügt. Für jede Erwachsenenmannschaft die am Spielbetrieb teilnimmt, muss der Verein, einen Schiedsrichter pro Saison stellen. Bei Aßling sind es aktuell drei (2x Herren, 1x Damen). Je nach Ligazugehörigkeit muss bei Nichterfüllung des Solls eine Strafe gezahlt werden. Ab dem dritten Jahr mit 50 Prozent Aufschlag und ab dem sechsten Jahr sind es sogar 100 Prozent. Fehlt einem Verein also ein Schiedsrichter über fünf Jahre, kostet es rund 60 Euro pro Jahr (Beispiel A-Klasse). Ab dem sechsten Jahr sind es 120 Euro pro Schiedsrichter. Bei sechs Jahren wäre es in Summe 1500 EUR bei vereinseigenen Hallenturnieren plus 1260 EUR für drei Schiedsrichter. Der TSV Aßling spart durch die Erfüllung des Solls sehr viel Geld.

Viele Vereine würden lieber die 360 Euro pro Jahr zahlen und das Thema Schiedsrichter links liegen lassen. Aßling hingegen müsste bei sechs Jahren ohne Schiedsrichter bei drei Erwachsenenmannschaften 2.160 Euro an den Verband zahlen. Geld, das der Verein sinnvoller anlegen könne. (ez/hw)

Der zweite Vorstand des TSV Aßling Felix Zeibe will die Leute für die Schiedsrichterkarriere begeistern.
Der zweite Vorstand des TSV Aßling Felix Zeibe will die Leute für die Schiedsrichterkarriere begeistern. – Foto: Privat

Aufrufe: 012.7.2021, 09:11 Uhr
Redaktion EbersbergAutor