2024-05-14T11:23:26.213Z

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Der TuS Landshut-Berg schwebte Mitte der 90er Jahre auf eine Erfolgswolke, die sich aber schnell wieder verziehen sollte
Der TuS Landshut-Berg schwebte Mitte der 90er Jahre auf eine Erfolgswolke, die sich aber schnell wieder verziehen sollte

Trauriges Kapitel: Als sogar der Hauptsponsor hinter Gitter musste

Der TuS Landshut-Berg wollte einst die SpVgg Landshut als Nummer 1 in der Bezirkshauptstadt ablösen, mussten dann aber nach turbulenten Jahren Insolvenz anmelden

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Der TuS Landshut-Berg schickte sich in den 90er-Jahren an, dem großen Stadtrivalen, der "Spiele", Konkurrenz zu machen. Der damalige Hauptsponsor und Präsident Klaus-Peter Schech hatte ehrgeizige Ziele und scheute sich nicht, diese öffentlich zu kommunizieren. Mit hohen Aufwandsentschädigungen wurden bereits zu Bezirksliga-Zeiten namhafte Fußballer auf die Weickmannshöhe gelockt.

Der erste echte Hochkaräter, den die "Bergler" verpflichteten, war Sepp Hof. Der frühere Nachwuchsspieler des FC Bayern und TSV 1860 München erzielte Tore am Fließband und war maßgeblich daran beteiligt, dass der TuS unter der Regie von Ex-Profi Willi Mikulasch den Durchmarsch von der Bezirks- in die Landesliga schaffte. Unvergessen bleibt die Bezirksliga-Spielzeit 1992/1993, in der die Bezirkshauptstädter 24 von 26 Partien siegreich gestalteten und am Saisonende zudem ein imponierendes Torverhältnis von 84:17 vorweisen konnten. Im Laufe der Jahre verpflichteten die Verantwortlichen eifrig weiteres hochkarätiges Personal. Im Kader standen unter anderem überregional bekannte Kicker wie Christian Moser, Bernhard Mock, Tudor Chioar, Franz Troffer, Hubert Rauscher, Jürgen Stadler, Christoph Schmalhofer, Tibor Tuykodi, Franz Huber und Stefan Scheurer. "Das waren alles Top-Fußballer, die auch menschlich voll in Ordnung waren. Wir hatten stets einen intakten Teamgeist. Der sportliche Erfolg war da und auch das ganze professionelle Drumherum wie die wunderschönen Trainingslager bleiben unvergessen", schwärmt Michael Kille, der in der Landesliga das einzig verbliebene TuS-Eigengewächs war.

In der Spielzeit 1995/1996 schien es, als würde der Traum von der Bayernliga verwirklicht werden können. Unter Trainer Sigi Gmahl war das Berg-Ensemble auf Titelkurs, ehe es im Frühjahr 1996 zu einem Schockerlebnis kam. Um sich optimal auf das Titelrennen der Landesliga Mitte vorzubereiten, durfte das Team ein 10-tägiges Winter-Trainingslager in den USA - in den Jahren zuvor gab es bereits Trips nach Dubai und Malta - absolvieren. Als die TuS-Kicker jedoch in die Heimat zurückkehrten, war nichts mehr so, wie es zuvor war. "Präsident Schech war in den USA dabei und hat ausgerechnet in diesen Tagen Wind davon bekommen, dass ihm großes Ungemach droht. Kurz vor dem Rückflug hat er uns alle zusammengeholt und dringend dazu geraten, nach Hause zu telefonieren und die ganzen Zahlungsbelege und sonstigen Unterlagen, die mit dem Verein zu tun hatten, umgehend vernichten zu lassen", erinnert sich ein früherer TuS-Kicker an das damalige Szenario zurück und machte zudem kein Geheimnis daraus, dass die Aufwandentschädigungen am Berg üppig waren: "Ich war damals ein relativ junger Spieler, der zu dieser Zeit im Fußball mehr als im normalen Job verdient hat. Das war schon brutal."

Ein Mannschaftsfoto aus der TuS-Landesligazeit
Ein Mannschaftsfoto aus der TuS-Landesligazeit

Bei seiner Antrittsrede als Präsident wurde Klaus-Peter Schech in der Presse wie folgt zitiert: "Keine Festung ist heute so stark, dass Geld sie nicht einnehmen könnte. Das Geld ist eines der großartigsten Werkzeuge der Freiheit, die der Mensch erfunden hat. Ich bin überzeugt, dass ich dieses Werkzeug zur Verfügung habe." Als der TuS-Macher wegen schwerwiegender geschäftlicher Delikte zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt wurde, waren die Bayernliga-Träume vorbei. In der Endabrechnung wurde die Mannschaft, die nach dem Schech-Aus nur mehr mit reduziertem Aufwand trainierte und in der darauffolgenden Transferperiode auseinanderbrach, Dritter. In der Folgesaison ging es mit einem wesentlich schwächeren Kader sang- und klanglos - es konnten nur 18 Punkte geholt werden - zurück in die Bezirksoberliga.


Roland Kugler stellte 1997 vom Jamaika-Urlaub aus einen Kader zusamemn.

Der Verein stand bereits in dieser schwierigen Zeit vor einem Scherbenhaufen, doch es fand sich ein neuer Großsponsor, der sich später auch zum Vorstand wählen ließ. "Nach dem Abstieg aus der Landesliga war fast die ganze Mannschaft weg. Der damalige Abteilungsleiter hat mich im Urlaub angerufen und um Hilfe gebeten. Von Jamaika aus habe ich einen Kader zusammengestellt und zum Start der Vorbereitung hatten wir 12, 13 Leute. Wir haben dann noch zwei, drei Spieler bekommen und sind am Ende der Saison Bezirksoberliga-Vizemeister geworden und über die Relegation aufgestiegen", informiert Roland Kugler, der schon in der Schech-Ära längere Zeit recht erfolgreich Coach war und dann nach dem Abstieg im Sommer 1997 als Trainer und Sportlicher Leiter in Personalunion zurückkehrte. Nach nur einer weiteren Landesliga-Spielzeit ging es allerdings postwendend wieder zurück ins niederbayerische Oberhaus. Der "Berg" versuchte nochmal alles, um in die dritthöchste Amateurklasse zurückzukehren und investierte weiterhin kräftig. Die Saison 1999/2000 wurde auf dem dritten Rang abgeschlossen, auch in der Folge-Runde der Bezirksoberliga Niederbayern mischten Kümmerle, Hunglinger und Kameraden wieder vorne mit, ehe es zu großen internen Probleme kam.

Roland Kugler verbrachte viele Jahre beim TuS Landshut-Berg
Roland Kugler verbrachte viele Jahre beim TuS Landshut-Berg – Foto: Andreas Santner


"Im Verein bildete sich eine Opposition gegen den Vorstand, der abgewählt werden sollte. Das war damals alles sehr dubios und ein ziemliches Theater. Am Ende hatte unser Präsident die Nase voll und stieg auch als Geldgeber aus. Damit war das Thema höherklassiger Fußball am Berg beendet und es wurde Insolvenz angemeldet. Mitten unter der Bezirksoberliga-Saison 2001/2002 wurde die Mannschaft, die damals ganz vorne mitspielte, zurückgezogen", erzählt Kugler, der in dieser Saison wieder das Coaching übernommen hatte. An die Jahre beim "Berg" erinnert sich der A-Lizenzinhaber gerne zurück: "Natürlich war viel Geld im Spiel, aber das war damals bei fast allen höherklassigen Vereinen so. Wir hatten trotzdem eine Super-Kameradschaft und eine richtig geile Zeit, die unvergessen bleibt."

Rebellion im Verein sorgte für das Aus im Jahr 2001.

Der Nachfolgeverein, der SC Landshut-Berg, hatte keinen einfachen Stand. "Wir kamen lange Zeit aus den Negativ-Schlagzeilen nicht mehr heraus und zahlreiche Leute wendeten sich deshalb komplett vom Verein ab. Es war unmittelbar vor dem großen Knall so, dass sich einige waschechte TuSler zusammentaten und Angst hatten, dass es wieder ein ähnliches Szenario wie in der Ära-Schech geben könnte. Dem damaligen Hauptsponsor und Vorstand hat nur die erste Mannschaft interessiert. Das war praktisch ein Verein im eigenen Verein", berichtet Michael Kille, der den Neuaufbau aktiv mitgestaltete und fast zwei Jahrzehnte als Nachwuchs- und kurzzeitig auch als Herrentrainer fungierte.

Sportlich konzentrierten sich die SCler ab dem Zeitpunkt des Neustarts vor allem auf die Nachwuchsarbeit. In den vergangenen Jahren kämpften vereinzelte Junioren-Teams sogar in die Junioren-Bezirksoberliga um Punkte und Tore. Die Herren können daraus jedoch kein wirkliches Kapital schlagen, denn seit Sommer 2019 dümpelt das Team nur mehr in der A-Klasse herum. "Wir haben um die 15 Jugendmannschaften im Spielbetrieb und das Vereinsleben ist absolut intakt. Leider können wir aktuell im Herrenbereich daraus keinen Profit schlagen. Ich bin aber guter Dinge, dass wir über kurz oder lang zumindest wieder eine Klasse nach oben kommen werden. Die optimale Liga für den SC Landshut-Berg wäre die Kreisliga", meint Kille.

Aufrufe: 018.3.2021, 14:00 Uhr
Thomas SeidlAutor