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Nochmal zurück zur eigentlichen Frage: Alles, was Ihr hier öffentlich macht, wurde im Vorfeld bereits mehrmals intern mit Dr. Rainer Koch und Florian Weißmann gesprochen - wurde aber kategorisch abgeblockt?
Zitzlsperger: Genauso ist es. Aber das Problem ist, dass sich diese Funktionäre einfach keine Gedanken machen - vielleicht auch, weil sie es selber nie erlebt haben, was es heißt, in einer Juniorenmannschaft zu spielen.
Rothmeier: Ich fasse noch einmal zusammen: Wir müssen es wieder schaffen, dass das Dorfkind mit dem Rad zum Fußballplatz zum Training fahren kann und das im Idealfall bereits eine Stunde vorher macht, weil es mit den Freunden noch etwas bolzen will. Und es muss egal sein, ob dieses Dorfkind ein großes oder kleines Talent ist. Mit JFGs und SGs ist das aus vorher genannten Gründen schlicht und einfach nicht möglich.
Kommen wir zu Punkt 2 Eurer Agenda.
Zitzlsperger: Die Nachwuchsleistungszentren (NLZ) und Stützpunkte in der jetzigen Form müssen weg. Kinder mit 8, 9, 10 Jahren nach Deggendorf, Passau zu fahren, damit sie dort Fußball spielen können, ist doch Irrsinn. Und es hat sich ja erwiesen, dass sich dieses System nicht ausgezahlt hat. Es schaffen ja nur wenige Talente, tatsächlich Profi zu werden. Genauso wie in der Zeit vor den NLZs.
Rothmeier: Ein NLZ ist schon gut, aber erst ab 15 Jahren. Vorher soll der Bursche mit seinen Freunden einfach nur Spaß am Kicken haben. Ein richtig, richtig Guter wird ohnehin entdeckt. Das hat die Vergangenheit eindrucksvoll bewiesen. Denn die Quote an Niederbayern, die es ins Profigeschäft schaffen ist heute nicht höher als vor 15, 20 Jahren.
Zitzlsperger: Werden die etwas besseren Fußballer - der Großteil von ihnen schafft es ja ohnehin nicht nach ganz oben - nicht derart frühzeitig aus ihren Heimatvereinen gerissen, können sie dort eine Ära prägen und den ganzen Verein anstacheln. Die Basis profitiert also davon. Ein Beispiel ist hier Robert und der FC Aunkirchen. Früher gab es viele solcher Wunder, weil eben die Talente lange daheim blieben, sich durchkämpfen mussten und es dennoch weit nach oben geschafft haben, weil sie einfach richtig gut waren.
(schweigen, dann meldet sich Robert Rothmeier zu Wort): Das klingt doch alles logisch, oder? Es ist ermüdend, das immer wieder zu erklären, weil es aus unserer Sicht so offensichtlich ist. Doch wir geben nicht auf. Und schon sind wir bei Punkt 3. Futsal...
Ihr seid Befürworter dieser Spielform, den da werden technische Fähigkeiten in den Vordergrund gerückt.
Rothmeier: Ohje. (bedauernd, dann energisch) Futsal ist der größte Schwachsinn, den ich jemals auf Gottes Erdboden gesehen habe. Futsal ist eine eigene Sportart und hat mit Fußball nichts zu tun. Wieder so eine Grundsatzdiskussion. Aber der Reihe nach. Bis in den November hinein wird Fußball gespielt - mit Fokus auf Körperkontakt. Zwei Wochen später dann Futsal - mit kumulierten Fouls. (Pause) Ich bin Gott sei Dank ins Gymnasium gegangen und weiß, was kumuliert bedeutet. (wird laut) Aber was soll das? Geht's noch? Der Fußball ist so beliebt, weil er einfach zu spielen ist und jederzeit und überall möglich ist. Und dann kumulieren...
Zitzlsperger: Man muss zugegeben: Die Mannschaften werden weniger, in der Folge hätten weniger in der Halle teilgenommen. Doch Futsal war ein Brandbeschleuniger. Die Hallenfeste des Fußballs sind vorbei.
Rothmeier: Wie kann einer wie Florian Weißmann behaupten, das Gebolze in der Halle brauche keiner, wenn er selber nie mitgespielt hat? Aber nun ist es gut mit diesem Thema.
Ihr seid nicht nur Fußball-Rebellen, sondern auch -Romantiker. Deshalb kämpft ihr auf diese Art und Weise, oder?
Zitzlsperger: Was heißt Romantiker? Wir möchten einfach, dass die nächste Generation das erleben darf, was wir erlebt haben. Es gibt doch nichts Schöneres als mit den Freunden von nebenan auf dem Dorf Fußball spielen zu können.
Und warum setzt Euch ausgerechnet Ihr beide so vehement dafür ein?
Zitzlsperger: Wer Robert und mich als Spieler in Erinnerung hat, der weiß: Wir beide waren auf dem Platz sportliche Dreckschweine. Wir waren vielleicht nicht die besten Fußballer, aber wir haben stets vollen Einsatz gezeigt. Wir wollten unbedingt gewinnen, sind aber seitdem auch in diese Sportart verliebt. Natürlich habe ich auch ein Geschäft, mit dem ich vom Fußball lebe. Aber es geht doch um viel mehr als nur um Siege und Umsatz. Ich möchte, dass mein 13-jähriger Bub und überhaupt die nächsten Generationen, das erleben, was ich als Amateurfußballer erlebt habe - mit Freunden zusammen sein und als Mannschaft aufzutreten, Sport zu treiben und gleichzeitig gemeinsam was erreichen. Werte wie Kameradschaft, Pünktlichkeit und Disziplin sollen im Mittelpunkt stehen. Doch das ist sehr in Gefahr.
Wie würde der Trainer Robert Rothmeier, der im Herren- und Jugendbereich aktiv war bzw. ist, in dieser Hinsicht mit einem 16-Jährigen umgehen?
Rothmeier: (spricht betont langsam) Ich würde nie einen 16-Jährigen im Herrenbereich einsetzen, wenn er mich nicht weiterbringt. Qualität setzt sich durch. Und hat ein Bursche nicht das Rüstzeug für die Senioren, kann er problemlos noch Jugend spielen. Ein Beispiel ist hier Christian Seidl. Er hat in der Ersten gespielt ab dem Tag, an dem es möglich war, weil er es einfach drauf hatte.
Zitzlsperger: Hat ein Verein nicht so viele Jugendliche, um selbstständig eine A-Jugend stellen zu können. Und kommt, aus vorher genanntem Grund, eine Spielgemeinschaft nicht infrage, ist es doch besser, ein 16- oder 17-Jähriger kann schon im Seniorenbereich spielen, bevor der aufhört, oder?
Rothmeier: Mancher gute A-Jugendliche, der ein Angebot von einem Landesliga-Junioren-Team bekommt, könnte ohne Weiteres auch für seinen Heimatverein in der Kreisliga spielen. In beiden Spielklassen könnte er sich hervorragend weiterentwickeln. Kann er bei seinem Heimatverein bleiben, muss er nicht so weit fahren, kann mit seien Freunden spielen und hebt die ganze Mannschaft auf ein anderes Niveau.
Und nochmal ganz grundsätzlich: Warum muss es einen Junioren-Chef geben? Ein Gremium mit - sagen wir mal zwei Vertreter pro Bezirk - kompetenten Jugendleitern und -trainern könnte doch auch die Spitze im Verband bilden. Dieser Kreis könnte aber auch eine Beraterrolle eines Einzelnen einnehmen, aber dann doch mit einer gewissen Macht ausgestattet, dass die erarbeiteten Vorschläge auch tatsächlich gehört werden. Klar hat der BFV seine wohlklingenden Workshops. Doch daran nimmt keiner teil, weil sowieso jeder weiß, dass das vergeudete Zeit ist.
Zitzlsperger: Wir haben an der Verbandsspitze nur noch Sportpolitiker, die auch wie Politiker auftreten und keine Ahnung von der Basis haben. Ihre Experten sind studierte Sportwissenschaftler, die theoretisch Ahnung, aber von der Praxis keinen blassen Schimmer haben.
Rothmeier: Die unzähligen, wohlklingenden Fachbegriffe - ich kann sie nicht mehr hören. Fußball ist so einfach. Man braucht zwei Mannschaften, einen Ball und zwei Tore. Bewegung, Gemeinschaft sind die wichtigen Dinge. Hat man das alles, kann man sich mal Gedanken über Taktik machen - aber nicht über abkippende Sechser und falsche Neuner in der Kreisklasse.
Kommen wir zum Schluss unseres Gespräches. Fürchtet Ihr aufgrund Eurer rebellischen Art, um den Bogen zum Einstieg wieder zu spannen, Repressalien gegenüber Euren Vereinen, mit denen ihr eng verbunden seid - als RSV Walchsing bzw. FC Künzing?
Zitzlsperger: Ich habe beim RSV Walchsing keine Funktion. Und außerdem kritisiere ich ja nicht ohne Hintergrund. Ich habe gewichtige Argumente, die ich jedem gerne erkläre, der das will.
Rothmeier: Sollte mir zu Ohren kommen, dass der FC Künzing benachteiligt wird, weil ich logische Dinge anspreche, werde ich richtig grantig.
Vielen Dank für das Interview, alles Gute für die Zukunft und ganz wichtig: Gesund bleiben!
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