Robert, Walter: Würdet Ihr Euch selber als die niederbayerischen Rebellen des Amateurfußballs bezeichnen?
Zitzlsperger: Jein. Weil sich viele einfach nicht trauen, sind wir die einzigen, die versuchen, was zu ändern. Deshalb werden wir von der Öffentlichkeit gerne als "Rebellen" dargestellt. Wir wollen das aber gar nicht sein. Unser lautes Auftreten ist nicht gewollt, sondern die Folge davon, dass vom Bayerischen Fußballverband einfach keiner mit uns reden will. Das scheint unmöglich zu sein. Die Führung ist resistent gegen Vorschläge von außen.
Rothmeier: Wir werden in Zukunft deutlich mehr dem Bild der Rebellen entsprechen. Der Ton wird ruppiger werden demnächst. Vernünftiges Reden scheint mit dem Verband nicht möglich zu sein.
Werden irgendwelche Nachrichten rund um den Bayerischen Fußballverband veröffentlicht, kann man darauf warten, dass Ihr beide in den Sozialen Medien das Ganze kritisch kommentiert. Woher rührt Eure Abneigung gegenüber den Verbandsoberen?
Zitzlsperger: Um das erklären zu können, muss ich etwas weiter ausholen: Zusammen mit Siegfried Urlberger habe ich vor 35 Jahren die Hallenmeisterschaft im Landkreis Passau aufleben lassen. Ich habe die Urlberger Buam mitgegründet. Tobias Bracht, der nun Ü30-Vorstand ist, hat genauso wie der ehemalige BFV-Mitarbeiter Hannes Gastinger lange bei mir gearbeitet. Ich kenne durch meine Arbeit viele Funktionäre, bin mit denen in regelmäßigem Austausch. Und dadurch sehe ich, dass der bayerische Amateurfußball komplett den Bach runter geht. Ich weise schon seit zehn Jahren darauf hin, dass die Entwicklung in die komplett falsche Richtung geht. Aber man bekommt einfach kein Gehör. Und irgendwann muss man dann einfach etwas unternehmen.
Ähnlich wie Robert habe ich es lange versucht, unsere Vorschläge über die persönlich-sachliche Schiene an die entscheidenden Stellen zu bringen. Bei Rainer Koch (BFV-Präsident; Anm. d. Red) und Florian Weißmann (Verbands-Jugendleiter; Anm. d. Red.) hat man allerdings keine Chance, selbst mit guten Argumenten etwas zu bewirken. Die beiden ziehen ihre Linie durch - ohne Wenn und Aber. Die einzige Möglichkeit, dagegen anzukämpfen ist: Voll dagegenhauen.
Rothmeier: Wir haben im Rahmen eines persönlichen Treffens mit Tobias Bracht (Ü30-Mitglied im Verbandsausschuss; Anm. d. Red.) und Robert Schraudner (BFV-Vizepräsident; Anm. d. Red.) zu diesem Thema bereits ein langes Gespräch geführt. Sie haben einen vernünftigen Eindruck hinterlassen, es wurde aber auch deutlich, dass auf Verbandsebene sehr viele sehr wenig Ahnung haben. Würden die Herren gewisse Dinge gut machen, würden wir nicht kritisieren. Aber das ist halt leider nicht der Fall. Gerade im niederbayerischen Bereich, in den wir einen hervorragenden Einblick haben, liegt einiges im Argen.
Seid Ihr nur mit der Spitze des BFV unzufrieden, oder auch mit den Funktionären auf Kreis- und Bezirksebene?
Zitzlsperger: Zwei Leute haben das Sagen. Rainer Koch bei den Herren und Florian Weißmann bei den Junioren. Und die anderen tun das, was ihnen gesagt wird. Die Funktionäre auf der unteren Ebene haben zwar eine eigene Meinung, hüten sich aber davor, diese kund zu tun.
Bezirkschef Haase hat uns dann mitgeteilt, dass der Präsident kommen wird, er sich aber vorher mit uns absprechen will, was angesprochen wird beim Treffen. Wir haben zugesagt. Für uns ist das kein Problem. Zur Not fahren wir deshalb auch nach München. Letztlich war es dann aber so, dass Koch über Christian Bernkopf (Vorsitzender Fußballkreis Niederbayern Ost; Anm. d. Red.) mitteilen ließ, dass unser Stammtisch abgesagt ist, der BFV aber in Walchsing einen Vereinsdialog organisiert hat, vom dem wir allerdings kurz vor Beginn ausgeladen worden sind. Geht's noch? Wir durften dann an unserer eigenen Veranstaltung nicht teilnehmen. Wahnsinn.
Rothmeier: Über Dritte ist uns mitgeteilt worden, dass unsere kritischen Anliegen dann gleich zu Beginn des Treffens von anderen angesprochen worden sind.
Zitzlsperger: Aber wir sind da nicht nachtragend. Möchte Koch mit uns reden, können wir uns gerne morgen treffen und dann ohne Emotionen diskutieren. Uns geht es um die Sache und nicht um persönliche Befindlichkeiten. Denn eins ist klar: Es geht denn Bach runter und es muss sich was ändern. Und zwar sehr, sehr schnell.
Auch FuPa liegen Eure zahlreichen Konversationen mit unterschiedlichsten Mitgliedern und Gruppierungen der Fußball-Szene vor. Ein großer Haufen an Informationen. Nur die Wenigsten haben jedoch Zeit, sich komplett einzulesen. Deshalb: Könntet Ihr Eure Verbesserungs-Vorschläge rund um den Amateurfußball kurz und gebündelt zusammenfassen?
Rothmeier: Vorab: Wir sprechen hier immer vom niederbayerischen Bereich, weil wir uns hier auskennen. Diese ganzen Probleme und unsere entsprechenden Vorschläge lassen sich aber 1:1 auf ganz Bayern umlegen. Punkt 1. Früher wollte auch jeder ein Spiel gewinnen, aber mit allen Spielern, die zur Verfügung stehen. Mittlerweile wird dermaßen früh selektiert. Vereine machen Spielgemeinschaften, damit schon im E-Jugendbereich die Besten einer Gegend zusammenspielen. Dann gibt's aber auch eine E2, die keinen interessiert und deren Spieler deshalb relativ schnell aufhören. Ein paar Jahre später wundert man sich, warum man in der C-Jugend vier Vereine für eine Mannschaft braucht.
Ihr befürwortet also auch - ähnlich wie in einem FuPa-Kommentar jüngst gefordert eine "größere" Einteilung der Jugend?
Rothmeier: (mit Nachdruck) Absolut, absolut. Walter ist für maximal drei, ich für maximal vier Altersstufen....
Zitzlsperger: Drei deshalb, weil dann jeder Verein wieder seine eigene, selbstständige Mannschaft stellen kann. Viele jetzige Probleme erübrigen sich deshalb sofort.
Rothmeier: Es gibt keine Platzprobleme mehr, weil es nicht mehr die Fülle an Nachwuchsteams gibt. Die Identifikation mit dem jeweiligen Stammverein ist größer, weil man enger mit ihm verbunden ist. Es gibt keine Trainerprobleme mehr, weil es weniger Mannschaften gibt, die betreut werden müssen und - wir erinnern uns an vorher - weil Sportstudenten und NLZ-Trainer an der Basis aktiv sind. (wird emotionaler) Dann hast Du vielleicht in der F-Jugend nicht mehr den falschen Papa-Trainer, der das Spiel beim Stand von 9:0 nicht 10:0 gewinnen will, sondern auch die schwächeren Spieler einsetzt. Ach, ich werde schon wieder laut - und schweife ab.
Dann wollen wir doch diesen Redeschwall vorerst mal nicht unterbrechen.
Rothmeier: (ganz leise) Gut. (wird wieder lauter und vehementer) Unsere lieben Verbandsoberen haben ja noch nicht einmal die Frage geklärt, was eigentlich Fußball ist. Ist Fußball 11 gegen 11, oder ist 9 gegen 9 auch was Gutes? (schreit fast) Nein. 9 gegen 9 im Großfeld ist der Tod vom Fußball. Wie ist der Fußball groß geworden? Warum ist er so beliebt geworden? Wegen 11 gegen 11 und nicht wegen 9 gegen 9.