2024-06-13T13:28:56.339Z

Interview
Markus Kreuz (links), hier im Hinrundenspiel gegen Niersteins Daniel Dos Santos Marques, beendet  am Sonntag gegen den Meister seine aktive Karriere.	Foto: hbz/Michael Bahr
Markus Kreuz (links), hier im Hinrundenspiel gegen Niersteins Daniel Dos Santos Marques, beendet am Sonntag gegen den Meister seine aktive Karriere. Foto: hbz/Michael Bahr

»Man sollte auf ältere Menschen hören«

Der Ex-Fußballprofi Markus Kreuz spricht über seine Anfänge, die Karriere, gemachte Fehler und über „seinen“ VfL Frei-Weinheim

Frei-Weinheim. Wenn am Sonntag der VfL Frei-Weinheim in der A-Klasse den Meister VfR Nierstein empfängt, dann ist dies nicht nur das abschließende Saisonspiel, sondern auch die offiziell letzte Meisterschaftspartie in der Karriere von Markus Kreuz. Der heute 41-Jährige hatte 1982 in der VfL-Jugend angefangen, ehe er über Mainz 05 beim damaligen Regionalligisten Hannover 96 landete, wo ihm der Durchbruch gelang. Zum Bundesliga-Spieler avancierte er 2000 in Köln, ging 2003 zur Frankfurter Eintracht. Weitere Stationen waren RW Erfurt, Real Murcia (Spanien), Kickers Offenbach, FSV Frankfurt und Wolfsberger AC (Österreich). Danach spielte er für den TSV Schott Mainz, ehe der Mittelfeldspieler 2014 zu seinem Jugendverein zurückkehrte. Insgesamt bestritt Markus Kreuz 82 Bundes- und 165 Zweitligaspiele. Dazu kommen 21 Einsätze im DFB-Pokal sowie acht in der U 21-Nationalmannschaft. Im AZ-Interview spricht der Ex-Profi über seine Anfänge, die Karriere, gemachte Fehler und über „seinen“ VfL Frei-Weinheim.

Herr Kreuz, 1982 haben sie in Frei-Weinheim als Fünfjähriger mit Fußball angefangen. Was haben Sie daran für Erinnerungen?

Es gab damals nicht mal eine F-Jugend, ich musste in der E-Jugend anfangen. Alle waren drei, vier Jahre älter. Aber mitten in der Saison gab es dann doch noch eine F-Jugend. Hartplatz und riesengroße Trikots, das sind so die Erinnerungen.

Wann ist denn das Bewusstsein gereift, dass eine Profikarriere möglich ist?

Schon als kleines Kind war es mein Traum, Fußballprofi zu werden. Man hat schon in der F- und E-Jugend gemerkt, dass Talent vorhanden ist. Ich habe dann nach der C-Jugend den Schritt zu Mainz 05 gemacht. Dort habe ich in der B 2 angefangen, bin aber nach zwei Monaten in die B 1 gesteckt worden. Im zweiten A-Jugend-Jahr, als ich einen Vorvertrag bekommen sollte, war schon klar, dass ich es schaffen kann.

Wie hat sich das dann weiterentwickelt?

Größtenteils habe ich damals in der Zweiten Bundesliga in Mainz auf der Bank gesessen, kaum Einsätze gehabt und die meiste Zeit bei den Amateuren gespielt, was aber viel Spaß gemacht hat, weil das eine tolle Mannschaft war. Bei den 05ern gab es damals starke Konkurrenz, da konnte ich mich nicht durchsetzen. Und dann bin ich von heute auf morgen nach Hannover gegangen.

Bei den 96ern ist die Karriere dann richtig in Fahrt gekommen.

Das war in der Regionalliga Nord, und da ist der Durchbruch gelungen. Mit Hannover sind wir in die Zweite Liga aufgestiegen und fast in die Bundesliga durchmarschiert. Uns hat ein Punkt auf Ulm gefehlt. Das war schade, denn wir hatten tolle Spieler wie Fabian Ernst, Otto Addo oder Gerald Asamoah. Dieter Hecking hat sogar noch gespielt. Eine tolle Mannschaft mit Perspektive Bundesliga. Aber wir haben es leider nicht geschafft, und dann ist die Mannschaft auseinandergebrochen.

Und in Köln sind Sie dann endlich Bundesliga-Spieler geworden.

Zwei Jahre in der obersten Liga, dann abgestiegen, aber gleich wieder aufgestiegen.

Danach ging es zur Frankfurter Eintracht. Wie war es dort?

Auch da bin ich leider abgestiegen. Und dann habe ich in meiner Karriere einen großen Fehler gemacht und bin, weil Friedhelm Funkel Trainer in Frankfurt wurde, nach Erfurt gewechselt. Nichts gegen Erfurt, aber das war ein Fehler.

Es wurde kolportiert, Sie hätten schon in Köln Probleme mit Funkel gehabt?

Wie das so ist als junger Spieler, manchmal bist du unzufrieden und setzt dir bestimmte Dinge in den Kopf. Ich war von dem Wechsel nach Erfurt nicht abzubringen. Der Eintracht-Vorstandsvorsitzende Heribert Bruchhagen hat damals zu mir gesagt, dass ich das bereuen würde. Manchmal sollte man wirklich auf ältere Menschen hören.

Stimmt es, dass Sie sich damals an der Ablöse mit 25 000 Euro selbst beteiligt hatten?

Nein, das ist völliger Quatsch.

Sie haben von sich einmal gesagt, Sie wären zu schnell beleidigt. Wie hat man sich das vorzustellen?

Das war ja genau das Thema. Wenn ich nur an Köln denke. Da hatten wir einen super Kader für die Zweite Liga. Da hatte ich viele Spiele gemacht, aber auch ein paar Mal auf der Bank gesessen. Ich war dann immer gleich beleidigt, wenn ich nicht gespielt habe. Wenn man mal nicht dabei war, dann ist man seitens der Medien gleich darauf angesprochen worden. Da wurde man teilweise aufgehetzt.

Wenn Sie das Rad zurückdrehen könnten, was würden Sie in Ihrer Karriere anders machen?

Ich würde mich darauf konzentrieren, dass wenn ich spiele, ich auch gut spiele. Und wenn ich halt nicht auf dem Platz stehe, meinen Teil dazu beitrage, dass Erfolg da ist. Und ich würde mich nicht mehr verrückt machen, ob ich am Wochenende spiele oder nicht.

Welchen Ihrer vier Aufstiege haben sie am intensivsten in Erinnerung?

Die waren alle intensiv. Hannover war toll. 56 000 Zuschauer im Niedersachsen-Stadion und dann im Elfmeterschießen gegen TB Berlin gewonnen, das war unglaublich. Auch der mit dem FSV Frankfurt war ein schöner Aufstieg, weil wir eine verschworene Gemeinschaft waren. Aufstiege sind generell immer schön.

War es für Sie eine bewusste Entscheidung, zurück in den Amateurfußball zu gehen?

Das war ein schleichender Prozess. Ich habe mit 35 Jahren gemerkt, dass es mir immer schwerer gefallen ist, mich zu motivieren. Da wurde es Zeit, aufzuhören und nicht mehr jeden Tag zu trainieren. Ich war auch nicht sicher, ob ich noch einen Vertrag bekommen würde. Dann habe ich Schott-Coach Bert Balte, meinen Jugendtrainer bei Mainz 05, angerufen und gesagt, dass ich zurückkommen und gerne bei Schott spielen würde, mit einer beruflichen Perspektive. So kam das zustande. Aber auch bei Schott kam wie jetzt in Frei-Weinheim irgendwann der Punkt, an dem man sich ins Training quälen muss.

Wie war denn der Einstieg damals in die B-Klasse? Bekamen Sie besondere Aufmerksamkeit, weil etwa die Gegenspieler dachten, dem Ex-Profi zeigen wir es jetzt mal?

In der B- und A-Klasse viel, viel weniger als in der Verbands- oder Oberliga. Die Jungs dort dachten wirklich, dem muss ich es mal zeigen. So nach dem Motto, ich hätte es auch schaffen können. Und das war manchmal unangenehm und teilweise auch unter der Gürtellinie. Während die Leute in der B-Klasse einfach froh waren, mal mit einem Ex-Profi auf dem Platz gestanden zu haben. Das war überwiegend positiv.

Der VfL ist Ihr Jugendverein. Werden Sie nach Ihrer aktiven Karriere eingebunden?

Der VfL ist mein Verein, dem werde ich immer treu bleiben. Es ist angedacht, dass ich eine Aufgabe im Vorstand übernehme. Aber nicht so, dass ich immer vor Ort sein müsste. In beratender Funktion stehe ich sowieso immer zur Verfügung.

Der Verein steht vor einem Umbruch. Nicht nur Sie hören auf, auch Trainer David Klose geht sowie ein Dutzend Spieler. Wo sortiert sich der VfL nächste Saison ein?

Es ist nicht leicht. Ich höre auf, Dirk Spitzbarth und Johannes Kull auch. Das sind die Stützen der Mannschaft. Es ist schon ein großer Aderlass. Aber mit Patrick Bieger haben wir einen super Trainer gefunden, und der bringt als spielenden Co-Trainer Adem Kaya mit. Dadurch wird der ein oder andere Neuzugang dazukommen. Und dann ist der VfL für die neue Saison gut aufgestellt, um einen einstelligen Tabellenplatz zu erreichen.

Das Interview führte Volker Buch.



Aufrufe: 025.5.2018, 19:30 Uhr
Volker BuchAutor