2024-04-29T14:34:45.518Z

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Giorgio del Vecchio hat das NLZ in Mainz und Darmstadt durchlaufen. Nun soll es nochmal im Sommer als Fußballprofi klappen.
Giorgio del Vecchio hat das NLZ in Mainz und Darmstadt durchlaufen. Nun soll es nochmal im Sommer als Fußballprofi klappen. – Foto: stock.adobe/Schott

Im Sommer seine letzte Profi-Chance?

Serie - Teil 8: Der Italiener hat im Mainzer und Darmstädter NLZ den Sprung nicht geschafft +++ Nach der vierten Saison bei Schott Mainz soll es nun mit dem bezahlten Fußball klappen

Mainz/Darmstadt. In seiner Zeit in den Nachwuchsleistungszentren von Mainz 05 und Darmstadt 98 hat Giorgio Del Vecchio zwei Sorten Spieler-Kollegen kennen gelernt: die, die sich 100 Prozent sicher geben, ihren Profitraum zu realisieren, und für die im gegenteiligen Fall eine Welt zusammenbricht; und die, die sich vornehmen, 100 Prozent zu geben und dann zu schauen, wofür es reicht. Der Mittelfeldspieler des TSV Schott Mainz ordnet sich in die zweite Kategorie ein. Das half zu verkraften, dass gleich zweimal sein persönlicher Weg in einem NLZ zu Ende ging.

Nach seinen ersten fußballerischen Schritten in Gau-Bischofsheim ging der Italiener, als seine Familie auf den Hartenberg zurück zog, zu Mainz 05. „Man macht als Junge Dinge, die andere Jungen nicht machen“, erzählt der 22-Jährige, „Turniere im Winter mit Spielen gegen Leverkusen waren für mich irgendwann normal.“ Natürlich träumt jeder Junge davon, Bundesliga oder gar Champions League zu spielen: „Wer sich das nicht ausmalt, bei dem weiß ich nicht, was er da sucht.“ Aber richtig konkret wurden die Karriere-Ambitionen seiner Erinnerung nach erst von der B-Jugend an.

Für schlechte Schüler: Nachhilfe statt Training

„Im Verein wissen sie, dass es maximal zwei oder drei Spieler pro Jahrgang schaffen, Profi zu werden. Die Spieler nehmen das nicht so ernst.“ Der Verein müsse seinen Spielern einerseits Perspektiven bieten, um sie anzuspornen. Andererseits aber werde am Bruchweg penibel darauf geachtet, dass die Talente die Schule nicht schleifen lassen. „Wenn man im Unterricht nicht aufpasst oder zu spät kommt, ist es schlecht, wenn dein Trainer das erfährt“, schmunzelt Del Vecchio. Dann heißt es schon mal: Nachhilfe statt Training, Büffeln daheim statt Punktspiel. Die 05er kooperieren mit einem Nachhilfeträger, „sie sind da schon hinterher“.
Del Vecchio besuchte die IGS Mainz-Bretzenheim und machte dann auf der Gustav-Stresemann-Schule in Mainz-Kastel sein Fachabi.

Svensson schiebt ihn ins Mittelfeld

Auf dem Sprung von U17 zu U19 legten ihm die 05er nahe, sich umzuorientieren. Es war eine turbulente Saison in der B-Jugend-Bundesliga, mit Sascha Meeth, Stefan Hofmann und Bo Svensson standen drei Trainer an der Seitenlinie. Beim aktuellen Schott-Chefcoach „habe ich gespielt“, erinnert sich Del Vecchio. Beim aktuellen 05-Präsidenten dann nicht mehr. Und der jetzige FSV-Trainer schob ihn von der Außenverteidigerposition ins zentrale Mittelfeld – ein Glücksfall für Del Vecchio. Offenbar war es auch Svensson, der den Kontakt zu seinem früheren Mitspieler Petr Ruman vermittelte, der damals die U19 von Darmstadt 98 trainierte. Del Vecchio blieb im Mittelfeld.

"Lilien" schienen sich wenig um Schulbildung zu scheren

„Es war gut, wir hatten zwei super Saisons, sind aber leider nicht in die Bundesliga aufgestiegen.“ Beim Blick auf die Trainingspläne aber rieb er sich die Augen. Zweimal am Tag war Standard, fast alle Teamkollegen zogen mit. So wichtig den 05ern die Schulbildung ihrer Eigengewächse war, so wenig schien man sich bei den „Lilien“ darum zu scheren. Del Vecchio brach auf dem Weg zum Abitur ab, das Fachabi hatte er bereits in der Tasche. Der sportliche Weg schien steil nach oben zu führen.

Frings nimmt ihn mit zu den Profis

Der schmächtige Techniker wuchs, wurde körperlich stärker, stand schnell im Blickfeld von Profi-Trainer Torsten Frings, wurde zu Testspielen mitgenommen. „Ich habe gesehen: Wenn man weiter macht, öffnen sich neue Türen.“ Dass Frings entlassen wurde, konnte er nicht beeinflussen. Nachfolger Dirk Schuster lenkte alles Augenmerk auf den Klassenerhalt, die Jugend war erst mal nachrangig, eine U23 gibt es bei den 98ern nicht. Also ging Del Vecchios Weg auch in Darmstadt zu Ende. Aufgrund einer Knöchelverletzung konnte er sich in Probetrainings kaum anbieten. So griff der TSV Schott, so griff sein früherer 05-Jugendtrainer zu.

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(Noch) voller Fokus auf den Fußball

Inzwischen spielt der Italiener seine vierte Saison beim TSV. „Natürlich kommt man am Anfang erst mal auf den Boden der Realität zurück“, sagt Del Vecchio, „im NLZ sieht man sich oben, im Amateurfußball muss man es erst wieder nach oben schaffen. Man muss die Situation akzeptieren, das ging schnell bei mir.“ Diese Saison will er sich noch mit vollem Fokus auf den Fußball geben, samt Sondereinheiten, wann immer es geht. „Damit es im Sommer, so Gott will, noch klappt. Ich will es als Profi schaffen, aber ich bin Realist.“

Vorigen Sommer schien der Sprung möglich, aber Del Vecchio war nach einem Kreuzbandriss noch nicht der Alte, eine weitere Spielzeit im familiären Mainzer Umfeld schien die richtige Entscheidung – auch im Rückblick noch. „Ich würde alles wieder so machen“, sagt er. Und dann eben schauen, wofür es reicht. Wenn es noch weitere Jahre bei Schott sind, würde seine Welt auch nicht untergehen.

Zur Serie: In dieser Reihe porträtieren wir ehemalige NLZ-Spieler, die den Sprung zum Profi nicht gepackt haben und nun bei Amateurteams aus der Region spielen. Sie erzählen uns, wie nah dran sie wirklich am großen Traum Profifußball waren und welche Ambitionen sie jetzt haben - sowohl auf als auch neben dem Platz.

- Teil 1: Linus Wimmer (SV Eintracht Trier)
- Teil 2: Lukas Fischer (TSG Bretzenheim)
- Teil 3: Lars Hermann (TSV Schott Mainz)
- Teil 4: Nik Rosenbaum (SV Alemannia Waldalgesheim)
- Teil 5: Joshua Iten (SG Hüffelsheim)
- Teil 6: Bilal Marzouki (FC Maroc Wiesbaden)
- Teil 7: Kevin Frey (VfB Bodenheim/TSG Mainz Futsal)

Aufrufe: 019.1.2022, 10:00 Uhr
Torben SchröderAutor