2024-05-02T16:12:49.858Z

Allgemeines
Die Per­si­en-Con­nec­tion: (v.l.) Ha­mid Der­akhs­han, neu­er Trai­ner der Holz­hei­mer SG, mit den ehe­ma­li­gen Fuß­ball-Pro­fis Meh­di Mah­da­vi­kia (Ham­bur­ger SV) und Fe­ry­doon Zan­di (1. FC Kai­sers­lau­tern) beim Lehr­gang zur Ju­gend-Eli­te-Li­zenz.
Die Per­si­en-Con­nec­tion: (v.l.) Ha­mid Der­akhs­han, neu­er Trai­ner der Holz­hei­mer SG, mit den ehe­ma­li­gen Fuß­ball-Pro­fis Meh­di Mah­da­vi­kia (Ham­bur­ger SV) und Fe­ry­doon Zan­di (1. FC Kai­sers­lau­tern) beim Lehr­gang zur Ju­gend-Eli­te-Li­zenz. – Foto: HD

Holzheimer SG: Außergewöhnlich, aber nicht außer Kontrolle

Hamid Derakhshan, neuer Mann in der Kommandozentrale des Landesligisten Holzheimer SG, ist kein Trainer von der Stange.

Dienstabend in Neuss. Feiner, fieser Nieselregen, unterstützt von einer eisigen Brise, die sich sogar noch viel usseliger anfühlt als die auf dem Thermometer angezeigten fünf Grad. Doch die Fußballer des Landesligisten Holzheimer SG stehen pünktlich um 19 Uhr auf dem von kaltweißem

Flutlicht erhellten Kunstrasen an der Reuschenberger Straße – nur die verletzten Oliver Esser und Marvin Meirich, der auf seine Operation am gerissenen Kreuzband wartet, fehlen.

Hamid Derakhshan ist neuer Trainer der Holzheimer SG

Okay, vor dem ersten Match nach der Winterpause am Samstag (Anpfiff 16 Uhr) vor heimischem Publikum gegen Fichte Lintfort bringt sich das mit den Hufen scharrende Personal in Position. Nur keine Schwäche zeigen. Aber das ist es nicht. In Hamid Derakhshan ist ein neuer Sheriff in der Stadt! Doch um sich Gehör zu verschaffen, benötigt der 37-Jährige keinen Colt, seine „Waffen“ sind Überzeugung und Hingabe. Als er Anfang September die U23 des Oberligisten SC Victoria Hamburg aus beruflichen Gründen verließ, stand sein Team ungeschlagen auf Rang eins der Bezirksliga Nord. Zum Abschied stellte sein Kollege Michel Massing fest: „Hamid ist ein ganz außergewöhnlicher Trainer. Wir werden ihn und seine tollen Ansprachen vermissen.“

In der Tat. Wer sich mit Hamid Derakhshan – nicht nur über Fußball – unterhält, der begegnet einem sympathisch selbstbewussten, aber eben auch einem sehr kontrollierten Menschen. Mit neun Jahren aus dem Iran nach Deutschland gekommen, entwickelte er schnell ein sicheres Gespür fürs Machbare. Nach zwölf Jahre bei Werder Bremen, immer an der Seite späterer Profis wie Simon Rolfes, Nelson Valdez oder Christian Schulz, entschied er sich ganz bewusst gegen eine Karriere als Berufsfußballer, machte stattdessen an der Universität Bremen seinen Abschluss im Studiengang „Internationales Management“.

„Eine gute Entscheidung“, sagt er rückblickend, öffnete sich für ihn dadurch doch die Tür in die Geschäftsführung der in Hamburg ansässigen Global Food Company, ein weltweit operierendes Export-Unternehmen im Bereich Tiefkühlfleisch, Fisch und Meeresfrüchte. Vom Fußball mochte er trotzdem nicht lassen, trainierte seit dem Ende der aktiven Karriere 2013 unter anderem die A-Junioren des SC Victoria Hamburg und den Landesligisten SC Vorwärts-Wacker Billstedt. Die wichtigste Lektion beim Gang durch die unterschiedlichen Spielklassen: „Zuerst kommt die Idee, dann die Kommunikation und schließlich die Erfahrung, den schmalen Grad zwischen Ambition und dem, was man davon tatsächlich umsetzen kann, zu erkennen. Ich will meine Spieler herausfordern, aber nicht überfordern. Nur auf diese Weise sind Verbesserungen möglich.“

Und er bildete sich stetig weiter, ist inzwischen Inhaber der DFB-A-Lizenz, was ihm schließlich den Weg in eine zweite Karriere ebnetete. Denn im Rahmen des Trainer-Lehrgangs zum Erwerb der Jugend-Elite-Lizenz entwickelte er mit seinem Landsmann Mehdi Mahdavikia (mehr als 100 Länderspiele für den Iran, 211 Bundesliga-Einsätze für den Hamburger SV) die Idee zur Gründung einer Sportschule, die ISA – International Sports Academy Hamburg. Der Plan: Studium und Leistungssport miteinander zu verbinden. Da über Mehdi Mahdavikia eine Kooperation mit dem Hamburger SV entstanden ist, spielt der Fußball aktuell noch die Hauptrolle, aber im Angebot sind außerdem Tennis, Eishockey, Basketball und Leichtathletik.

Aktivitäten, die der in Teheran geborene Hamid Derakhshan sehr gut aus dem Rheinland steuern kann. Hier ist sein neues Zuhause, hier will er die Holzheimer SG zum Klassenverbleib in der Landesliga führen. Er glaubt an seine Jungs: „Natürlich werden wir im ersten Spiel noch nicht bei hundert Prozent sein. Ich teste noch aus, wie weit ich gehen kann, habe aber schon festgestellt: Ich kann sehr weit gehen, die Truppe hat verstanden, wo wir hinwollen. Und die Trainingsbeteiligung, die ja gerade in der Winterpause zum Problem werden kann, ist überragend. Wir hatten immer mehr als 20 Mann.“ Er kommt an bei seinem neuen Team, den Co-Trainern Stefan Schellenberg und Thomas Rodoniklis sowie der Sportlichen Leitung um Ingo Zimmermann, spürt, „dass wir uns schon ganz gut gefunden haben.“

Wirklich überraschen kann das freilich nicht. Denn obwohl der Bremer, der während seines Studiums so ganz nebenbei auch noch Arabisch gelernt hat (seine fünfte Sprache neben Deutsch, Persisch, Englisch und Latein), gedanklich und räumlich immer in Bewegung ist, hat er seine Mitte längst gefunden. „Deutschland ist meine Heimat. Ich träume auf Deutsch – das sagt doch alles ...“

Aufrufe: 06.2.2020, 12:00 Uhr
RP / Dirk SitterleAutor